Michael Baulig ist Vorstandsvorsitzender der Universa. © Universa
  • Von Lorenz Klein
  • 24.04.2018 um 14:48
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„Für die Zukunft bestens gerüstet“, sieht sich die Universa, wie ihr Vorstandsvorsitzender Michael Baulig im Interview mit Pfefferminzia erklärt. Wie „Deutschlands älteste private Krankenversicherung“ im 175. Bestehensjahr auch die Bewährungsproben der Zukunft meistern will, erfahren Sie hier.

Pfefferminzia: Am 5. März 1843 wurde in Nürnberg ein Krankenunterstützungsverein für Tabakfabrikarbeiter gegründet – der Ursprung der heutigen Universa Versicherungen. Was sind für Sie die Gründe, warum sich Ihr Unternehmen über 175 Jahre hinweg bis heute am Markt behaupten kann?

Michael Baulig: Das Fundament unserer Geschäftspolitik ist Nachhaltigkeit und Unabhängigkeit. Wir orientieren uns nicht am kurzfristigen Marktgeschehen, sondern konsequent am langfristigen Nutzen für unsere Versicherten, die gleichzeitig Mitglieder im Verein sind. Für unsere Außendienst- und Vertriebspartner sind wir zudem ein moderner und fairer Partner für einen gemeinsamen langfristigen Geschäftserfolg. Zudem haben wir uns am Markt als Qualitäts- und Serviceversicherer positioniert und wollen dies auch bleiben.

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Wenn man sich aktuelle Medienberichte anschaut, gewinnt man nicht unbedingt den Eindruck, dass die private Krankenversicherung auch noch in weiteren 175 Jahren Bestand haben wird. Steht die PKV derzeit vor der größten Bewährungsprobe ihrer Geschichte?

Als älteste private Krankenversicherung konnten wir in unserer Unternehmensgeschichte schon einige Herausforderungen erfolgreich meistern. Fakt ist: Die PKV ist und bleibt ein Innovationsmotor in unserem Gesundheitswesen. Sie ist Partner der Leistungserbringer und durch die Querfinanzierung hat sie eine erhebliche finanzielle Bedeutung für viele Arztpraxen und Gesundheitsberufe. Fakt ist auch, dass die PKV nicht unattraktiver geworden ist – im Gegenteil. Noch nie hat der Verbraucher so attraktive, verbraucherfreundliche Rahmenbedingungen wie heute vorgefunden. Das Geschäft in der Vollversicherung hat in den vergangenen Jahren vor allem dadurch gelitten, dass mehr Selbstständige in versicherungspflichtige Beschäftigungen gekommen sind als zuvor. Die Nachfrage hat allerdings – bei steigenden GKV-Höchstbeiträgen von mittlerweile über 800 Euro monatlich – in der gesamten Branche, wie auch bei uns, wieder zugenommen. Zudem boomen private Zusatzversicherungen, vor allem im Bereich Zahnzusatz und Pflege. Der Markt bietet hier weiter riesige Absatzchancen. Bisher haben erst rund vier Prozent der Deutschen gegen das existenzielle Risiko einer Pflegebedürftigkeit vorgesorgt.

Nach ihrem eigenen Selbstverständnis legt die Universa „ein hohes Augenmerk auf die langfristige Bezahlbarkeit der Beiträge“. Wie wollen Sie sicherstellen, dass diese wohl größte Sorge der privat Versicherten trotz Niedrigzinsphase und steigender Kosten im Gesundheitswesen unbegründet bleibt? Und inwieweit sind derartige Sorgen bei Ihren Kunden sogar schon bittere Realität geworden?

Durchschnittlich 44 Prozent der Beitragseinnahmen werden zur Bildung von Alterungsrückstellungen verwendet. Zudem kommen unsere erwirtschafteten Gewinne ausschließlich den versicherten Mitgliedern zugute. Seit 2001 haben wir rund 440 Millionen Euro an Überschussmitteln zur Milderung und Abwendung notwendiger Beitragsanpassungen eingesetzt. Eine nachhaltige Anwendung von Mitteln zur Bar-Beitragsrückerstattung, eine konsequente Annahmepolitik und ein auf den Patienten zugeschnittenes Fallmanagement im Leistungsfall sind weitere Maßnahmen, die zur nachhaltigen Beitragsstabilisierung beitragen. Ältere Versicherte profitieren zudem von den beitragsstabilisierenden Wirkungen des gesetzlichen Zuschlags sowie des Direktgutschriftmodells. Mit realen Vertragsverläufen von Bestandskunden mit Laufzeiten von bis zu 70 Jahren, die Vermittler auch in der Beratung nutzen können, belegen wir die langfristige Bezahlbarkeit der Beiträge. Klar ist aber auch: Eine qualitativ hochwertige PKV ist für 59 Euro im Monat nicht zu haben. Solche „Köderangebote“ schaden der gesamten Branche.

In der Jubiläumsbroschüre war ein bemerkenswerter Satz zu finden: „Eine große Herausforderung in der damaligen Zeit war es, die notwendigen versicherungstechnischen Grundlagen und erforderlichen Regelungen ohne historische Erfahrungswerte zu gestalten.“ Das kommt mir irgendwie bekannt vor: Stehen die Versicherer heute angesichts der fortschreitenden Digitalisierung an einer vergleichbaren Schwelle?

Zur Beitragskalkulation werden immer auch Vergangenheitswerte herangezogen, die in den Anfängen natürlich nicht vorlagen. Es ist ja nicht so, dass es in Bezug auf die Digitalisierung gar keine Vergangenheitswerte gibt. Jeder vernünftige Kaufmann hat auch in der Vergangenheit versucht, seine Prozesse so effizient wie möglich zu gestalten. Die schwer zu beantwortende Frage ist aber vielmehr, was in fünf Jahren sein wird. Niemand weiß genau, welche Kundenwünsche oder Technologien wir in fünf Jahren haben werden. Damit wir auf Änderungen auch während laufender Projekte schnell und flexibel reagieren können wenden wir agile Projektmethoden in selbständig arbeitenden, cross-funktionalen Teams an. Flexibilität und Geschwindigkeit wird „customer focus“. Die Geduld nimmt in der digitalen Welt ab. Deshalb ist auch Einfachheit wichtig.

Der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit hat in Deutschland eine lange Tradition. Inwieweit bedarf es einer Modernisierung des Rechtsrahmens, um fit für die Zukunft zu bleiben?

Der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit ist heute moderner als je zuvor. Entscheidend ist, dass dort der Versicherte als einzige Anspruchsgruppe im Mittelpunkt der täglichen Arbeit steht. Das spiegelt sich beispielsweise bei unseren innovativen und teilweise spartenübergreifenden Produktlösungen wider. Ebenso in unserem verbraucherfreundlichen Tarifwechselrecht, über das der Kunde ein Leben lang seinen Versicherungsschutz individuell anpassen kann – in den meisten Fällen sogar ohne erneute Gesundheitsprüfung. Die Versicherten sind als Mitglieder auch gleichzeitig Eigentümer des Unternehmens. Das garantiert eine unabhängige Geschäftspolitik. In der Krankenversicherung ist die Solidität des Anbieters besonders wichtig, da die Verträge über einen sehr langen Zeitraum, oft bis zum Lebensende, abgeschlossen werden. Mit einer Eigenkapitalquote von 31,3 Prozent und einer Solvenzkapitalanforderung-(SCR)-Bedeckungsquote von 835 Prozent sind wir hier für die Zukunft bestens gerüstet und liegen fast doppelt so hoch wie die Durchschnittskennzahlen des Marktes.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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