Ulrich Leitermann, Vorstandsvorsitzender der Signal Iduna Gruppe. © Signal Iduna
  • Von Lorenz Klein
  • 16.02.2022 um 16:38
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„Samstags gehört Vati mir“, lautete ein Slogan der Gewerkschaften in den 1950er-Jahren, um die 5-Tage-Arbeitswoche in Deutschland durchzusetzen. Der Versicherer Signal Iduna will an dieser Errungenschaft nicht rütteln, aber zumindest Samstagsarbeit auf freiwilliger Basis ermöglichen, wie Konzernchef Ulrich Leitermann nun in einer Presserunde erläuterte.

Der Wettbewerb um die besten Job-Talente hat längst auch die Versicherungsbranche erreicht. Der Versicherer Signal Iduna versucht dem Rechnung zu tragen, indem die Mitarbeiter künftig noch flexibler selbst darüber entscheiden können sollen, wie und wo sie ihre Arbeitszeit gestalten – zum Beispiel in Form von Samstagsarbeit.

„Auch solche Modelle muss man sicherlich diskutieren“, sagte Signal-Iduna-Vorstandschef Ulrich Leitermann am Dienstag in einer virtuellen Presserunde. „Der eine oder andere Mitarbeiter würde es gut finden, wenn die Möglichkeit bestünde, am Samstag zu arbeiten“, sagte Leitermann und verwies auf entsprechende Rückmeldungen aus der Belegschaft.

Zugleich betonte der Signal-Iduna-Chef, dass es ihm dabei nicht um eine Ausweitung der Beschäftigung auf sechs Arbeitstage gehe. Stattdessen könnten Mitarbeiter im Gegenzug an einem regulären Wochentag einen Tag frei nehmen – und die optionale Samstagsarbeit würde überdies ausschließlich aus dem Homeoffice und ohne Zuschläge erfolgen.

Leitermanns Vorstoß zur Samstagsarbeit dürfte dann auch eher als Denkanstoß zu verstehen sein: „Wir würden gerne den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch mehr Flexibilität an die Hand geben wollen, indem man auch mal – immer alles freiwillig natürlich – einmal darüber nachdenken kann“, tastete sich der Vorstandschef vor. Schon jetzt ist es für die Mitarbeiter immerhin möglich, werktags flexibel zwischen 6 und 22 Uhr zu arbeiten – der Arbeitszeitkorridor wurde pandemiebedingt ausgeweitet.

Arbeiten auf Mallorca? Wohl eher nicht

Arbeiten aus dem Ausland, wie es die Allianz jüngst vorlebte, dürfte hingegen auf absehbare Zeit ein Wunschtraum von so manchem Mallorca-Fan in der Signal-Iduna-Belegschaft bleiben. Zur Erinnerung: Allianz-Chef Oliver Bäte hatte im Dezember 2021 das neue Arbeitsmodell „Wow – Ways of Working“ vorgestellt, demzufolge den Allianz-Mitarbeitern ein grenzüberschreitendes Arbeiten an bis zu 25 Tagen im Jahr möglich ist. Entsprechende Auslands-Regelungen seien nicht geplant, erklärte Leitermann, der in diesem Kontext auch auf die stärkere internationale Verflechtung der Allianz hinwies.

Dass die Signal Iduna nichtsdestotrotz stärker auf die Wünsche der rund 6.500 beschäftigten Vollzeitkräfte eingehen möchte, hat auch mit dem Fachkräftemangel zu tun. Dazu Leitermann: „Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten Jahren in einzelnen Teilbereichen, in einzelnen Know-how-Segmenten, auch in unserer Branche unter einem erheblichem Fachkräftemangel zu leiden haben und jetzt überlegen müssen: Wie gehen wir damit um?“

Zwei bis drei Tage Homeoffice sollen dauerhaft bleiben

Klar ist, dass auch das Homeoffice ein wichtiger Baustein in der Personalwirtschaft des Versicherers bleiben wird. Derzeit arbeiten nach Konzernangaben bis zu 85 Prozent der Mitarbeiter von Zuhause – und viele wollen das Homeoffice offenbar auch nach der Pandemie nicht missen. Es sei „kein so ganz leichtes Unterfangen“, die Mitarbeiter wieder in die Hauptverwaltungen zurückzuholen, räumte Leitermann ein. Die Konzernführung zwingt das zu einem Spagat, den Leitermann so umschreibt:      

„Wir sind mit den Betriebsverfassungsgremien noch nicht ganz durch, aber es ist eindeutig erkennbar – und das ist auch der erklärte Wille der Unternehmensleitung –, dass wir unseren Mitarbeitern zwei bis drei Tage Homeoffice in der Woche zugestehen.“ Dieser Ansatz folge der Logik der Flexibilität, die man den Mitarbeitern ermöglichen wolle, so Leitermann. Und weiter: „Im Übrigen haben wir die Erfahrung gemacht, dass die Mitarbeiter auch im Homeoffice produktiv arbeiten können und das in den letzten zwei Jahren auch bewiesen haben – sonst wäre es ja nicht möglich, solche Geschäftszahlen vorzuweisen.“

Dickes Plus im Vertrieb

Mit „solchen Geschäftszahlen“ meinte Leitermann die außerordentlich guten Ergebnisse des vergangenen Jahres, über die der Manager in Auszügen bereits vor der Bilanzpressekonferenz im Frühjahr referieren konnte. Demnach sei die Gruppe 2021 um 3,2 Prozent auf ein Bruttobeitragsvolumen von 6,2 Milliarden Euro gewachsen – „drei Mal so stark wie der Markt“, wie Leitermann erfreut kommentierte. Zudem sei einem „sehr guten“ Vertriebsergebnis 2020 ein nochmals „sehr gutes“ mit einem Plus um 8,8 Prozent gefolgt.

Und auch 2022 scheint gut angelaufen zu sein: „Wir haben den besten Januar in der Geschichte der Signal Iduna Gruppe zu vermelden“, sagte Leitermann mit Blick auf die Vertriebsergebnisse – um gleich hinterherzuschieben, dass es „aber natürlich auch im letzten Jahr belastende Ergebnisse durch die Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz“ gegeben habe.

Immerhin dürften die Belastungen für die Gruppe hier aber vergleichsweise überschaubar bleiben: Für rund 6.000 Schäden aus der Sturmkatastrophe „Bernd“ gehen bei einem Bruttoschaden von 240 Millionen Euro schlussendlich nur zwischen 30 und 35 Millionen zulasten des Konzerns. „Zum Glück haben wir eine gute Rückversicherung, wie andere Erstversicherer auch“, kommentierte Leitermann.

Standort Hamburg im neuen Glanz

Das gesparte Geld kann der Konzern auch gut gebrauchen: Allein die Neugestaltung des Standorts Hamburg-Dammtor, die mit einem Neu- und Teilneubau von sechs Gebäuden einhergeht, schlagen mit rund 400 Millionen Euro zu Buche. 2026/27 soll dann alles fertig sein, ein Fünftel der Flächen sollen eigenständig genutzt werden, der Rest wird vermietet. Bereits in der zweiten Jahreshälfte kann der Neubau am Kapstadtring in der Hamburger City Nord bezogen werden. Kostenpunkt: 150 Millionen Euro.

„Heller, freundlich, offen, attraktiv – Räumlichkeiten, in die man gerne geht, zumindest tageweise“, verspricht sich Leitermann von der architektonischen Runderneuerung am Standort Hamburg. Man darf gespannt sein, wie viele Mitarbeiter dem Lockruf folgen werden.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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