Studienautoren: Marcel Thum (links, Leiter der Ifo Niederlassung Dresden) und Wirtschaftsweiser Martin Werding © ifo Institut/Elias Hassos, picture alliance/teutopress
  • Von Andreas Harms
  • 01.08.2025 um 14:54
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lesedauer Lesedauer: ca. 02:15 Min

Eine neue Studie schlägt vier Punkte vor, um das Rentensystem zu sichern. Das mag zunächst wie ein Großangriff auf die Rentnerschaft wirken. Doch wie die Zahlen zeigen, würde es die Lasten zwischen den Generationen einfach nur besser verteilen.

Die Diskussion um die Zukunft des deutschen Rentensystems ist um einen weiteren Beitrag reicher. In einer Studie mit dem Titel „Reformoptionen für eine stabile Rente“ schlagen die Autoren vier Punkte vor, die die Rente stabiler aufstellen sollen. Geschrieben haben es die Wirtschaftsakademiker Marcel Thum, Joachim Ragnitz, Grega Ferenc und Klara Lehmann vom Ifo Institut Dresden zusammen mit dem Wirtschaftsweisen Martin Werding im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Zuerst berichtete die „Rheinische Post“ darüber. Inzwischen ist das Papier hier herunterladbar.

Folgende Punkte regen die Autoren an:

  • „Rente ab 63“ abschaffen
  • Nachhaltigkeitsfaktor verstärken
  • Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung koppeln
  • Erhöhung der Bestandsrenten an der Inflation orientieren

Zugleich müsse man auf die vor allem von der SPD immer wieder beschworene Haltelinie bei 48 Prozent des Rentenniveaus verzichten.

Damit erfinden die Wissenschaftler das Rad erst einmal nicht neu. Die Rente mit 63 will auch schon das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) abschaffen – oder sie zumindest stark verteuern. Über das steigende Renteneintrittsalter dachte schon die neue Wirtschaftsministerin Katherina Reiche von der CDU laut nach – natürlich mit dem entsprechenden Gegenwind. Und der zuletzt geschwächte Nachhaltigkeitsfaktor, der eigentlich dafür sorgen soll, dass die Renten nur bezahlbar steigen, wird schon von einigen vermisst.

Doch in dieser Studie untermauern die Wissenschaftler alles zusätzlich mit beeindruckenden Zahlen. Sie rechnen dabei bis ins Jahr 2050 voraus. Da wäre zunächst die aktuelle Lage, die die folgenden drei Umstände erschweren:

  • Viele Babyboomer gehen in Rente
  • Weniger Beitragszahler rücken nach
  • Die Lebenserwartung steigt

2019 bezahlten noch 288 Beitragszahler die Rente von 100 Ruheständlern. 2050 betrüge das Verhältnis nur noch 230 zu 100. Auf jeden Rentner kämen also nur noch 2,3 Beitragszahler. Damit als Basis haben die Studienautoren noch weiter gerechnet. Ohne Reform würde somit folgendes passieren:

Nachdem im Jahr 2019 die gesetzliche Rentenversicherung 9,4 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts (BIP) kostete, wären es 2050 nunmehr 11,1 Prozent. In Preisen von 2020 und damit inflationsbereinigt wären das 162 Milliarden Euro mehr als 2019. Nominal wäre es nochmal deutlich mehr.

Der Beitragssatz für die Rente würde um 3,4 Prozentpunkte steigen auf dann 22,0 Prozent im Jahr 2050. Der Bundeszuschuss ins Rentensystem müsste von 100 Milliarden Euro 2019 auf 154 Milliarden Euro im Jahr 2050 steigen. Auch das wieder bei unveränderten Preisen.

„Einseitig den jüngeren Generationen aufgelastet“

Das trübe Fazit in der Studie daraus lautet: „In der Summe würden so die Kosten der steigenden Lebenserwartung einseitig den jüngeren Generationen aufgelastet, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft verschlechtert und die finanzielle Tragfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung gefährdet.“

Aber wie würde es mit den oben genannten Reformen weitergehen? Auch das haben die Spezialisten ausgerechnet und erkannt: Selbst dann würden die Beiträge noch steigen (müssen). Und zwar von den aktuell 18,6 Prozent auf 19,5 Prozent im Jahr 2050. Immerhin 2,5 Prozentpunkte weniger als ohne Reform. Dafür könnten die Renten weiter steigen, wenngleich nicht mehr so schnell wie bisher.

„Zwischen den Generationen aufgeteilt“

Damit ist klar: Trotz der zunächst schmerzhaft aussehenden Reformen würden nicht allein die Rentner die Zeche zahlen. Auch die Zahler würden einen enormen Beitrag leisten. Oder wie es in der Studie heißt:

„Die Kosten der Alterung würden so zwischen den Generationen aufgeteilt, statt einseitig die junge Generation zu belasten. Gleichzeitig könnten sich Rentnerinnen und Rentner sicher sein, dass die Rentenversicherung tragfähig und verlässlich aufgestellt ist.“

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Andreas

Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

kommentare
Peter Megele
Vor 2 Monaten

Und wieder wird kein Wort erwähnt, dass gerade jetzt die Basis für die GRV erweitert werden muss mit entsprechenden Übergangsregelungen. Beamte, Selbsständige und vor allem die vielen Sonderlocken der Freiberufler mit ihren über 90 Versorgungswerken, alle müssen einzahlen. Das Argument, dann erhalten wir auch mehr Leistungsempfänger zählt nicht, wenn man eine Altersgrenze einzieht. Alle 40 und jüngeren zahlen ein , bestehende Anwartschaften bleiben bestehen. Ab sofort kommen keine weiteren Personen in die Beamtenversorgung oder in ein Versorgungswerk neu hinzu.

Gregor Correnz
Vor 2 Monaten

Man kann über Sinn- und Unsinn von Beamtenversorgung und Versorgungswerken natürlich streiten. Doch darum geht es bei dem Vorschlag der Wissenschaftler nicht. Klar muss bleiben, dass jeder Euro, der von der GRV ausgezahlt wird, staatlich subventioniert ist. Nimmt man also mehr Beitragszahler, in das System, braucht es mehr staatlichen Zuschuss, weil mehr Ansprüche entstehen. Diesen staatlichen Zuschuss können wir uns nicht mehr leisten. Der muss runter. Danach, oder parallel darf gerne über die anderen Fragen diskutiert werden. Es sollte nur nicht alles mit Allem vermengt werden, sonst kommt man zu keinem Ergebnis.

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Peter Megele
Vor 2 Monaten

Und wieder wird kein Wort erwähnt, dass gerade jetzt die Basis für die GRV erweitert werden muss mit entsprechenden Übergangsregelungen. Beamte, Selbsständige und vor allem die vielen Sonderlocken der Freiberufler mit ihren über 90 Versorgungswerken, alle müssen einzahlen. Das Argument, dann erhalten wir auch mehr Leistungsempfänger zählt nicht, wenn man eine Altersgrenze einzieht. Alle 40 und jüngeren zahlen ein , bestehende Anwartschaften bleiben bestehen. Ab sofort kommen keine weiteren Personen in die Beamtenversorgung oder in ein Versorgungswerk neu hinzu.

Gregor Correnz
Vor 2 Monaten

Man kann über Sinn- und Unsinn von Beamtenversorgung und Versorgungswerken natürlich streiten. Doch darum geht es bei dem Vorschlag der Wissenschaftler nicht. Klar muss bleiben, dass jeder Euro, der von der GRV ausgezahlt wird, staatlich subventioniert ist. Nimmt man also mehr Beitragszahler, in das System, braucht es mehr staatlichen Zuschuss, weil mehr Ansprüche entstehen. Diesen staatlichen Zuschuss können wir uns nicht mehr leisten. Der muss runter. Danach, oder parallel darf gerne über die anderen Fragen diskutiert werden. Es sollte nur nicht alles mit Allem vermengt werden, sonst kommt man zu keinem Ergebnis.

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