Ist ein Kunde berufsunfähig, kann er mitunter auf andere Tätigkeiten verwiesen werden – und bekommt keine BU-Rente. Das ändert sich nun. © hryshchyshen / Freepik.com
  • Von Jens Lehmann
  • 17.03.2025 um 11:11
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Jahrelang war es eher still um die Berufsunfähigkeitsversicherung. Leistungen und Bedingungen der Anbieter haben sich immer mehr an­geglichen. Doch jetzt kommt wieder Bewegung in den Markt: mit neuen Verweisungsregeln.

Doch ist mit dem gleichzeitigen Bezug von BU-Leistungen und einem ähnlich hohen Gehalt wie vor der Berufsunfähigkeit der Versicherungsgedanke verletzt? Kritiker sehen das so. Wer wieder einem gut bezahlten neuen Job nachgeht, braucht keine BU-Rente mehr, so das Argument.

Auch Stefan Wittmann erinnert an den Sinn und Zweck einer Berufsunfähigkeitsversicherung: „Grundsätzlich soll sie einen Einkommensverlust auffangen, wenn man aus gesundheitlichen Gründen längere Zeit oder dauerhaft nicht mehr arbeiten kann.“

Besser dran mit Gehalt und BU-Rente?

Doch mit dem Verzicht auf die konkrete Verweisung kann ein BU-Versicherter sogar finanziell besser dastehen als vor der Berufsunfähigkeit. Schließlich kassiert er neben dem Gehalt aus seiner neuen Tätigkeit die volle BU-Rente, sofern Gesundheitsprüfungen ergeben, dass er weiterhin berufsunfähig ist. In diesem Fall gleichen die BU-Leistungen keinen Einkommensverlust aus, sondern werden zum zweiten Gehalt. Eine kuriose Situation.

Dieses Problem bestehe jedoch auch bei der herkömmlichen BU-Absicherung mit der Möglichkeit der konkreten Verweisung, argumentiert Bayerische-Expertin Kristine Rößler. „Erhält ein Versicherter in einer neuen Tätigkeit zum Beispiel nur 70 Prozent seines bisherigen Gehalts, kann er sowieso nicht verwiesen werden, da das Gehalt nicht als vergleichbar gilt.“ Mit der BU-Rente könne er auch da bereits in Summe über seinem ursprünglichen Gehalt liegen. „Nur in sehr wenigen Fällen dürften daher zusätzliche Fälle einer Überversicherung entstehen.“

Neuer Marktstandard? Abwarten!

Dennoch bleibt fraglich, ob sich der Verzicht auf die konkrete Verweisung am BU-Markt ebenso durchsetzen wird wie im Falle der abstrakten Verweisung. Mit der Bayerischen ist dem HDI bislang nur eine Gesellschaft gefolgt. Es sei denkbar, dass der eine oder andere Wettbewerber nachziehe und seinerseits auf die Möglichkeit der konkreten Verweisung verzichte, heißt es von der Bayerischen aus München.

Expertin Rößler: „Dass die konkrete Verweisung komplett gestrichen wird, ist weniger zu erwarten. Wahrscheinlicher ist, dass Tarife vermehrt entsprechende optionale Angebote gegen Mehrbeitrag enthalten, um den Kunden die Wahl zu lassen und die BU nicht generell für alle teurer zu machen.“

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Jens Lehmann

Jens Lehmann ist diplomierter Publizist und Betriebswirt und arbeitet als freier Journalist und Autor in Hamburg. Er ist thematisch auf Wirtschafts-, Finanz- und Mobilitätsthemen spezialisiert. Seine Beiträge erscheinen in Publikationen großer Zeitungsverlage, Unternehmensveröffentlichungen sowie bei Pfefferminzia.

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