Christian Geier ist Vorstand der FP Finanzpartner AG und dort unter anderem zuständig für die Produktauswahl und Sicherung der Beratungsqualität. © FP Finanzpartner
  • Von Redaktion
  • 17.07.2020 um 11:13
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Im Dschungel der Versicherungstarife ist es schwierig, die Perlen zu finden. Jeden Monat stellt unser Gastautor Christian Geier, Vorstand der FP Finanzpartner AG und dort unter anderem zuständig für die Produktauswahl, daher in seiner Kolumne ein Produkt vor, und gibt seinen Senf dazu. Dieses Mal: „Weitblick“ von Standard Life.

Meinen allerersten Antrag auf eine Rentenversicherung habe ich bei der Standard Life eingereicht, vor 17 Jahren war das. Eine gute, alte „Freelax“. Das war halt auch eine geputzte Story mit dem „Unitised-with-Profits“-(UWP)-Prinzip von der „britischen Allianz“ mit Sitz bei den sparsamen Schotten in Edinburgh, und der um im Schnitt ein Prozent höheren Rendite pro Jahr als bei den deutschen Lebensversichern. Die Unterlagen waren toll designt und übersichtlich aufgebaut und der Service ein Vorreiter für alle, die erst später erkannt haben, dass es sich lohnt, seinen Makler gut zu behandeln.

Das Back-Office war legendär schnell, verlässlich, immer erreichbar und die Mitarbeiter bestens geschult. Ach ja, und das Unternehmen gehörte der Versichertengemeinschaft, als es noch ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit war. Ein Finanzhaus, das noble „Britishness“ verkörperte, als das noch als Auszeichnung galt. Kurz: Standard Life war – bitte wörtlich nehmen – eine „egg-laying wool milk sow“ für Kunden und Vermittler.

Im Jahr 2006 ging es an die Börse, was erst einmal keine Verschlechterung nach sich zog. Im Gegenteil, das Geschäft brummte. Aber ein knappes Jahrzehnt später kamen die nicht so schönen Änderungen. Die erste: Man nahm uns 2015 die „Freelax“. Aber nicht nur das. Auch Beitragserhöhungen waren nicht mehr möglich. Blöd, wenn man zuvor viel bAV-Geschäft damit gemacht hatte. Aber die Liebe war groß, also weitermachen mit der reinen Fondspolice „Maxxcellence“ (während sich Canada Life derweil das UWP-Monopol sicherte und zeigt, dass das nach wie vor geht). Aber das Bröckeln hörte nicht auf. 2017 ging durch den Zusammenschluss mit der Investment-Company Aberdeen die Unabhängigkeit verloren, und 2018 wurde das Lebensversicherungsgeschäft komplett an den Bestandsabwickler Phönix verkauft.

Wofür man nichts konnte, waren der Brexit und seine Begleiterscheinungen. Aber mit dem erzwungenen Umzug nach Irland und der Gründung der Standard Life International DAC (einer irischen Form der GmbH speziell für Finanzdienstleister) ging auch der staatliche Insolvenzschutz des Financial Services Compensation Scheme (FSCS) irgendwo zwischen Keltischer und Schottischer See verloren…

Mit dem Produkt-Relaunch kommt mehr Trennschärfe

Ja, und jetzt? Geht es weiter. Phönix hatte gleich nach der Übernahme ein Bekenntnis zum deutschen Markt abgegeben, das angesichts der jüngeren Vorgeschichte in vielen Vermittlerohren wie Hohn klang. Aber: Man hat hier Wort gehalten und – das muss man respektvoll festhalten – viel unternommen, um verlorenes Terrain wiederzuerobern. Als Personal-Speerspitze mit dem Head of Sales & Marketing Deutschland, Christian Nuschele, den ich persönlich sehr schätze und der mit unermüdlicher Hingabe für seine Farben kämpft – vor allem für Vertrauen. Eine Herausforderung. Denn Vertrauen ist wie ein Stück Papier. Einmal zerknüllt, wird es nie wieder perfekt sein.

Gerade aktuell kommen die Neu-Iren aus der Deckung mit einem Produkt-Relaunch, der wieder mehr Trennschärfe ins Angebot gebracht hat:

  • „Maxxellence“ für die laufenden Beiträge zur Vermögensbildung für die Altersversorgung
  • „Parkallee“ für die Geldanlage und sonst nix
  • „Weitblick“ für die Geldanlage im Hinblick auf die Entsparung und Übertragung

Alles natürlich auf reiner Fondsbasis, das Wörtchen „Garantie“ hat man aus der Nomenklatur verbannt. Da ist man konsequent. Und zeitgemäß. Auch um Verrentungen reißt man sich nach wie vor nicht.

Das Fahrgestell ist bei allen drei Tarifen das gleiche. Schauen wir uns heute aber den „Weitblick“ näher an. Dem Grunde nach ist das eine fondsgebundene Lebensversicherung mit einer recht eigenwilligen Konstruktion der Todesfallsumme. Die liegt erst bei 100 Prozent, steigt dann auf 110 Prozent und fällt dann wieder ab auf den Fondswert. Klingt komisch, hat keinen erkennbaren Mehrwert, is aber so.

Sonst geht’s bei 25.000 Euro los (bis Ende des Jahres reichen auch 15.000 Euro zum warm werden). Das Geeignetheitsprotokoll ist auch schon drin. Und man bekommt vor allem eine durchaus beeindruckende Fondswelt. Damit ist nicht die schiere Zahl gemeint, denn 88 Stück sind durchaus im Rahmen des Üblichen. Aber Standard Life inszeniert sich eben als „Investmenthaus“ und das machen sie gut. Neben den Must-haves und der „Aberdeen“-Auswahl als Zugeständnis ans Haus, stechen da die passiven MyFolios heraus mit laufenden Kosten von 0,14 bis 0,16 Prozent, dazu die noch günstigere „Vanguard“-Palette und satte 12 Nachhaltigkeitsfonds. Ja, schon klar, Nachhaltigkeit definiert jeder anders und der ein oder andere Hardliner ist mit „Nestlé“ als Einzelwert schon durch mit der Nummer, aber man hat hier zumindest eine ordentliche Stichprobe aus diesem Segment vorliegen.

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