- Von Sven Ebert
- 20.10.2025 um 09:09
In der Rentenpolitik bringt der „Herbst der Reformen“ mit Aktivrente und Frühstartrente wohl erste Ergebnisse. Die eigentliche Arbeit beginnt aber erst im nächsten Frühjahr, wenn eine Rentenkommission bis Mitte 2027 weitere Reformvorschläge erarbeiten soll. Insbesondere möchte die Regierung laut Koalitionsvertrag „eine neue Kenngröße für ein Gesamtversorgungsniveau über alle drei Rentensäulen prüfen“.
Zwar sind die weiteren Ziele der Kommission noch vage. Eine holistische Kennzahl kann aber nur entwickeln, wer nicht nur die gesetzliche Rentenversicherung, sondern auch die betriebliche und private Vorsorge in den Blick nimmt. Damit rückt die kapitalgedeckte Altersvorsorge stärker in den Fokus und könnte am Ende sogar in allen drei Säulen eine Rolle spielen.
Um die vermutlich grundlegenden, strukturellen Reformempfehlungen der Kommission rund um die Themen Beitragsstabilität, Rentenhöhe und Renteneintrittsalter künftig politisch umsetzen zu können, gilt es bereits heute, diesen Prozess in die Wege zu leiten. Das könnte durchaus der Fall sein.
Renteneintrittsalter – großer Hebel aber auch großer Widerstand
Unter Experten ist klar: das Renteneintrittsalter wird weiter steigen müssen. Eine Koppelung an die Lebenserwartung wird als unausweichlich erachtet. Eine Erhöhung der Lebensarbeitszeit erhöht die Einnahmen der Rentenversicherung und verringert gleichzeitig die Auszahlungen. Dieser „doppelte Hebel“ macht das Instrument wirkmächtig.

Volkswirt plädiert für einheitliche gesetzliche Rente
Warum das US-Vorsorgesystem effizienter ist als das deutsche
Mehr Rentner benötigen Grundsicherung
Aber kein anderer Vorschlag wird in der Öffentlichkeit – nicht nur in Deutschland – so stark abgelehnt und befördert emotionale Debatten. In Frankreich haben viele mit Erfolg eine Rücknahme der Erhöhung des Renteneintrittsalters von 64 Jahre auf 62 Jahre gefordert. Auch in Italien sieht sich die Regierung wachsendem Druck ausgesetzt, die Anpassung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung auszusetzen.
In Zeiten schwachen Wachstums und hoher Inflationsraten riskieren Politiker viel, wenn sie die wachsende Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit einer weiteren „Zumutung“ anfachen. Schweden oder Dänemark können sich glücklich schätzten, bereits einen Mechanismus zu besitzen, der eine steigende Lebenserwartung in der gesetzlichen Rente automatisch berücksichtigt. In Deutschland scheint der direkte Weg aktuell politisch schwierig. Es braucht also Vorarbeiten beziehungsweise Umwege.
Anreize für Arbeiten im Alter
Mit der „Aktivrente“ bringt die Bundesregierung einen steuerlichen Anreiz für Erwerbstätigkeit jenseits der Regelaltersgrenze auf den Weg. Ältere Angestellte sollen ab Januar 2026 bis zu 2.000 Euro steuerfrei im Monat hinzuverdienen können. Das soll circa eine Milliarde Euro pro Jahr kosten.
Die Kritik insbesondere des Sozialverbandes Caritas ist berechtigt, dass dies eine Steuersubvention für ältere Arbeitnehmer auf Kosten von Selbstständigen und jungen Arbeitskräften ist. Die erwarteten positiven Beschäftigungseffekte sind hingegen zweifelhaft, da der überwiegende Teil älterer Arbeitnehmer nicht aus finanziellen Motiven weiterarbeitet.

0 Kommentare
- anmelden
- registrieren
kommentieren