Anja Ludwig, Kravag, und Gianluca Delle Donne, Samsara, über die Zukunft datenbasierter Fahrzeugversicherungen. © Kravag / Samsara
  • Von Redaktion
  • 20.05.2025 um 08:43
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Anja Ludwig vom Spezialversicherer Kravag und Gianluca Delle Donne vom Flottenmanager Samsara über vernetzte Technologien, neue Formen der Zusammenarbeit und die Chancen digitaler Prävention in der gewerblichen Fahrzeugversicherung.

Pfefferminzia: Warum braucht es heute digitale Lösungen in der gewerblichen Fahrzeugversicherung?

Anja Ludwig, Leiterin des Kravag-Kompetenz-Centers Logistik & Mobilität: Wir Versicherer sind längst nicht mehr nur Schadensabwickler – wir verstehen uns als Partner in der Risikoprävention. Angesichts steigender Schadenkosten und wirtschaftlicher Belastungen wird es immer wichtiger, Risiken frühzeitig zu erkennen. Vernetzte Technologien wie KI-Dashcams oder Telematiksysteme geben uns die Möglichkeit, zu reagieren und außerdem aktiv mit unseren Kunden zusammenzuarbeiten. Allerdings befinden wir uns hier noch in einer Lernphase: Wir sammeln derzeit Erfahrungen aus der Praxis, um darauf basierend geeignete Modelle für die Zukunft zu entwickeln.

Gianluca Delle Donne, Insurance Partner Manager DACH bei Samsara: Wir beobachten, dass Unternehmen heute viel stärker auf präventive Sicherheitsmaßnahmen setzen. Dabei geht es nicht nur um die reine Datenerfassung, sondern vor allem um deren smarte Nutzung. Echtzeitdaten machen Risiken sichtbar – und genau das brauchen Flottenmanager und Versicherer, um fundierte Entscheidungen zu treffen und Schäden zu vermeiden.

Was leisten KI-gestützte Dashcams im konkreten Einsatz?

Delle Donne: Unsere Dashcams erkennen beispielsweise Ablenkung am Steuer oder zu dichtes Auffahren – also Situationen, die häufig zu Unfällen führen. Die Echtzeitanalyse dieser Daten ermöglicht es Flottenbetreibern, gezielt gegenzusteuern, etwa durch individuelles Fahrer-Feedback oder zusätzliche Schulungen. Der Mehrwert liegt klar in der Prävention, aber auch in der Beweissicherung bei Unfällen.

Ludwig: Für uns als Versicherer ist das ein echter Gamechanger. Statt nur auf den Unfallbericht angewiesen zu sein, erhalten wir objektive Daten, die eine klare Einschätzung der Situation ermöglichen. Das verkürzt die Bearbeitungszeit im Schadenfall und trägt dazu bei, unberechtigte Forderungen abzuwehren. Wichtig ist aber: Der Einsatz dieser Technologien befindet sich noch in einer Pilotphase – die tatsächlichen Auswirkungen auf Risikoprofile und Schadenquoten müssen weiterhin systematisch untersucht werden. 

Lassen sich auch wirtschaftliche Effekte durch diese Technologien messen?

Delle Donne: Wir sehen bei vielen Flottenkunden, dass sich die Investition in vernetzte Systeme schnell auszahlt – nicht nur durch bessere Versicherungskonditionen, sondern vor allem durch Einsparungen im täglichen Betrieb. Weniger Leerlauf, frühzeitige Wartung, geringere Ausfallzeiten: Das alles steigert die Effizienz spürbar. In mehreren Modellfällen konnten wir bereits konkrete Verbesserungen beobachten, deren wirtschaftlicher Effekt jetzt weiter ausgewertet wird.

Ludwig: Für uns ist es besonders spannend zu sehen, welche konkreten Resultate andere Unternehmen mit Samsara bereits erzielt haben. Auch wenn wir mit unserem gemeinsamen Projekt noch ganz am Anfang stehen, lassen sich viele Ansätze übertragen – etwa in Bezug auf präventive Maßnahmen oder die Optimierung von Abläufen. Diese Beispiele geben uns wichtige Impulse für die nächsten Schritte.

Delle Donne: Ein konkretes Beispiel ist unser Kunde Dinges Logistics, der dank unserer Lösungen die Unfallrate um 42 Prozent reduzieren konnte. Diese Ergebnisse zeigen, dass Investitionen in Sicherheit und Digitalisierung sich auch finanziell schnell auszahlen.

Wie wirkt sich dieser Wandel auf das Risikomanagement der Versicherer aus?

Ludwig: Das klassische Modell, bei dem wir auf historische Schadendaten blicken, reicht heute nicht mehr aus. Wir wollen Kunden helfen, Risiken in Echtzeit zu erkennen und ihre Schadenquote zu senken. Dadurch entsteht ein dynamischeres Risikomanagement – wir können Kunden individuell betreuen und gezielter unterstützen. Die gewonnenen Erkenntnisse aus den derzeitigen Modellprojekten werden uns helfen, die Rolle des Versicherers im Risikomanagement weiterzuentwickeln.

Delle Donne: Die Rolle des Versicherers verändert sich – vom passiven Risikoträger hin zum strategischen Partner. In diesem Modell wird Vertrauen zur Schlüsselressource: Nur wenn Daten sinnvoll geteilt und genutzt werden, lassen sich Prozesse wirklich optimieren.

Und welche Rolle spielt Echtzeit-Analyse bei der Margenoptimierung?

Delle Donne: Sie ist zentral. Wer heute in der Lage ist, sicherheitsrelevante Ereignisse direkt zu erkennen und zu analysieren, kann schneller reagieren und langfristig besser planen. Das spart Kosten, reduziert Ausfallzeiten und erhöht die operative Effizienz.

Ludwig: Zudem können wir durch die schnellere Verfügbarkeit relevanter Daten Unfallursachen und deren Verantwortliche leichter ermitteln und Prozesse verschlanken – das ist gerade in einem margensensiblen Geschäftsfeld wie der Fahrzeugversicherung ein echter Vorteil. Gleichzeitig befinden wir uns auch hier in einer Erprobungsphase, um die Auswirkungen systematisch zu validieren. 

Abschließend: Was bedeutet all das für die Zukunft der Branche?

Ludwig: Wir stehen am Beginn eines Paradigmenwechsels. Die gewerbliche Fahrzeugversicherung wird in Zukunft nicht mehr ohne datengetriebene Prävention auskommen. Vernetzung, Partnerschaft und Transparenz sind die Pfeiler dieser Entwicklung. Entscheidend wird sein, die im Rahmen von Modellprojekten gewonnenen Erfahrungen in tragfähige Lösungen zu überführen.

Delle Donne: Und die Technologie ist bereit dafür. Entscheidend ist, dass Versicherer und Technologieanbieter enger zusammenarbeiten – so wie Kravag und Samsara es heute tun. Nur gemeinsam können wir neue Standards setzen und echte Mehrwerte für die Branche schaffen.

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