Eine Schleuse an einem großen See: Stehen die Darmschleusen durchgehend offen, kann dies gravierende Folgen haben. © Getty Images
  • Von Joachim Haid
  • 01.11.2019 um 14:06
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Bereits im letzten Beitrag haben wir uns mit dem Darm beschäftigt. Alle Krankheiten beginnen im Darm – dieses Zitat wird Hippokrates zugesprochen. Lassen Sie uns noch etwas mehr Licht in das Dunkle bringen und prüfen wir, was an der Aussage des griechischen Arztes dran ist.

Leaky Gut bedeutet so viel wie löchriger Darm. Wie entsteht dieser und welche Folgen kann das haben? Bestimmte Zellen der Darmschleimhaut, die Enterozyten, sind mit einer Art Schleuse abgedichtet. Diese Schleusen nennt man Tight Junctions. Verzehrt man beispielsweise viel Gluten, so schüttet die Darmschleimhaut vermehrt Zonulin aus. Zonulin ist ein Protein, welches die Öffnung der Darmschleusen reguliert. Gluten ist inzwischen nicht nur in Getreide enthalten, sondern in vielen verarbeiteten Lebensmitteln. Bei einer durchschnittlichen, westlichen Ernährung nimmt man deshalb mehrmals täglich dieses Eiweiß zu sich. Entsprechend viel Zonulin wird ausgeschüttet. So drohen die Schleusen durchgehend weit offen zu stehen.

Offene Schleusen und Krankheiten

In der Folge können nun Stoffe durch die Darmschleimhaut in die Blutbahn gelangen, die dort nicht hingehören:

  • unverdaute Nahrungsbestandteile
  • Viren, Bakterien, Pilze/Sporen, Hefen (zum Beispiel Candida)
  • toxische Metalle

In und um den Darm befinden sich etwa 80 Prozent des Immunsystems (Link zum Film). Gelangen nun solche Fremdstoffe durch den Darm in den Blutkreislauf, reagiert das Immunsystem darauf. Ist es ständig aktiv, weil die Schleusen dauernd offenstehen, kann dies zu Folgendem führen:

  • niedriger Energielevel, weil das Immunsystem ständig beschäftigt ist
  • höhere Infektanfälligkeit
  • Entstehung stiller Entzündungen
  • Autoimmunkrankheiten (Allergien, Hashimoto, Multiple Sklerose etc.)

Ständiger Stress, übermäßiger Sport und Schlafmangel

Ein andauernd erhöhter Cortisol-Spiegel ist eine weitere Möglichkeit, wie es zu einem durchlässigen Darm kommen kann. Cortisol ist ein Hormon, welches vor allem bei Stress und Gefahr durch die Nebennierendrüsen ausgeschüttet wird. Kurzfristig ist das kein Problem und normal. Ist der Stresslevel jedoch ständig hoch und damit auch der Cortisolspiegel, hat dies wieder Einfluss auf die Tight Junctions. Diese werden durch das Hormon geöffnet. Wie das direkt funktioniert, wird derzeit noch erforscht.

Stehen die Darmschleusen nun durchgehend offen, kann es wieder zu den oben beschriebenen Folgen kommen. Nicht nur beruflicher und privater Stress kann dazu führen, auch übermäßiger, überehrgeiziger Sport. Immer dann, wenn es primär um „höher, schneller, weiter“ geht.

Auch Schlafmangel erhöht den Cortisol-Spiegel. Bereits eine Nacht mit zu wenig Schlaf puscht den Spiegel des Stresshormons. Einmalig ist das nicht weiter dramatisch. Gesundheitlich bedenklich kann es werden, wenn das regelmäßig vorkommt. Meist ist dies auch mit privatem, oder beruflichem Stress verbunden, wodurch der Cortisol-Spiegel weiter erhöht wird.

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Müssen die Nebennieren zu lange und zu oft das Hormon ausschütten, ermüden sie irgendwann und stellen die Cortisol-Produktion schließlich ein. Das ist ähnlich der Einstellung der Insulinproduktion durch die Bauchspeicheldrüse bei Diabetes. Cortisol setzt der Körper jedoch auch ein, um Entzündungen herunter zu regulieren – das Wirkprinzip von Cortison. Stellen die Nebennieren nun die Produktion von Cortisol ein, können sich stille Entzündungen weiter ausbreiten, die gegebenenfalls durch einen löchrigen Darm überhaupt erst entstanden sind. Ein Teufelskreis. Das alles wirkt auch wieder auf die Psyche. Man ist erschöpft, müde, nur noch begrenzt leistungsfähig, wird immer dünnhäutiger, stress- und infektanfälliger. So kann es zum Burnout kommen. Im schlimmsten Fall entwickeln sich Depressionen.

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Joachim Haid

Joachim Haid ist Gründer des Gesundheitsprogramms PaleoMental®, zudem Gesundheitscoach und Heilpraktiker in Ausbildung.

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