Fallstrick Unabhängigkeit? Verbraucherschützer mahnen aktuell Makler ab, die auf ihrer Website mit Unabhängigkeit werben. © Pressfoto/Freepik.com
  • Von Oliver Lepold
  • 17.02.2025 um 12:58
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Dürfen Versicherungsmakler mit ihrer Unabhängigkeit werben? Um diese Frage tobt seit anderthalb Jahren ein juristischer Streit mit den Verbraucherzentralen, der viele Makler verunsichert. Trotz eines neuen Urteils zugunsten eines Maklers ist die Frage noch nicht rechtssicher geklärt.

Die Vermittlerverbände sehen sich bestätigt. „Wir begrüßen dieses erstinstanzliche Urteil sehr. Wir sehen uns damit auf ganzer Linie in unserer Rechtsauffassung bestätigt. Versicherungsmakler sind unabhängig. Warten wir ab, ob und gegebenenfalls wie es in diesem Fall weitergeht“, sagt Norman Wirth, Vorstand des Bundesverbands Finanzdienstleistung AfW.

„Es steht zu hoffen, dass sich dieser Blick auf den Maklermarkt bei den Gerichten durchsetzen wird und daher die Verwendung des Begriffs unabhängig bei der Bewerbung nicht mehr infrage zu stellen ist“, betont auch der geschäftsführende Votum-Vorstand Klein.

„Hilflose Verkürzung“

Das jedoch steht in Zweifel, denn manche Rechtsexperten sind anderer Meinung. „Das LG-Urteil aus Leipzig zeigt, dass die Gerichte in der ‚mittleren Managementebene‘ in Deutschland methodisch in schlechter Verfassung sind. Es wird keinen Bestand haben“, prophezeit Rechtsanwalt Oliver Timmermann aus Hamburg. „Die vom LG Leipzig verwandte Definition – Unabhängigkeit sei das Fehlen von Abhängigkeit – stellt natürlich eine hilflose Verkürzung dar. Zunächst wäre zu klären, warum es auch für Versicherungsmakler überhaupt eine Unabhängigkeit braucht und was die Grundlage hiervon sein soll“, so Timmermann. Der Begriff stelle ein sozial-ethisches Prinzip dar, das selbstverständlich nicht mit einem Zwei-Wort-Satz definiert werden könne.

Zudem könne das Recht der Europäischen Union (die Kleinanlegerschutzrichtlinie) nicht einfach ausgeklammert werden. „Im Recht der EU findet eine prinzipienbasierte Governance-Betrachtung statt. Damit sind auch abstrakte Gefahren, wie eben die strukturalisierte Vergütung ‚von der falschen Seite‘, als Gefährdung der Unabhängigkeit zu begreifen“, gibt Timmermann zu bedenken.

Letztlich benötigt der Markt eine höchstrichterliche Klärung durch den Bundesgerichtshof. Und was sollen verunsicherte Makler bis dahin tun? „Wir raten Maklern nicht, sich von dem Begriff der Unabhängigkeit zu lösen oder auf diesen im Außenauftritt zu verzichten. Es gilt jedoch, klar herauszuarbeiten, dass diese Unabhängigkeit auf den per Gesetz und durch die Gerichte festgestellten Maklerpflichten beruht und auf der Tatsache, dass man an keine Versicherungsgesellschaft gebunden ist“, sagt Votum-Chef Klein.

Den Eindruck zu erwecken, dass ein Makler eine mit einem Versicherungsberater vergleichbare Tätigkeit anbiete, müsse auf jeden Fall vermieden werden. Ansonsten ist bei Zweifeln an der Außendarstellung eine qualifizierte Rechtsberatung stets hilfreich.

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Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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