Ein Hinweisschild mit Bundesadler vor dem Bundesgerichtshof (BGH). © picture alliance/dpa | Uli Deck
  • Von Achim Nixdorf
  • 27.01.2022 um 05:03
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Betriebsschließungspolicen müssen in der Regel nicht für Schäden während der Corona-Lockdowns aufkommen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt in einem Pilotverfahren entschieden. Geklagt hatte ein Gastwirt aus Schleswig-Holstein gegen den Kölner Versicherer Axa. Das Urteil dürfte von weitreichender Bedeutung sein.

Stehen einem Gastronom Ansprüche aus einer Betriebsschließungsversicherung (BSV) zu, wenn er wegen der Corona-Pandemie seinen Betrieb schließen musste? Mit dieser Frage hat sich jetzt erstmals der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe beschäftigt und ein richtungsweisendes Urteil gefällt. Demnach greift eine Betriebsschließungspolice bei einem pandemiebedingten Lockdown nicht, wenn sich die meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserreger aus einem als abschließend zu wertenden Katalog in den Versicherungsbedingungen ergeben und dort weder die Krankheit Covid-19 noch der Krankheitserreger Sars-Cov-2 aufgeführt ist (Aktenzeichen IV ZR 144/21)

In dem zu verhandelnden Fall ging es um einen Gaststätten-Betreiber aus Schleswig-Holstein, der seinen Betrieb wegen der Corona-Pandemie im März 2020 hatte schließen müssen. Nur ein Lieferdienst war noch erlaubt. Der Gastronom machte daraufhin Leistungen aus seiner Betriebsschließungsversicherung bei der Axa geltend. Diese sollte ihm die entgangenen Erträge für die vertraglich festgelegte Dauer von 30 Tagen erstatten. Der Versicherer lehnte das jedoch ab und verwies unter anderem darauf, dass das Corona-Virus nicht unter den versicherten Krankheiten im Infektionsschutzgesetz vermerkt sei.

Aufgeführte Krankheiten sind maßgeblich

Dieser Auffassung schloss sich nun auch der IV. Zivilsenat des obersten deutschen Berufungsgerichts an und erklärte, der Versicherer müsse nur für Krankheitserreger zahlen, die in einer Liste in den Vertragsklauseln aufgeführt seien. Corona sei dort aber nicht genannt. „Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird zwar einerseits ein Interesse an einem möglichst umfassenden Versicherungsschutz haben, andererseits aber nicht davon ausgehen können, dass der Versicherer auch für nicht im Katalog aufgeführte Krankheiten und Krankheitserreger die Deckung übernehmen will“, heißt es dazu in der Urteilsbegründung. Andernfalls würde eine Auflistung der konkreten Krankheitserreger in den Versicherungsbedingungen keinen Sinn ergeben.

Kein Verstoß gegen Transparenzgebot

Der BGH konnte in den Versicherungsbedingungen auch keinen Verstoß gegen das im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankerte Transparenzgebot erkennen, wonach die Rechte und Pflichten eines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar in den AGB dargestellt sein müssen. „Der durchschnittliche Versicherungsnehmer entnimmt dem klaren Wortlaut der Bedingungen, dass die meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger abschließend definiert werden“, befand das Gericht. „Ihm wird durch die Bedingungen nicht der Eindruck vermittelt, dass jede Betriebsschließung auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes vom Versicherungsschutz erfasst sei.“

Seite 2: „Versicherer deutlich gestärkt“

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Achim Nixdorf

Achim Nixdorf ist seit April 2019 Content- und Projekt-Manager bei Pfefferminzia. Davor arbeitete er als Tageszeitungs- und Zeitschriftenredakteur mit dem Fokus auf Verbraucher- und Ratgeberthemen.

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