Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und für Gewerblichen Rechtsschutz bei der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. © Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte
  • Von Redaktion
  • 29.09.2020 um 17:40
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Laut einem Urteil des Hamburger Landgerichts dürfen Versicherungsvertreter nicht mit dem Angebot einer „unabhängigen Beratung“ werben. In seinem Gastbeitrag erklärt Fachanwalt Björn Thorben M. Jöhnke von der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte den Fall und gibt Hinweise für den Beratungsalltag.

Was ist geschehen?

Zwei Versicherungsvertreter traten im Rahmen eines gemeinsamen Webauftritts auf und verfügten jeweils über eine eigene Erlaubnis als unter anderem Versicherungsvertreter nach Paragraf 34d, Absatz 1, Ziffer 1, Alternative 2, Gewerbeordnung (GewO). Ausweislich der von den Mehrfachagenten betriebenen Website sowie in den sozialen Medien und bei Google generierten sich die Vermittler unter anderem als „unabhängige Versicherungsagenten“ und boten Verbrauchern „unabhängige Beratung“ an, ohne jedoch über eine Erlaubnis als Versicherungsmakler nach Paragraf 34d, Absatz 1, Ziffer 2, GewO zu verfügen. Auch der von den Vertretern im Rahmen einer Kooperationsanbindung beworbene Finanzvertrieb, der Telis Finanz Vermittlung, verfügt selbst nur über eine Erlaubnis als Versicherungsvertreter nach Paragraf 34d, Absatz 1, Ziffer 1, Alternative 2, GewO – nicht aber als Versicherungsmakler.

Mit der Werbung „Unabhängigkeit als Versicherungsagent“ wurde – nach Auffassung der Kanzlei Jöhnke & Reichow – Verbrauchern beziehungsweise Versicherten falsche Informationen zur Verfügung gestellt, womit sie in die Irre geführt wurden (Paragraf 5, Absatz 1 im Gesetzbuch gegen den unlauteren Wettbewerb). Danach handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Diese vorliegende Werbung ist – nach Auffassung der Kanzlei Jöhnke & Reichow – unzulässig, da Versicherungsvertreter nach der gesetzlichen Definition des Paragrafen 59, Absatz 2 im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) nur im Auftrag der Versicherungsgesellschaften tätig sind: „Versicherungsvertreter im Sinn dieses Gesetzes ist, wer von einem Versicherer oder einem Versicherungsvertreter damit betraut ist, gewerbsmäßig Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen“ (siehe Paragraf 59, Absatz 2 im VVG).

Mangels Abgabe einer diesbezüglich außergerichtlichen Unterlassungserklärung durch die Vermittler war Klage zum Landgericht (LG) Hamburg geboten.

Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg

Mit Entscheidung vom 25. Juni 2020 (Aktenzeichen: 327 O 445/19) verurteilte das LG Hamburg die Versicherungsvertreter, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs damit zu werben, Versicherungsnehmer in Versicherungsangelegenheiten unabhängig zu beraten, solange keine Erlaubnis als Versicherungsmakler oder Versicherungsberater erteilt wurde.

„Versicherungsvertreter sind nicht unabhängig“, urteilte das LG Hamburg. Versicherungsvertreter, respektive Mehrfachagenten oder Mehrfirmenvertreter, können sich demnach nicht als unabhängig bezeichnen, denn hierdurch wird der falsche Eindruck erweckt, dass die beklagten Versicherungsvertreter rechtlich im Lager des Kunden tätig seien, während sie jedoch als Mehrfachagenten tatsächlich im rechtlichen Lager des Versicherers stehen.

Seite 2: „Entscheidung des Gerichts ist richtig und nachvollziehbar“

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