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  • Von Redaktion
  • 08.06.2016 um 09:55
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Zum ersten Mal in der Geschichte der staatlich geförderten Altersvorsorge haben die Deutschen im ersten Quartal mehr Verträge gekündigt als neue abgeschlossen. Versicherer geben der unsachlich geführten Rentendebatte die Schuld.

Abnehmen tut die Zahl der geförderten Riesterverträge bereits seit dem Jahr 2012. Doch nun kommen erstmals weniger neue Verträge hinzu als alte beendet werden, wie die jüngste Statistik des Bundessozialministeriums zeigt. Laut faz.net fiel die Zahl der Verträge insgesamt um 1000 auf nun 16.481.000. Zwar stieg die Zahl der Wohnriester-Verträge und der Fondssparpläne. Doch das reichte nicht mehr aus, um die Abgänge auszugleichen. Besonders unbeliebt: Banksparpläne und Versicherungen. Erstmals seit Beginn der Förderung im Jahr 2001 war die Zahl der beendeten Verträge somit größer als die der neu abgeschlossenen.

Der Versicherungsverband (GDV) zeigt sich alarmiert: „Die aktuelle Entwicklung ist einerseits darauf zurückzuführen, dass viele Sparer bereits einen Riester-Vertrag haben oder über ihren Betrieb für das Alter vorsorgen und dementsprechend weniger neue Verträge abgeschlossen werden“, sagt Hauptgeschäftsführer Peter Schwark. Das läge daran, dass die Menschen verunsichert seien. Schwark sprach von einer unsachlich geführten Rentendebatte. „Wir fordern die Politik daher dringend dazu auf, die Rahmenbedingungen für die private Altersvorsorge zu verbessern, anstatt die erreichten Erfolge zu zerreden.“ Spätestens seit der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer die Riester-Förderung Anfang April kurzerhand für gescheitert erklärt hatte, wird das Thema wieder grundsätzlicher diskutiert. „Ein auf Dauer stabiles Rentensystem braucht mehr private Vorsorge, nicht weniger“, sagt Schwark.

Die Attraktivität privater Rentenversicherungen habe in den vergangenen Jahren unter den niedrigen Zinsen an den Anleihemärkten gelitten. Zwar liegt auch die Inflationsrate weiterhin nahe null Prozent, doch viele Kunden blicken auf den Garantiezins, der kontinuierlich gefallen sei. Anders als für die Versicherungskunden bedeute der Nullzins für die Unternehmen eine existenzielle Bedrohung. Einige Anbieter haben sich, so faz.net, aus dem verwaltungsaufwendigen Fördergeschäft zurückgezogen. „Es gibt weniger Produzenten und weniger Vertriebe, die Riester anbieten. Das muss man mit Vertrauen und Kompetenz kompensieren“, sagt Ralf Götz, Chefvolkswirt des in diesem Segment führenden Finanzvertriebs DVAG. Viele Anbieter hätten wegen geringer Margen hinterfragt, ob sich die Förderprodukte für sie lohnten. „Dabei ist die Fördersystematik gut, weil Geringverdiener und Gutverdiener gleichermaßen profitieren“, sagt Götz. In seltenen Fällen könnten Kunden auf diesem Wege sogar eine jährliche Rendite auf ihre Beiträge von 8 Prozent erzielen, positiv falle die Bilanz aber in jedem Fall aus.

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Kritiker des Fördersystems dagegen halten die schwächere Dynamik für ein gutes Zeichen. „Dass Vertragszahlen zurückgehen, muss kein Anzeichen dafür sein, dass die Verbraucher weniger fürs Alter vorsorgen“, sagt Niels Nauhauser, Fachmann für Altersvorsorge in der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Andere, vor allem kostengünstigere Verträge eigneten sich zum Teil besser als förderfähige. Die aktuelle Rentendebatte habe das Anliegen der Verbraucherverbände wieder in den Vordergrund gerückt, effiziente Vorsorgeformen zu schaffen. „Wenn der Gesetzgeber der Ansicht ist, dass die Breitenwirkung nicht ausreichend ist, dann steht er nun in der Verantwortung, geeignete Maßnahmen vorzuschlagen“, sagt Nauhauser.

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