Die Kosten für die pflegerische Versorgung steigen in Deutschland. © Sherry/Freepik
  • Von Jens Lehmann
  • 31.01.2023 um 12:50
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lesedauer Lesedauer: ca. 04:50 Min

Professionelle Pflege geht kräftig ins Geld. Die Pflegezusatzversicherung hilft dabei, die Kosten zu tragen. Doch können auch Spätentschlossene jenseits der 60 noch einen Vertrag abschließen und sich vor hohen Pflegekosten im Alter schützen?

Ab und zu mal ins Theater gehen, Kaffeekränzchen mit den Freundinnen – und das studierende Patenkind mit ein paar Euro unterstützen: So hat sich Elke Fricke ihre letzten Lebensjahre vorgestellt. Doch ihre bescheidenen Pläne fürs Alter haben sich zerschlagen. Seit sie vor zwei Jahren ins Pflegeheim kam, reicht ihr Geld nicht einmal mehr aus, um die laufenden Kosten zu decken.

Die Einkünfte der 79-Jährigen sind zu gering, um Unterkunft, Essen im Heim und vor allem die Pflege nach Pflegegrad 3 zu bezahlen. Und das, obwohl sie mit zwei Renten finanziell noch weit besser dasteht als viele Gleichaltrige. Trotz der Leistungen aus der Pflegepflichtversicherung muss sie jeden Monat an ihr Erspartes gehen, um über die Runden zu kommen. „Inzwischen ist fast nichts mehr da“, sagt die Braunschweigerin. „Nächstes Jahr brauche ich wohl Hilfe vom Sozialamt oder von meinen Kindern.“ Theater, die Hilfe fürs Patenkind – nicht mehr drin.

Dabei ging es Elke Fricke finanziell immer gut. Auch ihre Alterseinkünfte fallen mit etwa 2.000 Euro monatlich um rund 400 Euro höher aus bei einem Durchschnittsrentner. Nie hätte sie sich träumen lassen, dass es für sie im Alter finanziell einmal eng werden könnte. Darum hat sie auch nicht über einen zusätzlichen Schutz für den Pflegefall nachgedacht.

Damit steht sie in Deutschland nicht allein da. Obwohl jeder zweite Mann und jede dritte Frau im Laufe des Lebens pflegebedürftig wird, hat sich die Mehrheit der Deutschen bislang noch nicht mit der finanziellen Absicherung im Pflegefall beschäftigt. In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag des Versicherers Axa gaben im Juni lediglich 49 Prozent der Frauen und 37 Prozent der Männer an, sich schon einmal mit der eigenen Pflege beschäftigt zu haben. Alle anderen schieben unangenehme Themen wie Alter, Pflege und Heimunterbringung lieber gedanklich beiseite.

Trügerische Sicherheit

Mario Hanowski, Produktverantwortlicher für Zusatz- und Pflegeversicherungen bei der Axa, kennt das Problem. „Die Beschäftigung mit dem Älterwerden und seinen Auswirkungen fällt den meisten von uns schwer. Viele Menschen wiegen sich zudem in trügerischer Sicherheit. Sie bauen darauf, dass man in Deutschland im Pflegefall gut versorgt wird.“ Und mehr noch hoffen sie, dass sie gar nicht erst zum Pflegefall werden.

Doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Aktuell sind in Deutschland rund 4,1 Millionen Menschen pflegebedürftig. Bis 2050 wird ihre Zahl nach Schätzungen um knapp 60 Prozent auf 6,5 Millionen steigen. Eine Folge des demografischen Wandels: Wir werden immer älter, und mit dem Alter kommen die Gebrechen – und für viele schließlich die Pflege.

Und damit auch die finanziellen Schwierigkeiten. Denn die Leistungen aus der Pflegepflichtversicherung decken nur einen Teil der tatsächlich entstehenden Pflegekosten ab. Übrig bleibt der pflegebedingte Eigenanteil, den Pflegebedürftige aus eigener Tasche zahlen müssen. „Gerade eine länger andauernde, professionelle Pflege ist sehr kostspielig“, warnt Thorsten Bohrmann, Senior Versicherungsanalyst beim unabhängigen Analysehaus Morgen & Morgen. „Wer hier nicht eine große Lücke in der Absicherung riskieren möchte, kommt um eine private Zusatzversicherung kaum herum.“ Auch staatliche Zuschüsse zum pflegebedingten Eigenanteil, deren Höhe sich danach richtet, wie lange jemand schon im Heim lebt, ändern nicht viel daran.

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Jens Lehmann

Jens Lehmann ist diplomierter Publizist und Betriebswirt und arbeitet als freier Journalist und Autor in Hamburg. Er ist thematisch auf Wirtschafts-, Finanz- und Mobilitätsthemen spezialisiert. Seine Beiträge erscheinen in Publikationen großer Zeitungsverlage, Unternehmensveröffentlichungen sowie bei Pfefferminzia.

kommentare
Michael Schmid
Vor 1 Jahr

Die Lobbyarbeit der Versicherer funktioniert wie immer hervorragend und wird in den entsprechenden Fachpublikationen ungeprüft übernommen. Ich kenne ausländische Investoren, die als Privatperson inzwischen mehrere Senioren-/Altenheime in Deutschland gekauft haben und von Eigenkapitalrenditen zwischen 25-30% schwärmen. Warum ist dieser “Markt” auch bei den Hedgefonds so beliebt? Finde den Fehler!!
Warum muß unsere Gesundheit und die unserer Angehörigen dazu herhalten, exorbitante Gewinn zu erzielen?
Diejenigen, die das täglich ermöglichen (Pflegepersonal) haben nichts davon, außer Streß, Verzweiflung, teilweise Wut über die Zustände und natürlich gesundheitliche Beschwerden. Unser Gesundheitssystem war mal eines der Besten. Inzwischen kann man nur noch verzweifeln an den Umständen und Gegebenheiten. Alle bedienen sich, sei es bei Maskendeals, exorbitante Preissteigerungen bei Impfstoffen und natürlich müssen die Hedgefonds ihre Investoren befriedigen.
Wirtschaft kann alles besser? Mitnichten, vor allem hat sie im Gesundheitswesen nichts verloren. Ich will meine Gesundheit eigentlich nicht vom Gewinnstreben einer anonymen Fondsgesellschaft abhängig machen.

Christian
Vor 1 Jahr

Leider ist der Bericht nur ausgelegt auf die hohen Kosten. Die exorbitanten Beitragserhöhungen der Tarife in der privaten Pflegeversicherung wird hier nicht erwähnt. Bin sehr jung in eine private Pflegeversicherung eingestiegen und zahle heute schon monatlich für meine Frau und mich 250Euro . Die Beitragsanpassungen werden aber weiter zunehmen. Ein Konzept die Beiträge finanzierbar zu halten haben die privaten Krankenversicherungen nicht.

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Michael Schmid
Vor 1 Jahr

Die Lobbyarbeit der Versicherer funktioniert wie immer hervorragend und wird in den entsprechenden Fachpublikationen ungeprüft übernommen. Ich kenne ausländische Investoren, die als Privatperson inzwischen mehrere Senioren-/Altenheime in Deutschland gekauft haben und von Eigenkapitalrenditen zwischen 25-30% schwärmen. Warum ist dieser “Markt” auch bei den Hedgefonds so beliebt? Finde den Fehler!!
Warum muß unsere Gesundheit und die unserer Angehörigen dazu herhalten, exorbitante Gewinn zu erzielen?
Diejenigen, die das täglich ermöglichen (Pflegepersonal) haben nichts davon, außer Streß, Verzweiflung, teilweise Wut über die Zustände und natürlich gesundheitliche Beschwerden. Unser Gesundheitssystem war mal eines der Besten. Inzwischen kann man nur noch verzweifeln an den Umständen und Gegebenheiten. Alle bedienen sich, sei es bei Maskendeals, exorbitante Preissteigerungen bei Impfstoffen und natürlich müssen die Hedgefonds ihre Investoren befriedigen.
Wirtschaft kann alles besser? Mitnichten, vor allem hat sie im Gesundheitswesen nichts verloren. Ich will meine Gesundheit eigentlich nicht vom Gewinnstreben einer anonymen Fondsgesellschaft abhängig machen.

Christian
Vor 1 Jahr

Leider ist der Bericht nur ausgelegt auf die hohen Kosten. Die exorbitanten Beitragserhöhungen der Tarife in der privaten Pflegeversicherung wird hier nicht erwähnt. Bin sehr jung in eine private Pflegeversicherung eingestiegen und zahle heute schon monatlich für meine Frau und mich 250Euro . Die Beitragsanpassungen werden aber weiter zunehmen. Ein Konzept die Beiträge finanzierbar zu halten haben die privaten Krankenversicherungen nicht.

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