Olaf Scholz, Vizekanzler und Bundesminister der Finanzen, SPD, hier bei einem früheren Auftritt in der ARD-Talkshow Anne Will am 27. September 2020. © picture alliance / Eventpress | Eventpress Stauffenberg
  • Von Lorenz Klein
  • 15.03.2021 um 18:33
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lesedauer Lesedauer: ca. 04:20 Min

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat Politiker, die einen Provisionsdeckel in der Lebensversicherung ablehnen, scharf kritisiert. „Da sitzen Leute im Bundestag, die wissen, warum sie das bekämpfen“, sagte Scholz in der ARD-Talksendung „Anne Will“. Er zog damit einen Vergleich zur Masken-Affäre von Unionsabgeordneten – Pfefferminzia präsentiert exklusive Reaktionen der „Deckel-Gegner“ aus CDU und FDP.

Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat die Versicherungsbranche scharf kritisiert – und zugleich jene Politiker im Bundestag angegriffen, die in seinen Augen zu sehr auf die Interessen der Branche eingingen.

Scholz war am Sonntagabend zu Gast in der Talkshow „Anne Will“, bei der zunächst die Wahlergebnisse in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz im Mittelpunkt standen. Im letzten Viertel der Sendung zog der SPD-Politiker schließlich einen Vergleich, der bei dem ebenfalls anwesenden CDU-Politiker und Ex-Innenminister Thomas de Maizière eine scharfe Antwort nach sich zog.

Der Konflikt entzündete sich daran, dass Scholz die Lobbyarbeit von Versicherern und Versicherungsvermittlern beim Provisionsdeckel in einen Zusammenhang rückte mit der Masken-Affäre von Unionsabgeordneten. So führte er die Lobbyarbeit der Versicherungsbranche als ein Beleg dafür an, warum es „sehr harte Regeln“ bedürfe, um solchen „privaten Interessen“ Einhalt zu gebieten – und kritisierte dabei auch „Leute im Bundestag“, die den Deckel bekämpft hätten.

Konkret sagte Scholz Folgendes:

„Aber was mich schon sehr bedrückt ist, dass auch im „Fight der Politik“ immer wieder sichtbar wird, dass es ganz harte Interessen gibt, mit denen man diskutieren muss. Ob es nun um einen – ich mache mal ein paar Beispiele – Provisionsdeckel für Versicherungen geht – also, dass da nicht so viel gezahlt wird. Da sitzen harte Leute im Bundestag, die wissen, warum sie das bekämpfen. Nicht aus allgemeinen Erwägungen, sondern, die haben viele… die schätzen die Leute, die die Provisionen kassieren, um es mal höflich zu sagen.“

Und weiter: „Das Problem ist sehr tief. Die Meinung, dass private Interessen so stark sein können, dass sie so berücksichtigt werden müssen, ist natürlich das Milieu, in dem das alles stattfindet. Ich finde, das muss man sagen und darf man auch sagen. Und das führt auch dazu, dass es umso besser ist, dass wir sehr harte Regeln entwickeln und da jetzt auch nicht viel Zeit ins Land gehen lassen, sondern, das was da ist, jetzt nochmal verschärfen – und zwar jetzt und nicht irgendwann.“

De Maizière platzt der Kragen

Nach diesen Äußerungen machte sich bei CDU-Mann de Maizière hörbarer Unmut breit – wobei es der Ex-Innenminister vermied, Scholz direkt anzugehen. Stattdessen zog er es vor, SPD-Parteichef Norbert Walter-Borjans zu kritisieren. Letzterer hatte der Union zuvor wegen der Maskenaffäre ein strukturelles Problem beim Umgang mit Korruption unterstellt:

„Von einer Partei, die sich nicht distanziert, dass ein ehemaliger Bundeskanzler aus Russland bezahlt wird, lass ich mir sowas nicht sagen. Das muss ich hier mal in aller Härte sagen, auch wenn das jetzt ein wenig unhöflich ist.“  

Was Brodesser und Schäffler entgegnen

Pfefferminzia hat zwei Finanzpolitker, die mit dem Gesetzesgebungsverfahren zum Provisionsdeckel näher befasst sind, um eine Stellungnahme gebeten. Carsten Brodesser, der als CDU-Rentenexperte im Bundestag sitzt, erklärte am Montagabend gegenüber Pfefferminzia, dass er den Auftritt von Herrn Scholz gesehen habe und sich darüber „sehr geärgert“ habe.

„Der Bundesminister hat durch seine Bemerkung den Eindruck erweckt, dass alle Parlamentarier, die nicht seiner Meinung sind und marktwirtschaftliche Ideen vertreten, von Lobbyisten gesteuert seien. Ich hätte mir eine differenzierte Darstellung gewünscht“, stellte Brodesser klar.

Tatsächlich wäre ein allgemeiner Provisionsdeckel, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, nicht angemessen, so der Politiker. Demnach seien die durchschnittlichen Abschlussprovisionen in den letzten Jahren gesunken und liegen deutlich unter 4 Prozent.

Seite 2: „Wenn Scholz mit einem Finger auf andere zeigt,…“

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

kommentare
Ditmar Gall
Vor 3 Jahren

So ein Schelm, Milliarden bei Wirecard und Coronahilfen versenkt, Pensionsansprüche, die vorab keine Beratung zu passender Altersvorsorge benötigt, will unseren Aufwand nicht gerecht entlohnen.
Wie konnten wir nur solche Politiker zu lassen.

Josef Netzer
Vor 3 Jahren

Zuerst die Renten kürzen und den Menschen dann sagen “Sorgt mal schön Selbst vor fürs Alter“ ! Aber die Beratung der Produkte muss natürlich kostenlos sein, der Berater kann ja von Luft und Liebe leben.
Als Berufspolitiker ist die Altersvorsorge ja von Seiten des Staat optimal geregelt!

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Ditmar Gall
Vor 3 Jahren

So ein Schelm, Milliarden bei Wirecard und Coronahilfen versenkt, Pensionsansprüche, die vorab keine Beratung zu passender Altersvorsorge benötigt, will unseren Aufwand nicht gerecht entlohnen.
Wie konnten wir nur solche Politiker zu lassen.

Josef Netzer
Vor 3 Jahren

Zuerst die Renten kürzen und den Menschen dann sagen “Sorgt mal schön Selbst vor fürs Alter“ ! Aber die Beratung der Produkte muss natürlich kostenlos sein, der Berater kann ja von Luft und Liebe leben.
Als Berufspolitiker ist die Altersvorsorge ja von Seiten des Staat optimal geregelt!

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