Die Grafik zeigt, wie sich ein Einzahlplan von monatlich 100 Euro in den Aktienindex Dax seit 1981 entwickelt hätte (ohne Kosten). © Quelle: Pfefferminzia • Illustrationen: Freepik / www.flation.com, stories / Freepik
  • Von Andreas Harms
  • 25.04.2022 um 15:31
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Die jüngsten Einbrüche an den Börsen könnten Anleger bestätigen, die Sparverträge nur mit Garantien wollen. Doch das ist ein Trugschluss. Kein Crash brachte lang laufende Einzahlpläne bisher in Verlustgefahr. Stattdessen sind Garantien einfach teuer.

Es ist wieder so weit. Ein so nicht vorhersehbares Ereignis hebt die Börsenwelt aus den Angeln. Krieg in Europa – wer hätte das vor einigen Monaten für möglich gehalten? Rohstoffe werden knapp. Die Preise steigen und lassen die Inflation emporschnellen. Das Wort Rezession schwebt durch den Raum. Wer hätte das gedacht, als sich alle Welt vor einigen Monaten noch auf neue Freiheiten nach dem Corona-Generalverschluss freute?

Die Aktienmärkte beschleunigten ihren zuvor ohnehin schon begonnenen Abstieg zusätzlich. Der deutsche Aktienindex Dax schloss am 7. März bei 12.835 Punkten. Das sind 21 Prozent unter seinem bisherigen Rekordschlussstand vom 5. Januar. Bekommen nun wieder jene Recht, die Garantien für Sparpläne einfordern? Sogar für lang laufende Verträge bei einer Altersvorsorge? Nein, überhaupt nicht. Crashs gehören zur Aktienanlage dazu und spielen auf lange Sicht kaum eine Rolle. Denn die langfristige Rendite eines durchschnittlichen, breit gestreuten Aktienportfolios entsteht im Großen und Ganzen aus Wirtschaftswachstum, Inflation und Dividenden.

Wirtschaftswachstum lässt die Umsätze von Unternehmen einer Volkswirtschaft wachsen. Inflation sorgt dafür, dass Preise und Umsätze und damit auch Gewinne sogar ohne Wirtschaftswachstum steigen können. Und Umsatz und Unternehmensgewinne sind wiederum Maßstäbe für Aktienkurse und ausgeschüttete Gewinne, also Dividenden.

Deshalb an dieser Stelle ein Gedankenspiel: Damit nach 30 Jahren mit einem Aktienfondssparplan tatsächlich der Garantiefall eintreten muss, dürfte in dieser Zeit die Wirtschaft kein Stück wachsen, dürften die Preise nicht steigen und dürfte kein Unternehmen einen Gewinn ausschütten. Oder es müsste am Ende plötzlich alles, aber wirklich alles den Bach runtergehen. Alle BMWs, Coca-Colas und Allianzes dieser Welt wären dann verschwunden. Wie wahrscheinlich ist das? Und was kann man dann überhaupt noch mit Geld anfangen? Eben.

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Diesen Gedanken nutzt auch Marcel Oberle, um seinen Kunden die Furcht vor Aktienanlagen selbst in Zeiten wie diesen zu nehmen. „Ich frage sie, was passieren müsste, damit am Ende alles weg ist“, sagt der Finanzplaner aus dem fränkischen Elsenfeld. „Und dann zeige ich ihnen, welche Unternehmen in den Fonds enthalten sind – Apple, Google und so weiter. Das beruhigt sie dann.“ So kommt es, dass Oberle noch nie eine Altersvorsorge mit Garantie vermittelt hat. „Garantien sind für mich klare Kostenheber und Renditebremser, die ich vor allem jungen Kunden nicht zumuten möchte“, sagt er.

Christian Nuschele von Standard Life berichtet, dass Garantien bei konservativen Sparern bisher stets auf fruchtbaren Boden gefallen sind. Doch dann passiert oft etwas Merkwürdiges: „Wir sehen bei vielen Kunden deutlich, dass sie zwar vor Vertragsabschluss auf Garantien achten, danach aber eigentlich nur noch auf den aktuellen Vertragswert schauen“, so der Vertriebschef für Deutschland. Die Garantie als Beruhigungspille, aber nur im Vorfeld.

 

Produktmanagerin Marlies Tiedemann von der Basler Versicherung hat beobachtet, dass Kunden mit Garantietarifen später aus Renditegründen oft unzufrieden sind. „Manche Kunden brauchen Garantien, weil sie sonst nicht ruhig schlafen können“, so Tiedemann. „Dieses Bedürfnis nach Sicherheit darf man nicht in den Wind schlagen, schließlich handelt es sich um die Rente der Kunden.“ Weshalb die Basler solche Modelle für Kunden mit höherem Sicherheitsbedürfnis im Programm hat. Doch generell zeigt sie sich eher als Freundin der reinen Investment-Schiene.

Während solche eingangs angeführten grundsätzlichen Gedanken zeitlos sind und deshalb funktionieren, lässt sich die genaue Zukunft leider nicht vorhersagen. Weshalb sich konkrete Rechnungen logischerweise nur auf die Vergangenheit beziehen. Trotzdem können sie beruhigen. So haben wir für die Grafik oben einen Einzahlplan in den Dax simuliert. Der lief angesichts notleidender Banken, Wirecard-Skandal, Dieselaffäre und zahlreicher anderer unternehmerischer Vollpannen eigentlich nicht wirklich optimal. Trotzdem blieb selbst im heftigen Hightech-Crash zur Jahrtausendwende und in der Bankenkrise 2008 das Guthaben deutlich über der bis dahin eingezahlten Summe. In beiden Crashs verlor der Dax immerhin jeweils rund zwei Drittel an Wert.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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