Volkswirt Sven Ebert, Flossbach von Storch Research Institute: „Das ist dann das Problem künftiger Generationen“ © Flossbach von Storch Research Institute
  • Von Redaktion
  • 09.09.2025 um 15:27
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Wieder einmal steigt die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung – ein Mechanismus, den das Sozialgesetzbuch so vorsieht. Doch das sollte man ändern, schlägt Volkswirt Sven Ebert vom Flossbach von Storch Research Institute vor. Laut seinem Gastbeitrag spricht vieles dafür, die Beitragsbemessungsgrenze einzufrieren.

  1. Die Beitragsbemessungsgrenze steigt

Im Jahr 2026 erhöht sich die Beitragsbemessungsgrundlage um zirka 5 Prozent. Das ist der Betrag bis zum dem Beiträge vom Bruttolohn zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten sind. Damit passt sie sich den gestiegenen Löhnen an und liegt dann bei knapp über 100.000 Euro.

Das Verfahren ist im Sozialgesetzbuch verankert und keine neue durch Arbeitsministerin Bärbel Bas verursachte Zusatzbelastung, wie Teile der Presse suggerieren. Gleichwohl sollte die Bundesregierung über eine Gesetzesänderung und ein Einfrieren der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) nachdenken.

Mit aktuell fast 100.000 Euro liegt die BBG doppelt so hoch wie in Schweden (das schwedische Rentensystem erklären wir hier). Sie erhöht damit die Lohnnebenkosten, unterwandert die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und behindert das Wachstum.

  1. Wir verschieben unsere Probleme nur

Ihre automatische Anpassung verzögert Strukturreformen. Die Erhöhung kommt der Rentenkasse im hier und jetzt gelegen, da mit der höheren Beitragsbemessungsgrenze auch die Einnahmen steigen. Die aktuellen ohnehin schon großen Finanzierungsprobleme der gesetzlichen Rente werden dadurch zumindest nicht noch schlimmer.

Es steigen mit ihrer Erhöhung aber auch die künftigen Ansprüche all derer, deren Bruttodurchschnittslohn über dem aktuellen Schnitt von zirka 50.000 Euro liegt. Sie sammeln mehr Rentenpunkte als ohne Anpassung und haben damit – ceteris paribus – später Anspruch auf eine höhere gesetzliche Rente. Das ist dann das Problem künftiger Generationen.

Die automatische Anpassung der Beitragsbemessungsgrenze folgt einem Trugschluss: mehr Einnahmen im hier und jetzt lösen die strukturellen Probleme des demografischen Wandels. Genauso wie bei der Forderung, Beamte und Selbstständige in die Rente einzugliedern, vergisst man, dass dies nicht zum Nulltarif geschieht. Die Kosten werden nur in die Zukunft verschoben.

  1. Einfrieren der BBG wäre eine sozial gerechte Strukturreform

Friert man die Beitragsbemessungsgrenze hingegen auf dem derzeitigen Niveau ein, gleichen sich die Renten über die nächsten Jahre mehr und mehr an. Der Grund: Mittelfristig kann ein Besserverdienender dann nicht mehr deutlich mehr Rentenpunkte sammeln als ein Durchschnittsverdiener. Ein Rentenniveau von 48 Prozent würde dann nicht mehr 1.500 Euro für den einen und 3.000 Euro Rente für den anderen Rentner bedeuten. Die Renten würden sich über die Zeit auf niedrigerem Niveau angeglichen.

Das Prinzip der Beitragsäquivalenz bleibt dabei gewahrt: Jeder Euro, der als Sozialbeitrag an die Rentenkasse abgeführt wird, hat hinsichtlich der späteren Rente weiterhin für alle die gleiche Wertigkeit.

Die vornehmliche Aufgabe der gesetzlichen Rente, die Absicherung gegen Altersarmut, wäre so künftig effizienter möglich. Aufgrund der hohen Spreizung der Renten, helfen Rentensteigerungen heute bei kleinen Renten absolut wenig, werden aber durch die erforderliche gleichzeitige Anpassung hoher Renten teuer für die Rentenkasse.

Ungerecht ist das Einfrieren der Beitragsbemessungsgrenze nicht. Für Besserverdienende würde sich zwar aufgrund stagnierender Ansprüche die persönliche Rentenlücke, das heißt der Unterschiedsbetrag aus Arbeitseinkommen und künftiger Rente, vergrößern. Sie müssten und könnten mit den „gesparten“ Beiträgen aber privat vorsorgen, sodass ihre Alterssicherung breiter diversifiziert ist. So würde sogar die ganze deutsche Alterssicherung auf eine breitere Basis gestellt.

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