- Von Andreas Harms
- 19.09.2025 um 09:33
Was für ein Schnäppchen! Der Versicherungsmakler hat gerade den Bestand eines Konkurrenten … ähem … Kollegen gekauft. Der hat sich in den Ruhestand verabschiedet, selbst gut vorgesorgt und deshalb für sein Lebenswerk einen wirklich guten Preis aufgerufen. Hauptsache, die Sache läuft weiter und den Kunden geht es gut.
Doch diese Situation könnte ein Nachspiel bekommen. Das Finanzamt könnte beim Makler anklopfen und in seiner unnachahmlich charmanten Art um Schenkungsteuer bitten. Obwohl dem Bestandskäufer gar nichts geschenkt wurde.
Denn indirekt wurde es das doch. Indem der Käufer weniger als den üblichen Marktpreis für den Bestand zahlt, bekommt er den Rest quasi geschenkt. Und da er mit dem Verkäufer weder verwandt noch verschwägert ist, beträgt der Freibetrag auf die Schenkungsteuer nur kümmerliche 20.000 Euro. Das mag im normalen Leben viel Geld sein, im Geschäftsleben ist es das nicht ganz.

So verkaufen Makler ihre Bestände richtig
Wenn das Oder-Konto zur Schenkungssteuerfalle wird
Darüber hinaus muss es sich gar nicht mal um Maklerbestände handeln. Auch Häuser und Unternehmensanteile können betroffen sein, wenn man sie für einen Preis unter Brüdern verkauft. Ähnliche Geschichten sind aus der Investmentbranche zu hören, nachdem mancher Vermögensverwalter (wohl) zu günstig ausgestiegen war. Post vom Finanzamt für die Käufer.
Doch die bei solchen Geschäften entstehende Steuerfalle kann höchst unterschiedlich zuschnappen. Wie genau prüft das Finanzamt den Kaufvertrag? Wie bewertet es selbst das verkaufte Objekt? Wie weit liegen Kaufpreis und ermittelter Wert auseinander? Sind die Beteiligten verwandt? Und so weiter.
„Man geht davon aus, dass ein Preis von 20 bis 25 Prozent unter dem Marktwert vom Finanzamt mokiert werden kann“, nennt der Unternehmensberater und Pfefferminzia-Kolumnist Peter Schmidt von Consulting & Coaching in Berlin einen Erfahrungswert. In seinen Beratungsgesprächen bringt er das Problem immer mit auf den Tisch.
Wonach das Finanzamt den Kaufpreis ermittelt
Natürlich kann man die Schenkungsteuer akzeptieren. Schließlich liegen die Einkünfte des Verkäufers auf der anderen Seite somit niedriger und damit auch die Steuerlast daraus. Außerdem ist und bleibt der niedrige Preis für den Käufer ein Schnäppchen. Kann man auch mal was von abgeben, oder nicht? Wobei bei Käufer und Verkäufer unterschiedliche Steuersätze greifen. Des einen Erleichterung ist nicht automatisch des anderen Last.
Doch insgesamt dreht sich die Sache darum, wo Käufer und Verkäufer und Finanzamt den korrekten Verkaufspreis sehen. Das Resultate Institut für Unternehmensanalysen und Bewertungsverfahren in München bewertet Unternehmen und erstellt entsprechende Gutachten. „Das Finanzamt greift, wenn es nicht durch ein Gutachten wie unseres zu einer anderen Einschätzung gezwungen wird, gerne auf das Bewertungsgesetz zurück und bewertet nach dem dort verankerten vereinfachten Ertragswertverfahren“, erklärt Geschäftsführer Andreas Grimm.
Los geht es in dem Gesetz bei Paragraf 200, und vereinfacht ausgedrückt läuft es so: Der Ertragswert ergibt sich aus dem „nachhaltig erzielbaren Jahresertrag“ mal einem Kapitalisierungsfaktor (der derzeit 13,75 beträgt). Grundlage für den Jahresertrag ist das durchschnittliche Betriebsergebnis der vergangenen drei Wirtschaftsjahre.
Doch diese Rechnung hat Nachteile. „Das ist eine in die Vergangenheit gerichtete Betrachtungsweise und neigt dazu, tendenziell eher zu hoch zu bewerten“, gibt Grimm zu bedenken.
Zauberwort „Fremdüblichkeit“
Der Kaufpreis kann also durchaus angemessen sein, und trotzdem kann das Finanzamt Ärger machen. Oder man will den Kaufpreis trotz allem niedrig halten, dann hat Andreas Grimm einen Tipp: „Wenn man vergünstigt übertragen möchte, muss man sich die Arbeit machen und die Fremdüblichkeit dokumentieren, zum Beispiel über ein Wertgutachten von uns, und nach diesem Wert den Kaufpreis bemessen.“
Fremdüblichkeit ist ein Fachbegriff aus dem Steuerrecht. Er besagt, dass ein vereinbarter Preis auch mit ganz anderen Beteiligten („Fremden“) so aussehen würde. Oder mit anderen Worten: Dass man nicht gekungelt hat. Auch Unternehmensberater Peter Schmidt würde im Kaufvertrag immer zusätzlich festhalten, wie der Preis entstanden ist, und welche Expertise dahinter stand.
Eine weitere interessante Maßnahme ist die, dass man den Kaufpreis in Raten vereinbaren kann. Und die letzten Raten werden nur dann fällig, wenn eine bestimmte Bedingung erfüllt wird. Das könnte ein bestimmter Jahresüberschuss sein, den der Geschäftsführer dann … unglücklicherweise … nicht erreicht. Dann werden auch manche Raten nicht fällig.
Allerdings, so warnt Grimm, müssen auch solche Klauseln und Bedingungen fremdüblich sein. Sollte das Finanzamt sie als Umgehungstatbestand entlarven, könnte das als versuchte Steuerhinterziehung gelten – mit den entsprechenden Konsequenzen. Und das sollte besser nicht passieren. Dann doch lieber Schenkungsteuer zahlen. Oder?

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