Stefan Wolf, Chef des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall: „Reserven aufgebraucht“ © picture alliance / Tabea Guenzler/Eibner-Pressefoto
  • Von Andreas Harms
  • 02.08.2022 um 11:56
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 01:25 Min

Die Diskussion um die gesetzliche Rente ist um einige neue Beiträge reicher. Der Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Stefan Wolf, empfindet ein Rentenalter von 67 Jahren als zu niedrig – und bekommt prompt kräftigen Gegenwind.

Der Chef des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Stefan Wolf, hat sich zum Eintrittsalter in die gesetzliche Rente geäußert. Er ist dafür, dass man es schrittweise auf 70 Jahre anhebt. So sagte er der Funke Mediengruppe: „Schaut man sich die demografische Entwicklung und die Belastungen der Sozial- und Rentenkassen an, dann sind die Reserven aufgebraucht. Wir werden länger und mehr arbeiten müssen.“

Damit schlägt er in dieselbe Kerbe wie kürzlich die Bundesbank. Auch sie ist der Meinung, dass bei einem Eintrittsalter von 67 Jahren nicht Schluss sein dürfe. Um die Rente zukunftssicher zu gestalten, müsse es in einem festen Verhältnis mit der Lebenserwartung mit steigen (Pfefferminzia berichtete). Derzeit sieht die Rechtslage vor, dass das Eintrittsalter bis 2029 auf 67 Jahre steigt, dann aber nicht weiter.

Wolfs Argument ähnelt dem der Bundesbank. „Stufenweise werden wir auf das Renteneintrittsalter von 70 Jahren hochgehen müssen – auch weil das Lebensalter immer weiter steigt“, so der Arbeitgebervertreter.

Damit stellt er sich gegen den Koalitionsvertrag. Denn darin sehen die Regierungsparteien wörtlich vor: „Es wird keine Rentenkürzungen und keine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben.“ Eine Einstellung, die Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) seitdem auch mehrmals bekräftigte.

Gegenwind kommt umgehend auch von den Gewerkschaften. So sagte Anja Piel (Die Grünen), Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds: „Ein klares Nein zur Rente mit 70 – sie ist nichts anderes als eine Rentenkürzung mit Ansage.“ Viele Beschäftigte schafften es heute schon nicht mehr, gesund bis zur Rente durchzuhalten. „Für diejenigen, die in der Pflege, auf dem Bau oder in Fabriken arbeiten, ist längeres Arbeiten keine Option.“

Sogar die Union ist skeptisch

Ähnlich äußerte sich der stellvertretende Fraktionschef der Grünen, Andreas Audretsch: „Die Idee, man könnte Pflegekräfte, Stahlarbeiter oder Feuerwehrleute künftig bis 70 arbeiten lassen, zeigt, dass nicht alle bereit sind, die Lebensrealität vieler Menschen zur Kenntnis zu nehmen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Viele Menschen gingen heute schon vorzeitig in Rente, weil sie erschöpft seien.

Sogar die eigentlich recht wirtschaftsfreundliche Union äußerte sich skeptisch. „Für die Anhebung der Regelaltersgrenze gibt es keinen akuten Handlungsbedarf“, sagte Stephan Stracke, Chef der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales von CDU/CSU, zum RND.

autorAutor
Andreas

Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

kommentare
Michael Schmid
Vor 2 Jahren

Wenn man jetzt noch bedenkt, daß in einer “konzertierten” Aktion, Politik, Gewerkschaften und Arbeitgeber die Fachkräfte und das Wissen und Können in den Vorruhestand geschickt haben, teilweise mit53 Jahren und dem Versprechen seitens der Arbeitgeber dafür junge Arbeitslose einzustellen, was man natürlich nicht gemacht hat wg. Kosten!!! dann kann man nur noch mit dem Kopf schütteln.
Wir haben hochbezahlte Manager/Unternehmer die für kurzfristigen Gewinn alles opfern und dann, wie üblich, nach dem Staat rufen, der dann Kurzarbeitergeld gewährt und die Mitarbeiter werden entlassen (s. Lufthansa) oder die Steuergelder werden für mehr Rendite/Dividende verwendet.
Suchen Sie einfach mal als Mitfünfziger einen Job. Selbst Fachkräfte sind dann plötzlich zu alt und werden nicht benötigt. Vielleicht sollten Hr. Wolf undKollegen einfach mal ihren Job machen und den Mitarbeitern entsprechende Perspektiven bieten, sowie ihre Unternehmen krisenfest machen und nicht wg. jedem € mehr Rendite Mitarbeiter wg. Kosteneinsparungen entlassen.
Wieviele Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen müssen mehrere Jobs machen um über die Runden zu kommen?
Es gibt genügend Potenzial! Man darf dann schon erwarten, daß Leute die das zigfachen an Jahreseinkommen eines Mitarbeiters haben, in der Lage sind, entsprechende Ideen zu entwickeln. Ein Blick nach Skandinavien würde da schon mal weiterhelfen.

Hinterlasse eine Antwort

kommentare
Michael Schmid
Vor 2 Jahren

Wenn man jetzt noch bedenkt, daß in einer “konzertierten” Aktion, Politik, Gewerkschaften und Arbeitgeber die Fachkräfte und das Wissen und Können in den Vorruhestand geschickt haben, teilweise mit53 Jahren und dem Versprechen seitens der Arbeitgeber dafür junge Arbeitslose einzustellen, was man natürlich nicht gemacht hat wg. Kosten!!! dann kann man nur noch mit dem Kopf schütteln.
Wir haben hochbezahlte Manager/Unternehmer die für kurzfristigen Gewinn alles opfern und dann, wie üblich, nach dem Staat rufen, der dann Kurzarbeitergeld gewährt und die Mitarbeiter werden entlassen (s. Lufthansa) oder die Steuergelder werden für mehr Rendite/Dividende verwendet.
Suchen Sie einfach mal als Mitfünfziger einen Job. Selbst Fachkräfte sind dann plötzlich zu alt und werden nicht benötigt. Vielleicht sollten Hr. Wolf undKollegen einfach mal ihren Job machen und den Mitarbeitern entsprechende Perspektiven bieten, sowie ihre Unternehmen krisenfest machen und nicht wg. jedem € mehr Rendite Mitarbeiter wg. Kosteneinsparungen entlassen.
Wieviele Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen müssen mehrere Jobs machen um über die Runden zu kommen?
Es gibt genügend Potenzial! Man darf dann schon erwarten, daß Leute die das zigfachen an Jahreseinkommen eines Mitarbeiters haben, in der Lage sind, entsprechende Ideen zu entwickeln. Ein Blick nach Skandinavien würde da schon mal weiterhelfen.

Hinterlasse eine Antwort