- Von Andreas Harms
- 08.05.2025 um 13:05
Ähnliches Urteil, ähnlicher Fall: Die Allianz Lebensversicherung muss vor dem Landgericht Berlin eine Niederlage hinnehmen. Laut einem Urteil vom 30. April 2025 (Aktenzeichen: 4 O 177/23) darf sie den in ihrer Riester-Rente vertraglich zugesicherten Rentenfaktor nicht senken. Davon berichtet die Verbraucherkanzlei Dr. Stoll & Sauer, die auch das Verfahren führte.
Der Rentenfaktor bestimmt, wie viel Rente ein Kunde je 10.000 Euro angespartem Vermögen garantiert ausgezahlt bekommt (die tatsächliche Rente liegt wegen der Überschussbeteiligung höher). Kürzt der Versicherer den Faktor, ist das mindestens schmerzhaft.

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Gericht erklärt Rentenfaktor-Klausel in Riester-Rente für unwirksam
Konkret geht es um eine fondsgebundene Riester-Rente, bei der die Allianz den ursprünglich vereinbarten Rentenfaktor von 41,05 Euro pro 10.000 Euro Vertragsguthaben während der Vertragslaufzeit gesenkt hatte. Das Gericht erklärte die Maßnahme und die zugrunde liegende Klausel für unwirksam.
Es ist das zweite derartige Urteil gegen die Allianz Lebensversicherung. Vor einigen Monaten untersagte auch das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart, dass sie den Rentenfaktor in einer Riester-Rente kürzt (Aktenzeichen: 2 U 143/23). Geklagt hatte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Allerdings will der Versicherer gegen das Urteil vorgehen und vor den Bundesgerichtshof (BGH) ziehen. Mehr dazu lesen Sie hier und hier.
Klausel im Vertrag zu einseitig
Damals wie heute geht es insbesondere darum, dass die entsprechende Klausel im Vertrag zu einseitig ist. Sie erlaube nur gekürzte Leistungen, nicht aber verbesserte, heißt es, und weiter: „Die Klausel sieht hingegen nicht vor, im Falle sich bessernder Rechnungsgrundlagen die Absenkung wenigstens teilweise rückgängig zu machen.“
Hinzu kommt der Vorwurf, dass die Allianz laut Klausel die Rente zwar kürzen dürfen soll. Doch der Versicherungsnehmer bekomme „keine hinreichende Möglichkeit“, das durch zusätzlich eingezahlte Beträge auszugleichen.
Insgesamt habe die Allianz laut Gericht versucht, eigene Interessen zulasten der Kunden durchzusetzen, heißt es weiter. Das Gericht meint: „Als unangemessen wird eine Klausel beurteilt, mit der der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht.“ Weshalb die umstrittene Anpassungsklausel unwirksam sei.
Auf Anfrage weist die Allianz Leben darauf hin, dass weder das Urteil in Stuttgart noch das in Berlin rechtskräftig ist. Allerdings stellt sie (noch) nicht ausdrücklich klar, ob sie auch gegen das Urteil in Berlin vorgehen will.
Weiter führt sie aus: „Bei sämtlichen Produktgestaltungen hat Allianz Leben die rechtlichen Rahmenbedingungen sehr sorgfältig geprüft. Die von der Verbraucherzentrale angegriffene Regelung stellt eine ausgewogene Regelung dar, die sämtliche Interessen berücksichtigt, einschließlich der Interessen der Versicherten. Unter bestimmten Voraussetzungen ist nach einer Anpassung des Rentenfaktors auch eine Wiederanhebung des Rentenfaktors möglich.“
Außerdem betont der Versicherer: Auch ein veränderter Rentenfaktor greife nicht in die Garantiezusagen ein. „Allianz Leben steht zu allen vertraglichen Zusagen und Garantien.“
Bei Dr. Stoll & Sauer hingegen misst man dem Urteil Signalwirkung bei. „Der zugesagte Rentenfaktor ist kein Spielball wirtschaftlicher Entwicklungen – er ist ein Versprechen an den Kunden“, lässt sie verlauten. Man gehe davon aus, dass zehntausende Verträge von ähnlichen Klauseln betroffen sind.

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