Michael Stille: Der Vorstandsvorsitzender der Dialog hält nichts von einem harten Provisionsdeckel. © Dialog
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  • 16.05.2018 um 18:12
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Michael Stille, Vorstandsvorsitzender der Dialog, sprach mit Pfefferminzia über eine mögliche Provisionsbegrenzung in der Lebensversicherung, die Erfolgstreiber des abgeschlossenen Geschäftsjahrs und seine Erwartungen für 2018.

Pfefferminzia: Die Bafin hat im April eine Begrenzung der Provisionen in der Lebensversicherung vorgeschlagen. Was halten Sie von den Vorschlägen?

Michael Stille: Die Versicherungsmakler erfüllen in unserer Gesellschaft eine wichtige Funktion, indem sie großflächig für die richtige Absicherung gravierender Risiken sorgen. Dies ist bei der Diskussion um eine Begrenzung der Provisionen zu bedenken. Mit der Verabschiedung des Lebensversicherungsreformgesetzes, kurz LVRG, im Jahr 2014 hatte der Gesetzgeber die Erwartung, dass es zu einer Reduzierung der Provisionen durch die Versicherungsgesellschaften kommen wird.

Laut der Studie „Provisionen und Courtagen“ der Beratungsgesellschaft Willis Towers Watson aus dem vergangenen Jahr sind im Zeitraum 2015 bis 2017 deutliche Senkungen erzielt worden. Im Vertriebskanal Versicherungsmakler sank die durchschnittliche Abschlussprovision von 39,4 auf 32,1 Promille. Die durchschnittliche Stornohaftungszeit erhöhte sich von 5,1 Jahre auf 5,8 Jahre.

Die Bafin spricht sich grundsätzlich für die Beibehaltung des provisionsbasierten Vertriebs aus; sie sieht auch Fortschritte bei der Kostensenkung, mahnt aber weitere Anstrengungen an. Eine weitere Reduzierung der Provisionen durch die Versicherungsgesellschaften ist zwar möglich, darf aber nicht dazu führen, dass Makler nicht mehr profitabel arbeiten können.

Auch durch zunehmende regulatorische Anforderungen entstehen wachsende wirtschaftliche Belastungen, die die Makler in Bedrängnis bringen. Bei Forderungen nach weiteren Kostensenkungen sollte daher Augenmaß bewahrt werden. Denn wie schon gesagt: Die Versicherungsmakler nehmen eine zentrale Rolle ein, wenn es darum geht, Risiken abzusichern.

Wie sollten Makler und Vermittler auf einen solchen Provisionsdeckel reagieren?

Sollte eine Provisionsdeckelung auf einem deutlich abgesenkten Niveau auf die politische Agenda gesetzt werden – diskutiert werden derzeit 25 Promille –, wären alle Betroffenen aufgerufen, in der öffentlichen Diskussion die Wichtigkeit ihrer Beratungsleistungen herauszustellen, die auch eine entsprechende Vergütung erfordern. Ein drastischer Provisionsdeckel per Gesetz könnte eine ganze Branche in Existenznot bringen und wäre zudem schädlich für eine Abdeckung der Risiken der Bevölkerung insbesondere in der Altersversorgung.

Würde die Begrenzung zu einer weiteren Marktbereinigung im Vertrieb führen?

In der Vergangenheit hat es sicherlich hier und da Auswüchse gegeben, deren Bereinigung sich positiv für die Verbraucher, aber auch für den Markt insgesamt ausgewirkt hat. Heute ist das Wort „Bereinigung“ meines Erachtens nicht mehr angemessen, denn die Branche hat bereits die Spreu vom Weizen getrennt. Vielmehr ist ein weiterer Rückgang der Vermittlerzahlen zu befürchten, welches die Qualität der Versicherungsversorgung in Deutschland stark beeinträchtigen würde.

Glauben Sie, dass der Vorschlag der Bafin eine Vorstufe zum Provisionsverbot ist?

Diese Einschätzung teile ich nicht. Ein vollständiges Provisionsverbot hätte dramatische Auswirkungen: Der beratungsfreie Online-Vertrieb würde – nicht zum Nutzen der Bevölkerung – stark zunehmen, die provisionsbasierte Beratung durch die Honorarberatung ersetzt. Dies würde selektiv zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft führen, bei Versicherungsarten mit niedrigen Prämiensätzen erscheint eine Honorarberatung abwegig. Das Verschwinden des Maklerstandes würde einen erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden nach sich ziehen. Ein solches Szenario erscheint mir daher unrealistisch.

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