- Von Redaktion
- 13.10.2025 um 10:01
Die aktuelle Marktlage spült mir viele Déjà-vu-Erlebnisse ins Bewusstsein. „Man muss tanzen, solange die Musik spielt“ (Chuck Prince, Chef der Citigroup, 2007), am Ende einer Hausse bleibt nur der Momentum-Effekt (zuletzt so stark wahrgenommen im März 2000). Der depperte Kojote Wile E. Coyote aus der Cartoon-Reihe „Road Runner“ rennt über die Klippe, realisiert erst mit dem Blick nach unten, dass er in der Luft schwebt – und schmiert dann ab in die Tiefe.
Unabhängig von meinen möglichen Phantasmagorien richten sich viele bange Blicke in diesen Tagen auf die USA. Die Trump-Administration treibt den Kulturkampf immer weiter voran, was Ängste vor einem Bürgerkrieg schürt.

5 Tipps für Anleger bei wackelnden Börsen
Der wirre Wirbel um den Aktienindex MSCI World
Wie Investmentfonds ideal in die Altersvorsorge passen
Die USA wandern auch wirtschaftlich nahe einer Klippe: Der Arbeitsmarkt ist fragil, Zölle bedrohen das Wachstum und die US-Notenbank wird absehbar von MAGA-America gekapert (dass Lisa Cook Mitglied des Fed Boards bleiben wird, ist nicht klar – ihre Entlassung könnte nur aufgeschoben sein).
Auch der Shutdown der amerikanischen staatlichen Institutionen ist ein Merkmal der Krise. Weil sich der Senat nicht über das Haushaltsbudget einigen konnte, wurden die Beamten nach Hause geschickt. Wie lange die Zwangspause dauern wird, steht in den Sternen. Fest steht jedoch: Die Lage ist vertrackt, und je länger der US-Staat nicht funktioniert, desto nachhaltiger werden die Einbußen der Wirtschaft ausfallen. All das wird begleitet von immer ambitionierteren Bewertungen von US-Aktien und hohen Haushaltsdefiziten.
Enttäuschung nach dem KI-Hype?
Im September konnten die Risikomärkte erneut zulegen, und auch das erste Oktoberdrittel verlief nach demselben Schema: Die KI-Fantasie trägt die Märkte. Doch was passiert, wenn sich die immensen KI-Investitionen nicht wie erhofft amortisieren, wenn die KI-Revolution zunächst ausbleibt und keine Produktivitätsgewinne das Wachstum antreiben? Dann dürfte eine erhebliche Wertberichtigung in den Büchern der Magnificent 7 anstehen.
Krisen können auch durch sogenannte Balance-Sheet-Rezessionen ausgelöst werden. Diese gefährden nicht unbedingt das System, lösen aber nichtsdestoweniger bei Aktien hohe Verluste aus. Die Folgen einer Spaltung der US-Gesellschaft sind hierbei noch nicht eingepreist.
Eine Hausse stirbt bekanntlich nicht an Altersschwäche. Aber je steiler die Kurse nach oben streben, desto dünner wird die Luft und desto geringfügigere Anlässe braucht es, um die Kurse von Risiko-Assets gen Süden zu schicken. Dass der Goldpreis stramm nach oben marschiert, ist ein eine (noch) einsame Mahnung zur Vorsicht.
Über den Autor:
Ali Masarwah ist seit Mai 2021 als Fondsanalyst und Geschäftsführer bei der Fondsplattform envestor.de tätig, wo er Anleger-orientierte Analysen verfasst und bei der Weiterentwicklung von Tools und Investment-Lösungen für Privatanleger mitarbeitet. Mehr Analysen und Marktberichte finden Sie hier. Davor war er Mitglied im europäischen Editorial-Research-Team von Morningstar und zugleich als Chefredakteur für die Personal-Finance-Websites von Morningstar Deutschland, Österreich und der Schweiz verantwortlich.

0 Kommentare
- anmelden
- registrieren
kommentieren