- Von Oliver Lepold
- 12.08.2025 um 15:43
Wussten Sie, dass Cousins und Neffen von der Erbschafts- und Schenkungssteuer ähnlich behandelt werden wie Personen, die in keinem Verwandschaftsverhältnis zueinanderstehen? Sie alle haben den geringstmöglichen Freibetrag von 20.000 Euro, aber mitunter unterschiedliche Steuersätze. Hier kassiert die Finanzbehörde bei Schenkungen und Erbe kräftig ab. Nahe Verwandte hingegen profitieren von vergleichsweise hohen Freibeträgen und eher niedrigen Steuersätzen. Allerdings wurden die Freibeträge seit 2009 nicht mehr angepasst. Insbesondere der erhebliche Anstieg der Immobilienpreise hat mittlerweile dazu geführt, dass viele Erben trotz hoher Freibeträge steuerpflichtig werden.
Die zu zahlende Steuer auf ein mögliches Erbe lässt sich vorab leicht ausrechnen. Zunächst wird die Steuerklasse ermittelt. Je nach Verwandtschaftsgrad gelten bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer drei Steuerklassen. Die Freibeträge liegen dabei zwischen 20.000 und 500.000 Euro. Auch die Steuersätze hängen vom Verwandtschaftsgrad ab und steigen mit der Höhe der Erbschaft oder der Schenkung. Es gilt: Steuerpflichtig ist der Betrag, der nach Abzug des Freibetrags übrigbleibt. Je größer der Vermögenswert, desto höher der Steuersatz.
Eine halbe Million Freibetrag für Ehegatten und eingetragene Lebenspartner
Über den höchsten Freibetrag verfügen mit 500.000 Euro Ehegatten und eingetragene Lebenspartner. Bis zu 400.000 Euro steuerfrei erben Kinder, Stiefkinder sowie Enkel, deren Eltern bereits verstorben sind. Ansonsten haben Enkel einen Freibetrag von 200.000 Euro. Für Urenkel sowie Eltern und Großeltern (im Erbfall) liegt er bei 100.000 Euro. Alle diese Angehörigen des engeren Familienkreises fallen in die günstigste Steuerklasse 1. Sie bezahlen die niedrigsten Steuersätze zwischen 7 und 30 Prozent.
In Steuerklasse 2 werden Schenkungen an Eltern und Großeltern ebenso wie Schenkungen und Erbschaften an Geschwister, Nichten/Neffen, Stiefeltern, Schwiegereltern, Schwiegerkinder und an geschiedene Ex-Ehegatten veranlagt. Alle diese Familienmitglieder weisen einen Freibetrag von lediglich 20.000 Euro auf. Hier liegen die Steuersätze je nach Volumen des Erbes beziehungsweise der Schenkung zwischen 15 bis 43 Prozent.
Unter Steuerklasse 3 fallen alle weiteren Personen, darunter auch diejenigen ohne einen Verwandschaftsgrad. Auch hier gilt ein Freibetrag in Höhe von 20.000 Euro, allerdings sind die Steuersätze mit 30 bis 50 Prozent deutlich höher als in Steuerklasse 2.
Was die unterschiedliche Behandlung in Steuern konkret bedeutet, zeigt ein typisches Beispiel. Eine Mutter schenkt gleichzeitig ihrer Tochter und ihrem (nicht verwandten) Patenkind zum 18. Geburtstag jeweils 60.000 Euro. Für die Tochter liegt die Schenkung innerhalb des Freibetrags von 400.000 Euro, sie muss daher nichts an den Fiskus bezahlen. Das Patenkind hingegen hat nur einen Freibetrag von 20.000 Euro und muss somit 40.000 Euro in Steuerklasse 3 mit einem Steuersatz von 30 Prozent versteuern. Von den 60.000 Euro bleiben ihm nach Schenkungssteuer also nur 48.000 Euro übrig.

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Nach zehn Jahren stehen die Freibeträge wieder zur Verfügung
Für Schenkungen wichtig: Einmal ausgeschöpfte Freibeträge stehen alle zehn Jahre erneut zur Verfügung. Damit können frühzeitige Schenkungen zu Lebzeiten steuerlich vorteilhaft ausfallen. Tritt der Erbfall jedoch ein, bevor die zehn Jahre seit der letzten Schenkung vergangen sind, wird die Schenkung steuerlich aufs Erbe angerechnet.
Zu einer umfassenden ganzheitlichen Ruhestandsplanung gehört es daher, rechtzeitig individuelle Konzepte für Kunden zu entwickeln. Auch steueroptimierte Verrentungen im Todesfall können dazu beitragen, die Erbschaftsteuerlast für die Erben zu verringern oder sogar ganz zu vermeiden.
Insgesamt nahm der Fiskus 2023 Erbschafts- und Schenkungssteuer in Höhe von 11,8 Milliarden Euro ein, ein Rekordwert. Die Zahlen für 2024 sind noch nicht veröffentlicht, dürften aber ganz ähnlich aussehen. Aufgrund der seit Langem unveränderten Höhe der Freibeträge gibt es neben den Regelungen bei der Vererbung eines Unternehmens viel Kritik. Experten erwarten daher eine baldige Reform des Erbschaftssteuerrechtes.

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