Installation einer Smartflower-Solaranlage auf dem TUM-Campus in Straubing: Photovoltaik-Innovationen nehmen Fahrt auf. © picture alliance / NurPhoto | Michael Nguyen
  • Von René Weihrauch
  • 07.05.2025 um 08:50
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Veränderte Materialien, Künstliche Intelligenz, ganz neue Anwendungsgebiete: Thomas Gebhardt, Vorstandschef der Waldenburger Versicherung, skizziert hier im Interview, welche Innovationen bei der Photovoltaik künftig zu erwarten sind und was das für Vermittler bedeutet.

Pfefferminzia: Hocheffiziente Solarmodule, leistungsfähige Lithium-Ionen-Batterien, smarte PV-Systeme – Photovoltaik-Technik entwickelt sich rasant weiter. Herr Gebhardt, was werden aus Ihrer Sicht in den nächsten Jahren die wichtigsten Trends sein?  

Thomas Gebhardt ist Vorstandsvorsitzender der Waldenburger Versicherung (Foto: Waldenburger).
Thomas Gebhardt ist Vorstandsvorsitzender der Waldenburger Versicherung (Foto: Waldenburger).

Thomas Gebhardt: Einen der wichtigsten Punkte haben Sie bereits angesprochen: Wir sehen derzeit eine deutliche Verbesserung des Wirkungsgrades von Photovoltaik-Anlagen. Moderne PV-Technik kann mittlerweile 33 Prozent der auftreffenden Sonnenenergie in Strom umwandeln. Vor nicht allzu langer Zeit lag der übliche Wirkungsgrad noch bei 15 bis 22 Prozent. Die Steigerung wird zum Beispiel durch den Einsatz von bifazialen Solarmodulen möglich, die Licht mit der Vorder- und mit der Rückseite einfangen. Auf diese Weise wird nicht nur die direkte Sonneneinstrahlung zur Stromerzeugung genutzt, sondern auch reflektiertes Licht. Bei Speichermedien sind die von Ihnen erwähnten Lithium-Batterien im Grunde schon von gestern. Feststoffbatterien haben inzwischen eine um ein Vielfaches höhere Speicherkapazität. Beides führt dazu, dass Photovoltaik auch in Regionen mit weniger Sonnenschein attraktiver wird. Hinzu kommen ganz neue Anwendungsgebiete. Denkbar sind zum Beispiel E-Autos, die mit einer PV-Folie überzogen werden und während der Fahrt Energie „tanken“. Mercedes hat da meines Wissens bereits einen Prototyp entwickelt. Ich glaube, dass wir in den nächsten zehn Jahren bei der PV-Technologie einen Entwicklungssprung machen, der vergleichbar ist mit der Entwicklung vom Röhrenfernseher der 1950er-Jahre zum modernen OLED-TV von heute.  

Dass Photovoltaik hauptsächlich auf Hausdächern eingesetzt wird – die Zeiten sind vorbei? 

Gebhardt: Ja. Die Einsatzmöglichkeiten werden immer vielfältiger. Gebäudeintegrierte Photovoltaik kann schon jetzt in Fenstern, Fassaden und Zäunen eingebaut werden. Schwimmende Solaranlagen sind hocheffektiv. Sogenannte Solarblumen, auch SmartFlowers genannt, richten ihre Module wie die Blätter einer Blume nach dem Sonnenstand aus. Auch für Hausbesitzer, auf deren Immobilie eine normale PV-Anlage nicht funktioniert – etwas wegen der Dachform – sind solche Alternativen hochinteressant. Zum Teil handelt es sich dabei noch um „Exoten“, aber für uns als Versicherer ergibt sich hier die Möglichkeit, neue Produkte auszuprobieren. Eine Versicherung für Solarblumen, die inklusive Speicher um die 50.000 Euro kosten können, bieten wir zum Beispiel bereits heute. 

Wie schätzen Sie angesichts der fortschreitenden Digitalisierung die Cyber-Risiken ein? 

Gebhardt: Smarte Steuerungssysteme und Künstliche Intelligenz entwickeln sich mit wachsendem Tempo. Damit steigen auch die Risiken, Opfer eines Cyber-Angriffs zu werden. Anbieter tun viel, um hohe Sicherheitsstandards zu gewährleisten, dennoch werden Kriminelle immer weiter nach Sicherheitslücken suchen – und häufig leider auch finden. Bei privaten Nutzern von PV-Anlagen schätze ich die Gefahr einer solchen Attacke zwar relativ gering ein. Anders sieht es bei großen, industriell genutzten Anlagen aus. Wird etwa eine großflächige Bodenanlage lahmgelegt, ist allein der Ertragsausfall enorm. Und was passiert eigentlich, wenn Hacker die Stromversorgung von Kommunen angreifen? Das wird in den kommenden Jahren für viele Stadtwerke, die auf Photovoltaik setzen, ein Thema sein. 

Was ergibt sich aus all dem für die Maklerschaft und Versicherer? 

Gebhardt: Jede Absicherung muss der Einsicht folgen, dass sich die Technologie immer weiter und immer schneller entwickelt. Das gilt für Photovoltaik wie auch für andere erneuerbare Energien. Natürlich kann ich als Makler nicht alle technischen Details kennen, aber ich sollte schon wissen: Wie funktioniert eine PV-Anlage, wie eine Wärmepumpe, Solarthermie oder ein privat genutztes Windrad? Für Versicherer gilt es, Deckungskonzepte zu schaffen, die zu allen technischen Lösungen die bestmögliche Absicherung liefern. Speziell bei der Photovoltaik warne ich davor, lediglich auf die Gebäudeversicherung zu setzen, die ja nur eine Ausschnittsdeckung bietet. Stattdessen rate ich nachdrücklich zu einer separaten PV-Versicherung mit Allgefahrendeckung. Diese Lösung verhält sich im Vergleich zur Gebäudeversicherung wie Vollkasko zu Teilkasko. Und bei einem PV-Schaden ist nicht gleich der gesamte Gebäudeversicherungsvertrag belastet. Insofern ist die All-Risk-Absicherung für Photovoltaik-Anlagen als Ergänzung zur Gebäudeversicherung für Kunden und Makler die ideale Lösung. 

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René Weihrauch

René Weihrauch arbeitet seit 35 Jahren als Journalist. Einer seiner Schwerpunkte sind Finanz- und Verbraucherthemen. Neben Pfefferminzia schreibt er für mehrere bundesweit erscheinende Zeitschriften und international tätige Medienagenturen.

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