- Von Karen Schmidt
- 29.10.2025 um 13:28
Sind die deutschen Versicherer gewappnet für die Zukunft? Dieser Frage widmete sich Julia Wiens, Exekutivdirektorin Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht bei der Bafin, nun in einer Rede auf der Jahreskonferenz der Versicherungsaufsicht.
Sie stellte zunächst fest, dass viele Versicherer in den vergangenen Jahren schon wichtige Fortschritte gemacht hätten. „Sie haben Veränderungen vorgenommen, die wirtschaftlich notwendig waren. Sie haben neue Produkte an den Markt gebracht und Einsatzgebiete für innovative Technologien ausgelotet“, so Wiens.
Julia Wiens: KI in der Versicherungsbranche wird Aufsichtsthema
Bafin-Aufseherin Julia Wiens fordert steigende Prämien
Versicherungsaufseherin Julia Wiens wird sehr, sehr deutlich
Es folgte das obligatorische Aber: „Wir sehen auch jeden Tag, auf welchen Gebieten die Branche noch zulegen muss: unter anderem beim Kapitalanlagerisikomanagement, beim Umgang mit Künstlicher Intelligenz, KI, und in Sachen Kundennutzen.“
Thema 1: Kapitalanlage
Hier sieht Wiens höhere Anforderungen an die Versicherer durch alternative Investments wie Private Equity, Private Debt und Immobilien. „Dabei kann gerade Liquidität ein kritischer Faktor sein, vor allem für Unternehmen mit erheblichen stillen Lasten im Anleiheportfolio und einem geringen Neugeschäft“, so Wiens.
Wer in einer solchen Situation zusätzlich einen hohen Anteil illiquider Anlagen halte, könne in Schwierigkeiten kommen, wenn im Portfolio umgeschichtet werden müsse.
Ein angemessenes Kapitalanlagerisikomanagement für alle Asset-Klassen findet die Versicherungsaufseherin daher essenziell. Versicherer sollten nur in Anlagen investieren, die sie auch wirklich verstehen, meint Wiens. Sich allein auf die Expertise von Dritten zu verlassen – vor allem, wenn sie Anlagen indirekt halten, etwa über Fonds –wäre ein Fehler der Versicherer. Die Bafin will hier genau hinsehen.
Thema 2: Künstliche Intelligenz
Aktuell nutzten die Versicherer künstliche Intelligenz (KI) vor allem, um sich effizienter aufzustellen. Das geht der Bafin nicht weit genug. „Wir möchten die Versicherer ermutigen, die Chancen von KI auch über die reine Prozessoptimierung hinaus zu nutzen. Gleichzeitig müssen die Versicherer beachten, dass innovative Technologien Risiken mit sich bringen.“
Die Verantwortlichen in den Unternehmen müssten sich fragen: Wie verändert sich die Risikolandschaft, wenn KI eine immer wichtigere Rolle spielt? Hier werde auch die europäische KI-Verordnung eine wesentliche Rolle spielen, auch wenn es hier noch Unklarheiten gebe, wie Wiens einräumt. Als Beispiel nennt sie die Frage, was denn künftig als Hochrisiko-KI-Anwendung gelten wird.
Thema 3: Der angemessene Kundennutzen
Dass die Bafin bei Versicherungen den Kundennutzen verstärkt in den Blick genommen hat, ist kein Geheimnis. „Die Wohlverhaltensaufsicht nimmt weiter an Fahrt auf“, sagt Wiens. „Und sie wirkt. Bei fondsgebundenen Lebensversicherungen gegen laufenden Beitrag gab es eine signifikante Verbesserung bei den Effektivkosten. Teilweise sanken sie um mehr als 40 Basispunkte im Vergleich zum Jahr 2021.“ Das zeige eine aktuelle Abfrage der Bafin. „Der Rückgang dürfte auch auf unsere Aktivitäten zurückzuführen sein“, freut sich die Versicherungsaufseherin.
Jetzt will die Aufsichtsbehörde zwei weitere Felder verstärkt in den Blick nehmen: die kapitalbildende Lebensversicherung und die Schaden- und Unfallversicherung. Wiens: „Auch hier gilt: Jedes neu entwickelte oder wesentlich geänderte Versicherungsprodukt muss einen angemessenen Kundennutzen bieten, also ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis aufweisen.“
Eine repräsentative Abfrage der Bafin habe gezeigt, dass Schaden- und Unfallversicherer ihre Prämien „teilweise in erheblichem Ausmaß differenzieren“, sagt Wiens. „Und zwar über die versicherungsmathematische Prämienkalkulation hinaus.“ Mit einigen Ansätzen dieser Preisdifferenzierungen will sich die Bafin nun auseinandersetzen.
„Zum Beispiel mit dem sogenannten Price-Walking. Also mit wiederholten Prämienerhöhungen, die nicht mit dem versicherten Risiko oder den Kosten des Versicherers zusammenhängen“, sagt Wiens. Grundsätzlich seien risikobasierte und transparente Preisdifferenzierungen mit den Vorgaben der Wohlverhaltensaufsicht vereinbar. Es gehe vor allem darum, „Ausreißer zu identifizieren und gegen diese vorzugehen“.

















































































































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