Eine Pflegekraft hilft einer alten Frau bei ihrer Medikation: Bei der ambulanten Pflege waren die Schäden für die KKH 2024 durch Betrug am höchsten. © picture alliance/dpa | Michael Bahlo
  • Von Barbara Bocks
  • 25.07.2025 um 14:03
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Rekordverdacht bei der Krankenkasse KKH: Ambulante Pflegedienste, falsche Rezepte und erfundene Behandlungen – der Schaden durch Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen liegt im Milionenbereich. Wie Täter vorgehen, wer am meisten betroffen ist und warum Künstliche Intelligenz künftig eine Schlüsselrolle spielt.

Im Jahr 2024 kam es bei der KKH Kaufmännischen Krankenkasse zum bisher größten Schaden durch Abrechnungsbetrug seit Beginn ihrer hausinternen Ermittlungen vor 24 Jahren. Insgesamt 5,4 Millionen Euro haben Kriminelle, vor allem in der ambulanten Pflege, durch manipulierte Abrechnungen erbeutet.

In diesem Bereich kam es zu Schäden von mehr als 4,1 Millionen Euro. Damit bleibt er der mit Abstand betrugsanfälligste Sektor im Gesundheitswesen. Dahinter folgen Betrügereien durch Arzneimittel und im Krankenhausbereich. Mehr als eine halbe Million Euro konnte die KKH erfolgreich zurückfordern.

Top drei Leistungsbereiche nach Schadenshöhe 2024:
  • Ambulante Pflege: 4,1 Millionen Euro
  • Arzneimittel: 499.000 Euro
  • Krankenhausbereich: 365.100 Euro

479 neue Hinweise auf verdächtige Aktivitäten im Gesundheitswesen gingen beim spezialisierten KKH-Ermittlerteam im vergangenen Jahr ein. Die Bandbreite reicht von erfundenen Behandlungen und gefälschten Rezepten bis hin zu erschlichenem Krankengeld. Mit 270 Verdachtsfällen entfiel mehr als die Hälfte der Hinweise auf ambulante Pflegedienste. Weitere auffällige Bereiche waren physiotherapeutische Einrichtungen und Arztpraxen.

Top 3 Leistungsbereiche nach Zahl der Verdachtsfälle 2024:
  • Ambulante Pflege: 270
  • Krankengymnastik/Physiotherapie: 62
  • Ärztliche Leistungen: 21

Allein in den Jahren 2022 und 2023 entstand in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ein Gesamtschaden von über 200 Millionen Euro. Laut einer internationalen Studie liegt die Dunkelziffer in Deutschland bei 6,2 Prozent der jährlichen Gesundheitsausgaben. Das entspricht rund 18,5 Milliarden Euro.

Das Pikante daran: „Diese Gelder fehlen direkt in der Versorgung der Versicherten und können langfristig auch die Beiträge beeinflussen“, warnt Emil Penkov, Chefermittler der KKH.

Bessere Zusammenarbeit und KI als Schlüssel

Besonders häufig sind Delikte wie der Einsatz unqualifizierten Personals und dass nicht erbrachte Leistungen abgerechnet werden. Täter wechseln oft schnell das Bundesland, was die Ermittlungen erschwert. Umso wichtiger wäre aus der Sicht der KKH der länderübergreifende Austausch zwischen Krankenkassen, Kassenärztlichen Vereinigungen, Polizei, Staatsanwaltschaften und anderen Stellen.

Ein zukunftsweisendes Instrument sieht Jurist Penkov in Künstlicher Intelligenz: „Es reicht nicht, wenn die Fehlverhaltensstellen der Krankenkassen quasi zu Fuß einzelnen Hinweisen auf Abrechnungsbetrug nachgehen.“

KI-Algorithmen können aus Penkovs Sicht „Betrugsstrukturen und Fälle aus dem großen Pool an Abrechnungsdaten aller Kassen herausfiltern und zentral für alle Ermittler bereitstellen. Wir begrüßen, dass der Gesetzgeber die Notwendigkeit dieser technischen, kassenübergreifenden Unterstützung erkannt hat“.

Ergänzende Vorschriften sind laut KKH im Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz zwar vorgesehen, wurden bislang allerdings nur in wenigen Punkten umgesetzt. 

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Barbara Bocks

Barbara Bocks ist seit 2011 als Journalistin im Wirtschafts- und Finanzbereich unterwegs. Seit Juli 2024 ist sie als Redakteurin bei der Pfefferminzia Medien GmbH angestellt.

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