- Von Redaktion
- 01.12.2025 um 15:32
Versicherer, Banken, Fondshäuser, Vermittlerverbände, Verbraucherschützer – bei der DIN-Konferenz „Die Zukunft der Finanzwelt mit Normen gestalten“, die am 18. November 2025 im Berliner DIN-Gebäude stattfand, hat die Finanz- und Versicherungsbranche eindrucksvoll gezeigt, wie konstruktiv sie trotz unterschiedlicher Positionen zusammenarbeiten kann.
„Johannes Neder kann die DIN-Normen nur vom Hörensagen kennen“
Finanznormen schützen Vermittler vor Haftungsfällen
Im Mittelpunkt stand dabei die Analyse der Kundenbedarfe nach DIN-Normen wie der DIN 77230 (Basis-Finanzanalyse von Privathaushalten), deren Rolle in der Finanzberatung inzwischen an vielen Stellen über den Status eines freiwilligen Standards hinausgeht. Doch eben noch nicht überall, weshalb die Initiatoren – Defino Institut für Finanznorm und das Deutsche Institut für Normung (DIN) – dem Thema eine Konferenz widmeten.
Besonders viel Aufmerksamkeit erhielt dabei der Eröffnungsvortrag von Finanzberaterin Christine Walther-Lehnert, die ohne Einschränkung für die Norm warb. Sie berichtete aus ihrer Beratungspraxis, wie die DIN 77230 Transparenz schafft, Beratungsqualität verbessert und Kundinnen und Kunden spürbar Orientierung gibt. Ihr klarer Kurs fand breite Zustimmung im Saal – bemerkenswerterweise sogar bei den anwesenden Verbraucherschützern.
„Keine Ausrede, Norm nicht zu nutzen“
Auch aus Unternehmenssicht wurden klare Töne gesetzt: Holger Beitz, in seiner Rolle als Geschäftsführer von Prisma Life, aber auch in Vertretung des erkrankten Frank Lamsfuß vom Barmenia-Gothaer-Konzern, präsentierte eindrucksvolle Zahlen, die zeigen, dass die Norm in der Praxis Wirkung entfaltet.
Mit 100 zertifizierten Vermittlerinnen und Vermittlern, weiteren 15 in der Pipeline und einer Zertifizierungsquote nahe 10 Prozent hat die Norm im Exklusivvertrieb des Konzerns spürbare Dynamik ausgelöst. Beitz betonte, dass die strukturierte Analyse nicht nur Vertrauen schaffe, sondern auch messbar zu einer breiteren und besseren Beratung führe.
Einen prägnanten Akzent setzte Michael Franke vom Arbeitskreis Beratungsprozesse. Mit seinem Satz „Es gibt für die Makler keine Ausrede mehr, die Norm nicht zu benutzen“ nahm er der Branche eine gewisse Ausflucht und unterstrich, dass die technische und fachliche Integration der Norm inzwischen weit fortgeschritten sei.
Kontroverser blieb die Einschätzung von Johannes Neder vom Maklerverbund Vema, der erneut vor einer Überinterpretation der Norm warnte. Zwar erkenne er den Nutzen eines strukturierten Analyseprozesses an, doch müsse die Beratung nach wie vor individuell bleiben. Eine Norm dürfe weder als Ersatz für professionelle Expertise verstanden werden, noch als neue Form versteckter Regulierung wirken.
Geschlossenheit bei den Vermittlerverbänden
Trotz dieser gegensätzlichen Linien überwog ein deutliches Signal der Geschlossenheit. Die Vermittlerverbände AfW, BVK und Votum betonten ihre über Jahre gewachsene, enge Zusammenarbeit im Normungsprozess. Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW, sprach von einem „eindrucksvollen Beispiel konstruktiven Miteinanders“, und auch der Weiterbildungsanbieter Going Public hob die positive Signalwirkung hervor, die dieses gemeinsame Auftreten für die Vermittlerschaft habe. Ansätze wie Financial Wellbeing und Finanzbildung werden gemeinsam mit der Norm zu gewinnbringenden Themen, wie die weiteren Vorträge zeigten.
Am Ende des Tages zeichnete sich ein klares Bild ab: Die DIN 77230 ist längst in der Mitte der Branche angekommen – als Werkzeug, als Orientierung und zunehmend auch als Qualitätsmaßstab. Doch die Diskussion über ihre Reichweite und ihren Einfluss wird weitergehen, besonders mit Blick auf Digitalisierung, Open Finance und den Einsatz künstlicher Intelligenz. Die Veranstaltung hat gezeigt, dass die Branche bereit ist, diese Zukunft aktiv mitzugestalten: offen, kontrovers – aber bemerkenswert geeint.
















































































































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