Patienten sitzen im Wartezimmer beim Arzt: Der SPD-Vorstoß zu einer höheren Beitragsbemessungsgrenze stößt in der Versicherungsbranche auf Kritik. © Freepik / DC Studio
  • Von Barbara Bocks
  • 12.06.2025 um 13:56
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Die SPD forderte kürzlich eine deutliche Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung – doch aus der Versicherungsbranche kommt heftige Kritik. Versicherungsmakler wie Anja Glorius und Sven Hennig sprechen von „Sondersteuer“ und fehlender Strategie. Auch der PKV-Verband, der GKV-Verband und Sozialverband haben sich auf Anfrage zu dem Vorschlag geäußert.

Immer mehr Familien wechseln in die PKV

Sven Hennig beobachtet in seinem Alltag bereits klare Folgen: Immer mehr Familienväter und -mütter wechseln in die PKV. „Sie entscheiden sich bewusst dafür, dass das GKV-System nicht ausreicht, und sind nicht bereit, 1.100 bis 1.200 Euro pro Monat dafür zu zahlen, dass sie am Ende drei Monate auf einen Termin warten müssen.“ Er frage sich ernsthaft, „ob man dieser Klientel einen Gefallen tut, wenn man ihnen sagt: Ihr müsst künftig bis zu 1.500 Euro zahlen und trotzdem kriegt ihr in absehbarer Zeit keinen Termin“.

Der Versicherungsmakler rechnet vor: „Wenn man die Beitragsbemessungsgrenze auf das Niveau der Rentenversicherung anhebt, würden die Beiträge für alle mit einem Einkommen über 66.150 Euro massiv steigen – für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer.“

Zudem stelle sich die Frage, „ob man dem Arbeitgeber auch die Hälfte aufs Auge drücken will oder ob man möchte, dass die Versicherten die Differenz selbst zahlen.“

Strukturreformen statt punktuelle Einnahmenerhöhungen

Statt immer neuer Beitragsanpassungen fordert Hennig strukturelle Reformen: weniger Krankenkassen, niedrigere Verwaltungskosten und Werbeausgaben.  So ließe sich Geld einsparen, ohne die Beitragsgrenze anzuheben.

Auch der PKV-Verband betont: „Die gesetzliche Krankenversicherung hat kein Einnahmeproblem, sie hat ein Ausgabeproblem.“

Viel wichtiger sei es, mit den vorhandenen Mitteln auszukommen. Zukunftsfähigkeit lasse sich nur durch digitale Innovationen, Prävention und kapitalgedeckte Elemente erreichen – nicht durch zusätzliche Abgaben und Belastungen.

Glorius: „Notwendige Reformen werden verzögert“

Auch Anja Glorius kritisiert den Vorschlag aus grundsätzlicher Perspektive: „Ein strukturell überlastetes und reformbedürftiges System durch punktuelle Einnahmenerhöhungen künstlich am Leben zu halten, verzögert nur dringend notwendige Reformen.“ Andere Länder – wie die Schweiz – seien moderne Vorbilder, die differenziert betrachtet werden sollten.

Ein weiterer Nebeneffekt: Mit einer höheren Beitragsbemessungsgrenze steigt auch die Versicherungspflichtgrenze zur PKV. Das würde den Zugang zur privaten Krankenversicherung weiter erschweren – und damit aus Sicht des PKV-Verbands den Fachkräftemangel in zukunftsrelevanten Branchen weiter verschärfen.

GKV-Spitzenverband: Politische Entscheidung

Der GKV-Spitzenverband äußert sich auf Anfrage zurückhaltend zur Debatte: „Ob Gutverdiener oder auch Privatversicherte stärker an der solidarischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung beteiligt werden sollten, ist eine politische Entscheidung, bei der zuerst der Bundestag gefordert ist. Immerhin geht es hier um 90 Prozent der Bevölkerung. Unsere Aufgabe als Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung ist es, die entsprechenden politischen Vorgaben umzusetzen.“

Anmerkung: aktualisiert am 13. Juni 2025.

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Barbara Bocks

Barbara Bocks ist seit 2011 als Journalistin im Wirtschafts- und Finanzbereich unterwegs. Seit Juli 2024 ist sie als Redakteurin bei der Pfefferminzia Medien GmbH angestellt.

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