- Von Andreas Harms
- 17.09.2025 um 15:07
Die Regierung zeigt sich in Reformlaune: „Wir haben uns vor wenigen Stunden darauf verständigt, die sogenannte Aktivrente zum 1. Januar 2026 einzuführen“, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz auf dem Maschinenbaugipfel des VDMA in Berlin.
Im Grunde soll sie so aussehen, wie im Koalitionsvertrag angedacht: Arbeitnehmer sollen über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus arbeiten, und bis zu 2.000 Euro im Monat sollen dann steuerfrei bleiben. Das Bundesfinanzministerium werde in Kürze den Gesetzentwurf vorlegen, zitiert die „Wirtschaftswoche“ einen Sprecher.
Außerdem gehe aus einem Referentenentwurf hervor, dass Überstunden zusätzlich steuerfrei bleiben sollen. Zumindest soweit sie ein Viertel des Grundlohns nicht übersteigen.

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Doch dann kommt das große Aber, das den Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD) auf die Barrikaden treibt: Denn die Aktivrente soll einerseits nicht für vorgezogene Rentner gelten und andererseits nicht für Selbstständige.
„Das ist ein Schlag ins Gesicht aller Selbstständigen“, schimpft Verbands-Vorstandschef Andreas Lutz. „Dies widerspricht klar dem Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes. Es ist verfassungsrechtlich bereits problematisch, wenn Menschen über der gesetzlichen Altersgrenze steuerlich anders behandelt werden sollen als Jüngere. Wenn Menschen gleichen Alters jedoch aufgrund ihrer Entscheidung für eine Selbstständigkeit im Alter so unterschiedlich besteuert werden, ist dies für mich eine klare Form der Diskriminierung und Einschränkung der freien Berufswahl.“
Lutz weist darauf hin, dass sich viele Angestellte und Beamte im Rentenalter selbstständig machen, um nach ihren eigenen Vorstellungen arbeiten zu können. „Sie alle werden demotiviert von einer solchen Regelung. Sind 25.000 zusätzliche Arbeitnehmer/innen das wert?“, fragt Lutz und spielt damit darauf an, dass die Regierung mit rund 25.000 Aktivrentnern pro Jahr rechnet.
„Selbstständige unbedingt mit einbeziehen“
Nicht ganz so wütend, sondern eher skeptisch äußert sich der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK). Dort zweifelt man an, dass die Maßnahme viel bewirkt oder gar das Problem der Altersvorsorge löst.
BVK-Präsident Michael H. Heinz dazu: „Das wird vielleicht das Fachkräfteproblem in unserem Land etwas entschärfen, ist aber keine nachhaltige Lösung für die Altersvorsorge. Das Modell begünstigt zudem Menschen, die gesundheitlich und fachlich dazu noch in der Lage sind, nach Rentenbeginn weiterzuarbeiten. Vorrangig Akademiker und gut verdienende Fachkräfte. Wenn schon, dann sollten unbedingt Selbständige in das Modell der Aktivrente einbezogen werden. Denn gerade sie sind vielfach Fachleute, auf die nicht verzichtet werden kann. Das gehört sich auch aus Gründen des Gleichheitsgebotes nach Artikel 3 des Grundgesetzes.“
Und wie könnte das besser laufen? Der BVK findet, dass die Regierung unangenehme Wahrheiten aussprechen sollte. Er fordert „eine große Reform, die einen generationsgerechten Mix aus zukünftiger Rentenhöhe, Beitragssatz und Renteneintrittsalter beschließt“.

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