Unternehmerin Celine Nadolny wagt in ihrem Gastbeitrag einen kritischen Blick auf die Finfluencer-Szene. © Celine Nadolny
  • Von Redaktion
  • 12.05.2025 um 13:32
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Finfluencer: zwischen Reichweite, Renditeversprechen und Realität bewegt sich eine Szene, die stark polarisiert. Buchbloggerin und Unternehmerin Celine Nadolny gibt einen ehrlichen und persönlichen Einblick in eine Welt zwischen Bildungsauftrag und Geschäftsmodell.

Warum die Guten nicht automatisch die Lautesten sind

Ein großes Problem in der Finfluencer-Szene ist, dass Qualität und Sichtbarkeit nicht zwangsläufig zusammenhängen.

Einige der lautesten Stimmen haben inhaltlich erschreckend wenig Substanz. Dafür aber glatte Videos, markige Sprüche und eine perfekte Inszenierung.

Ihre Expertise? Oft rein behauptet. Eine Vita, die man nicht nachprüfen kann, Börsenerfahrung aus dem Nichts, gepaart mit einer dramatischen Lebensgeschichte.

Und genau das funktioniert: Menschen klicken lieber auf „10.000 Euro mit Dividenden in 6 Monaten“ als auf differenzierte Analysen oder nüchterne Erklärungen zu Risikostreuung und Rebalancing. Dass man mit so etwas keine Reichweite macht, ist die traurige Wahrheit vieler seriöser Content Creator – und der Grund, warum so viele von ihnen irgendwann aufgeben.

Das eigentliche Problem: Der Zustand unserer Finanzbildung

Der Erfolg unseriöser Finfluencer liegt nicht in deren Brillanz – sondern in unserer kollektiven Unwissenheit. Wer nicht weiß, wie Kapitalmärkte funktionieren, welche Risiken Produkte mit sich bringen oder wie man einen Depotbericht liest, der hat keine Chance, zwischen Aufklärung und Abzocke zu unterscheiden. Der glaubt das, was glaubwürdig aussieht. Der verlässt sich auf sympathische Gesichter, hübsche Charts und große Versprechen.

Das ist kein individuelles Versagen – sondern ein systemisches. Unser Schulsystem ignoriert Finanzbildung weitgehend. Und auch im späteren Leben ist sie selten Bestandteil der Ausbildung oder des Alltags. Kein Wunder also, dass viele Menschen auf die erstbeste Quelle zurückgreifen, die ihnen verständlich und vertrauensvoll erscheint – selbst wenn sie inhaltlich wenig taugt.

Die Finfluencer-Szene als Spiegel der Branche

Was bei der ganzen Debatte häufig vergessen wird: Finfluencer sind kein Fremdkörper in der Finanzwelt. Sie sind ihr Spiegel. Wer also Finfluencer kritisiert, sollte nicht bei Instagram aufhören. Auch in Banken, Versicherungen und klassischen Beratungsgesprächen werden mitunter Provisionsmodelle optimiert statt Kundennutzen maximiert. Auch dort gibt es Blender, Scheinexperten und Gier.

Die Szene auf Social Media ist nur deshalb so groß geworden, weil sie eine Lücke füllt. Menschen wollen auf Augenhöhe lernen. Sie wollen nicht mit Fachchinesisch überschüttet oder von oben herab belehrt werden. Viele Finfluencer leisten dabei wertvolle Aufklärungsarbeit. Andere nutzen das Vertrauen schamlos aus. Doch das ist kein finfluencer-spezifisches Problem. Das ist ein Problem der gesamten Branche – und unserer Gesellschaft.

Lesen Sie auf der dritten Seite, warum die Finfluencer-Szene aus Celine Nadolnys Sicht wichtig bleibt und ihr persönliches Fazit.

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