- Von Andreas Harms
- 30.07.2025 um 17:21
Die private Krankenversicherung muss die Augen-Operation einer Kundin bezahlen, obwohl sie nicht will. Das entschied das Oberlandesgericht Frankfurt (Aktenzeichen: 7 U 40/21, Urteil hier) und änderte damit das vorangegangene Urteil des Landgerichts Wiesbaden (9 O 196/18). Das neue Urteil ist nicht anfechtbar, und Revision ist nicht zugelassen.
Worum ging es?
Die Klägerin ist privat krankenversichert und hatte Probleme mit den Augen. Sie litt unter Hyperopie (Weitsichtigkeit), Astigmatismus (Hornhautverkrümmung) und Presbyopie (Altersweitsichtigkeit). Das sah auch ihr Krankenversicherer so, kein Problem.
Streit gab es hingegen über die Frage, ob die Kundin auch eine sogenannte beidseitige Katarakt hatte. Also, ob sich ihre Linsen in den Augen trübten. Besser bekannt ist diese Krankheit unter dem Begriff Grauer Star. Die Klägerin ließ sich operieren und künstliche Linsen einsetzen, sogenannte Trifokal-Intraokularlinsen. Die sind ein gutes Stück teurer als Standardlinsen.

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Insgesamt entstand so eine Augenarztrechnung von knapp 5.700 Euro. Doch die private Krankenversicherung wollte die Rechnung nicht bezahlen und meinte, eine Brille hätte gereicht. Dabei bezog sie sich auf eine Stellungnahme, die eine andere Augenärztin (nicht die behandelnde) nach der Operation abgegeben hatte. Die behandelnde Ärztin habe hingegen die Linsentrübung in den Unterlagen nicht dokumentiert, so das Argument.
War die Operation also nötig oder war sie es nicht?
Das Landgericht Wiesbaden hatte noch gesagt: nein, war sie nicht. Allein der Verdacht, dass sich die Linsen trüben, würde nicht ausreichen, befand es. Die Klägerin habe Beweise vorlegen müssen, das aber nicht gekonnt. Auch hier spielten wieder die Unterlagen eine Rolle, in denen sich keine Hinweise fanden.
Doch das Oberlandesgericht (OLG) änderte das Urteil und sagte: Ja, die Operation war sehr wohl nötig, auch mit diesen speziellen Linsen. Die beidseitige Linsentrübung sei eine „gesicherte Diagnose“ gewesen und nicht nur ein Verdacht. Dabei beruft es sich auf den Bundesgerichtshof und schreibt im Urteil:
Als Krankheit in diesem Sinne sieht der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung einen anomalen Zustand an, der nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch dadurch gekennzeichnet ist, dass er eine nicht ganz unerhebliche Störung körperlicher oder geistiger Funktionen mit sich bringt und deshalb die Notwendigkeit einer Heilbehandlung begründet.
Bei dem Urteil stützte sich das Gericht auf die als glaubhaft beurteilten Aussagen der behandelnden Augenärztin und das bestätigende Gutachten eines Sachverständigen. Das Landgericht habe sich hingegen auf eine „unzureichende Tatsachenfeststellung und ein lückenhaftes Sachverständigengutachten, das zudem weitere Mängel aufweist“, bezogen. Stattdessen hätten Berichte der behandelnden Ärztin die Diagnose als eindeutig und gesichert bestätigt. Und zwar obwohl sie sie erst nach der OP verfasst hatte und sie damit nicht zur Behandlungsdokumentation zählten.

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