Erbgroßherzogliches Palais, Sitz des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe © BGH / Joe Miletzki
  • Von Andreas Harms
  • 23.06.2022 um 15:22
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Im Streit um erhöhte Prämien in der privaten Krankenversicherung hat der Bundesgerichtshof ein Urteil gefällt. Er stellt sich auf die Seite des Versicherers und erklärt eine maßgebliche Prämienklausel in den Musterbedingungen für wirksam. Das hatte das Oberlandesgericht Köln noch anders gesehen.

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln teilweise aufgehoben. Es geht dabei um die Frage, ob ein privater Krankenversicherer die Prämien eines Kunden in dessen privater Krankenversicherung (PKV) erhöhen durfte oder nicht. Der Kunde hatte gegen seinen Versicherer, die DKV, geklagt und die seiner Meinung nach zu viel gezahlten Beiträge zurückgefordert.

In erster Instanz war er damit vor dem Kölner Landgericht noch gescheitert. Doch das Oberlandesgericht Köln gab ihm als Berufungsgericht teilweise Recht (Urteil 9 U 237/19). Dieses Urteil wiederum kippte der BGH nun in Teilen und schickte den Fall zurück nach Köln (IV ZR 253/20). Ein Erfolg für die DKV.

Zankapfel ist der Paragraf 8b in den „Musterbedingungen 2009 des Verbandes der privaten Krankenversicherung“ (MB/KK). Der besteht aus zwei Absätzen und bestimmt, wann der Krankenversicherer die Beiträge erhöhen darf. Nämlich wenn die Kosten in einem bestimmten gesetzlich festgelegten Maß steigen (vereinfacht ausgedrückt). Dabei lautet Absatz 2 wie folgt:

Von einer Beitragsanpassung kann abgesehen werden, wenn nach übereinstimmender Beurteilung durch den Versicherer und den Treuhänder die Veränderung der Versicherungsleistungen als vorübergehend anzusehen ist.

Der Absatz suggeriert durch das Wörtchen „kann“, dass der Versicherer ein Wahlrecht hat und die Prämien somit auch bei vorübergehend gestiegenen Kosten erhöhen darf. Darf er aber nicht. Der Absatz – und darin sind sich Oberlandesgericht und Karlsruhe absolut einig – ist unwirksam. Denn er steht dem Paragrafen 203 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) entgegen. Der sieht nämlich vor, dass ein Versicherer den Beitrag nur erhöhen darf, wenn sich die Rechnungsgrundlage dauerhaft verändert hat. Würde man also „kann“ durch „muss“ ersetzen, würde alles passen.

Das Berufungsgericht nahm beide Absätze in Paragraf 8 in Sippenhaft und erklärte sie gleichermaßen für unwirksam – und damit auch die erhöhten Prämien. Hätte Karlsruhe das ebenso gesehen, hätte das die Branche unter einigen Druck gesetzt, denn die Klauseln stehen in Millionen Verträgen.

Doch der Schock bleibt erst einmal aus. Denn die Karlsruher Richter sehen das anders und halten Absatz 1 sehr wohl für gültig. Damit bestehe eine „wirksame Prämienanpassungsklausel in § 8b Abs. 1 MB/KK in Verbindung mit den Tarifbedingungen des Versicherers“, teilt der BGH mit. Selbst wenn man Absatz 2 streicht, bleibe die übrige Regelung „weiterhin aus sich heraus verständlich“, heißt es weiter.

Nun liegt der Fall wieder in Köln, die Richter des Oberlandesgerichts müssen ihn erneut prüfen.

Der PKV-Verband zeigt sich indes sehr erfreut über das Urteil, was jetzt auch nicht wirklich verwundert. Er teilt mit:

Damit schafft er [der BGH] in der Diskussion um notwendige Beitragsanpassungen auch im Interesse der Versicherten weitere Rechtssicherheit. Entsprechend begrüßt der PKV-Verband das Urteil.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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