- Von René Weihrauch
- 25.09.2025 um 08:53
Pfefferminzia: Herr Kosch, die Mitnahme von Alterungsrückstellungen bei einem PKV-Wechsel ist keine ganz unkomplizierte Sache – können Sie kurz erläutern, wie dies aktuell rechtlich geregelt ist?
Fabian Kosch: Grundsätzlich gibt es für Verträge, die vor 2009 abgeschlossen wurden, keine Portabilität, also keine Möglichkeit zur Mitnahme von Alterungsrückstellungen. Bei Neuverträgen besteht die Möglichkeit zur Mitnahme des sogenannten Übertragungswertes. Der wird aus den Alterungsrückstellungen auf Grundlage des Basistarifs gebildet. Das heißt: Es können Rückstellungen mitgenommen werden, die angefallen wären, wenn der Kunde lediglich den Basistarif abgeschlossen hätte. Hinzu kommt ein zehnprozentiger Zuschlag. Der Rest bleibt beim bisherigen Anbieter. Die aktuelle Höhe des Übertragungswertes kann beim Versicherer erfragt werden. In vielen Fällen kann man aber davon ausgehen, dass grob geschätzt 30 bis 40 Prozent der angesparten Alterungsrückstellungen bei einem Wechsel verloren gehen.
Was bedeutet das für die Beratung von wechselwilligen Kunden?
Kosch: Die Mitnahme von Alterungsrückstellungen ist eines der elementarsten und kompliziertesten Beratungsthemen, sozusagen die Königsdisziplin in der PKV-Beratung. Das liegt vor allem daran, dass niemand die künftige Prämienentwicklung vorhersagen kann. Alterungsrückstellungen dienen ja als eine Art „Sicherungsanker“ für die Zukunft, um die Prämien im Alter bezahlbar zu halten. Wenn Sie da 30 oder 40 Prozent verlieren, wirkt sich das auf die Jahre gesehen massiv auf die Prämienhöhe beim neuen Versicherer aus. Und je älter der Kunde ist, umso höher ist die Lücke zwischen den Alterungsrückständen, die er insgesamt gebildet hat, und dem Übertragungswert. Das Thema sollte also auf keinen Fall vernachlässigt werden, sondern in der Beratung ausführlich und detailliert behandelt und dokumentiert werden.
Alterungsrückstellungen: Was passiert bei einem PKV-Wechsel?
„Zu einem PKV-Wechsel rate ich in der Regel zuallerletzt"
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Welche Haftungsrisiken drohen Maklerinnen und Makler, wenn sie hier nicht angemessen beraten?
Kosch: Die sind enorm. Der Bundesgerichtshof hat bereits 2006 geurteilt, dass ein Makler gegenüber dem Versicherungsnehmer Schadenersatz leisten muss, wenn er ihn nicht auf den drohenden Verlust von Alterungsrückstellungen hingewiesen hat. Das war zwar noch vor 2009 und der Schaden war durch den vollständigen Verlust der Rückstellungen noch größer als er heute wäre. Dem Grunde nach hat sich mit der Neuregelung seit 1. Januar 2009 aber nichts geändert. Zahlreiche weitere Urteile haben seitdem bestätigt, dass Makler wechselwillige Kunden über den Verbleib der Alterungsrückstellungen im Detail aufklären müssen. Ansonsten haften sie.
Was bedeutet das konkret?
Kosch: Letztlich geht es um die Prämiendifferenz, die sich aus Beratungsmängeln ergibt. Juristen sprechen in diesem Zusammenhang von der sogenannten Vermutung beratungsgerechten Verhaltens. Das heißt: Man geht davon aus, dass der Kunde sich bei einer korrekten und vollständigen Aufklärung anders, nämlich „beratungsgerecht“ entschieden, hätte, also nicht für einen PKV-Wechsel, sondern zum Beispiel für einen Tarifwechsel im Rahmen des bestehenden Vertrages. Die sich daraus ergebende Prämiendifferenz wäre dann der ersatzfähige Schaden durch den Versicherungsmakler. Hier reden wir über lebenslange Zahlungen von möglicherweise mehreren hundert Euro monatlich. Aber auch wenn es „nur“ 100 oder 50 Euro sind, kommt über einen so langen Zeitraum eine erhebliche Summe zustande.
Wie sollten Beratung und Dokumentation gestaltet sein, um diese Risiken so weit wie möglich auszuschließen?
Kosch: Wie gesagt: Der Wechsel der privaten Krankenversicherung ist für den Makler die Königsdisziplin, nicht nur wegen der Alterungsrückstellungen. Deshalb muss die Beratung sehr, sehr intensiv gestaltet sein. Der Kunde muss zwingend darauf hingewiesen werden, dass sich erheblich Prämiendifferenzen ergeben können. Und das Ganze muss selbstverständlich entsprechend ausführlich dokumentiert sein. Ein kurzer Vermerk wie „Mitnahme Übertragungswert wurde besprochen“ reicht nicht. Vor Gericht muss der Richter erkennen können, was genau besprochen wurde. Dazu gehört beispielsweise, dass man erklärt hat, wie sich der Übertragungswert bildet, wie hoch er ist, und dass sich ein Wechsel im Alter negativ auf die Prämien auswirken kann. All das sollte deshalb unbedingt genau dokumentiert werden.
















































































































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