Elischa Göttmann ist Principal Solutions Consultant bei Pegasystems © Pegasystems
  • Von Redaktion
  • 04.09.2025 um 10:43
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Embedded Insurance, also die in andere Produkte eingebettete Versicherung, entwickelt sich zunehmend zum wichtigen Vertriebskanal. Verträge werden über Partner wie Reiseanbieter, Service-Dienstleister oder E-Commerce-Plattformen abgeschlossen. Diese Art des Erstkontakts verändert den Zugang zu Kunden dauerhaft und wird zum Muss für Versicherungen. Warum das so ist, erklärt Elischa Göttmann von Pegasystems in seinem Gastbeitrag.

Neben den eigenen Vertriebswegen nutzen Versicherungen immer häufiger Embedded Insurance als indirekten Weg zu ihren Kunden. Dabei werden die Verträge in Produkt- oder Dienstleistungspaketen von branchenfremden Partnern gebündelt und in der Regel auch über diese abgeschlossen. Die Verträge sind dabei mehr oder minder intensiv in den Abschluss von Kauf-, Leasing- oder Mietverträgen integriert.

Ein gutes Beispiel hierfür sind die erweiterten Garantieleistungen in Online-Shops als Zusatzangebot in Form von Linked Insurance. Für diesen Service muss der Kunde allerdings noch einen separaten Vertrag abschließen.

Doch immer häufiger sind die Versicherungen selbst gar nicht mehr sichtbar und bleiben im Hintergrund. Ein Beispiel sind Buchungsplattformen für Wohnmobile oder Ferienunterkünfte, bei denen Versicherungsleistungen direkt in das Buchungspaket integriert sind – ohne separate Vertragsabschlüsse. Ein dort angebotenes „Rundum-sorglos-Paket“ inklusive Zusatzversicherungen wird in der Regel direkt mit dem Anbieter abgeschlossen, ohne dass der Kunde mit der Versicherung direkt in Kontakt tritt. Doch das ist erst der Anfang. Die Entwicklung geht dahin, gemeinsam spezielle Embedded-Angebote mit noch höherer Attraktivität zu entwickeln.

Verändertes Kundenverhalten und neue Technologien

Der größte Pluspunkt aus Sicht der Kunden ist dabei der hohe Buchungskomfort. Anstatt einen separaten Versicherungsvertrag abzuschließen, bietet Embedded Insurance die Möglichkeit, Versicherungen beim Kauf oder der Miete von Produkten und Dienstleistungen im Paket direkt mitzubuchen.

Die direkte Integration ohne zusätzlichen Aufwand vereinfacht den Prozess erheblich. Dieses Prinzip des „Keep it simple“ ist umso wichtiger, je digitalaffiner eine Generation ist. Je jünger die Kunden, desto mehr Wert legen sie auf auf schnelle und unkomplizierte Lösungen.

Gleichzeitig ist es die technologische Evolution, die solche Angebote erst möglich macht. Dank API-basierter Integration und Real-Time-Policy-Issuance können Versicherungspolicen deutlich einfacher und schneller erstellt, bepreist und freigegeben werden.

Zukünftig könnten Technologien wie GenAI und Agentic AI die Personalisierung von Versicherungsangeboten sowie die Automatisierung interner Prozesse deutlich verbessern – etwa durch multimodale Risikoanalysen oder autonome Entscheidungsfindung.

Der Einfluss von Regulatorik und Markenwerten

Es mag paradox klingen, aber neue regulatorische Vorgaben sind ein zusätzlicher Pluspunkt für Embedded Insurance. So eröffnen sich mit der geplanten EU-Verordnung Financial Data Access (FiDA) zusätzliche Potenziale. Sie verpflichtet Finanzdienstleister dazu, Kundendaten auf Wunsch des Kunden mit Drittanbietern zu teilen – ein entscheidender Hebel für die Entwicklung datengetriebener Embedded-Insurance-Modelle.

Versicherungen können dadurch künftig nahtlos in digitale Ökosysteme, beispielsweise in Plattformen für Mobilität, E-Commerce oder Banking, eingebettet werden. Die Verordnung wird damit zum Katalysator für die Weiterentwicklung von Open Finance und Open Insurance. Ein Resultat könnte die Bereitstellung neuer, hyperpersonalisierter Versicherungsangebote sein, deren Verbreitung sich dadurch erheblich beschleunigen würde. Versicherungen müssen daher schon jetzt passende Embedded-Modelle entwickeln und Partnerschaften schmieden.

Partner-Plattformen sind für Embedded Insurance der ideale Platz. Sie verfügen meist nicht nur über die entsprechende Technik, sondern auch über einen direkten Zugang zu den Kunden. Entscheidend sind die Reichweite und das Vertrauen, das eine Plattform genießt. Eine starke Marke kann den Zugang zu Embedded Insurance erleichtern – besonders wenn sie mit einem etablierten Versicherer kombiniert wird. Im Idealfall kann das dazu führen, dass die Gesamtwahrnehmung sogar die Einzelwerte beider Marken übertrifft.

Ist ein potenzieller Kunde auf dem Portal angekommen, hängt der Erfolg ganz entscheidend von der Qualität der Angebote ab – und die Value Proposition ist um so attraktiver, je besser die Versicherungsleistungen in die Produkte und Dienstleistungen integriert sind.

Embedded Insurance ist kein kurzfristiger Trend, sondern ein fundamentaler Paradigmenwechsel, der durch Technologie, Regulierung und veränderte Kundenerwartungen getrieben wird. Die Versicherungsbranche steht vor einer Transformation, bei der Produkte nicht nur vertrieblich eingebettet, sondern gemeinsam mit Partnern neu gedacht und entwickelt werden. Wer jetzt in API-Infrastrukturen, datengetriebene Modelle und strategische Ökosysteme investiert, positioniert sich als Gewinner dieser Entwicklung.

Die Zeit für inkrementelle Anpassungen ist vorbei. Jetzt gilt es, mutig zu handeln, neue Partnerschaften zu formen und Embedded Insurance als strategischen Imperativ zu begreifen.

Über den Autor:

Elischa Göttmann ist Principal Solutions Consultant, also Kundenberater bei dem Software-Unternehmen Pegasystems.

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