Staatssekretär Florian Toncar beim Abschlusstreffen der von ihm geleiteten Fokusgruppe private Altersvorsorge © Bundesministerium der Finanzen / Photothek
  • Von Andreas Harms
  • 18.07.2023 um 11:56
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Soll eine Altersvorsorge beim Staat als Altersvorsorge gelten oder gar förderfähig sein, muss sie in einem ziemlich engen Korsett aus Kriterien stecken. Das könnte sich demnächst ändern, wie die Vorschläge der speziell einberufenen Fokusgruppe nahelegen. Dann gäbe es nämlich deutlich mehr Möglichkeiten und weniger Bürokratie.

Die Fokusgruppe private Altersvorsorge ist fertig und hat ihren Bericht vorgelegt. Darin geht es um die Frage, wie man Vorsorge in Deutschland modern gestalten und dadurch beliebter machen kann. Und wie der Staat sie fördern kann. Hier sind einige wichtige Punkte aus dem Abschlussbericht (Die Branchenverbände GDV und BVI haben sich schon dazu geäußert).

Mehr Möglichkeiten

Vorsorger sollen künftig auch in ein förderfähiges Altersvorsorgedepot sparen können. Garantiepflichten soll es dort keine geben. Erlaubt sind Fonds und „andere geeignete realwertorientierte Anlageklassen“, so die Fokusgruppe wörtlich. Was alles darunterfällt (zum Beispiel auch direkte Beteiligungen und einzelne Aktien), ist noch zu klären.

Gleichwohl sieht die Fokusgruppe den Wegfall von Garantien als reine Kann-Geschichte und nicht etwa als Verbot. Wem Sicherheit in Form von garantierten Beträgen und Zinsen wichtig ist, der soll nach wie vor Produkte mit Garantien auswählen können.

Mehr Konkurrenz

Produkte sollen standardisierte Anforderungen erhalten. Damit werden sie besser vergleichbar, und der Konkurrenzdruck zwischen den Anbietern wächst. Zusätzlich verstärkt wird das dadurch, dass Sparer einfacher und günstiger sowohl in der Spar- als auch in der Auszahlphase die Produkte wechseln können. Am Ende soll das die Kosten in der gesamten Produktlandschaft drücken.

Weniger Förder-Bürokratie

Grundsätzlich soll der Staat künftig ähnlich fördern wie bisher beim Riester: Untere Einkommensgruppen, junge Menschen und Eltern von Kindern oder Azubis sollen besonders hohe Förderquoten erreichen. Beiträge bleiben außerdem als Sonderausgaben absetzbar, dafür aber die Rente steuerpflichtig (nachgelagerte Besteuerung). Kapitalerträge sollen für alle geförderten Vorsorgeprodukte steuerfrei bleiben.

Aber: Für die erforderlichen Mindestbeiträge soll es einfachere Regeln geben. Die Kinderzulage soll auf 300 Euro vereinheitlicht und der Höchstbetrag für absetzbare Sonderausgaben erhöht werden (Auf 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Rente). Selbstständige sollen zusätzlich förderfähig werden, sobald sie zur gesetzlichen Rentenversicherung verpflichtet sind (mit Opt-out-Möglichkeit).

Mehr Entnahme

In der Auszahlphase sollen Sparer höhere Beträge entnehmen (Teilauszahlung), Auszahlpläne vereinbaren und Geld in die selbstgenutzte Immobilie stecken können.

Außerdem soll die Regierung prüfen, ob man private und gesetzliche Vorsorge nicht auch koppeln kann. Dann könnten Sparer ihr privates Vorsorgevermögen nutzen, um die volle gesetzliche Rente nach hinten zu verschieben oder um zusätzliche Entgeltpunkte sozusagen zu kaufen.

Mehr Transparenz

Private förderfähige Altersvorsorgeprodukte sollen ein erweitertes Zertifizierungsverfahren durchlaufen. Das soll verdeutlichen, wie es um qualitative und quantitative Eigenschaften bestellt ist, zum Beispiel Risikostreuung, Kosten und die erwähnten Garantien.

Die entsprechenden Produkt-Infos für Spar- und Auszahlphase sollen Sparer über „eine unabhängige, digitale und kostenlos zugängliche Vergleichsplattform in verständlicher Form“ abrufen können. Außerdem sollen sie sich unabhängig und individuell zu ihrer Vorsorge beraten lassen können.

Anmerkung zur Riester-Rente: Alle Vorschläge sollen auch für bestehende Riester-Verträge gelten. Wobei am Ende natürlich nur die Vertragspartner die Verträge wirklich ändern können.

Kein Staatsfonds

Es gab mal die Idee, dass auch der Staat einen Investmentfonds anbieten könnte. In den sollten dann alle Vorsorger automatisch sparen, wenn sie nichts anderes verlangen (Opt-out). Doch die Fokusgruppe entschied mit Mehrheit, dass das keine gute Idee ist. Man solle das Modell nicht mehr weiterverfolgen, heißt es.

Der gesamte Abschlussbericht ist übrigens 132 Seiten dick. Sie können ihn hier herunterladen.

autorAutor
Andreas

Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

kommentare
info@prof-bockholt.de
Vor 10 Monaten

Wenn ich einem anderen, sei es ein Investmentfonds, ETF, AIF, Lebensversicherung, einer bAV, Bank usw. mein Geld zur Kapitalanlage gebe, so muss mich diese Institution bei der Angebotsabgabe, beim Abschluss, der laufenden Verwaltung und bei der Auszahlung permanent und transparent vor Kosten, nach Kosten und nach Steuern Jahr für Jahr komplett informieren, damit der Kunde weiß, was auf ihn zukommt. Das geht auf maximal 3 Seiten inklusive Chancen- und Risikohinweisen, wird aber vom Bundestag und von der Lobby permanent negiert. Prof. Heinrich Bockholt, Koblenz
herzlichen Dank an Herrn Harms für seinen Artikel

Wilfried Strassnig Versicherungsmakler
Vor 9 Monaten

Wenn Über Fokus Garantien wegfallen dürfen und Bürokratie reduziert werden kann, ist ja auch für bestehende BAV-, Riester-diverse Gruppenverträge, Versorgungswerke möglich. Auf einen Schlag sind Verlustverträge in der Gewinnzone. Förderungen und lebenslange Renten sollten identisch sein. Auch die Chance auf Vererbung im Todesfall. Alles ist schon vorhanden und eingespielt.
Was angeblich nur in NEUEN Produkten möglich ist, hat man ja von der Politik bewusst geblockt. Mit dem Zwang über Staatsanleihen (Garantien die 100%ig Rendite im Keim erstickte) immer mehr Staat zu finanzieren hat man die Bürger unisono in Armut transferiert. Alles ist da. Idiotenregeln beseitigen, zack -fertig, los!

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Vor 10 Monaten

Wenn ich einem anderen, sei es ein Investmentfonds, ETF, AIF, Lebensversicherung, einer bAV, Bank usw. mein Geld zur Kapitalanlage gebe, so muss mich diese Institution bei der Angebotsabgabe, beim Abschluss, der laufenden Verwaltung und bei der Auszahlung permanent und transparent vor Kosten, nach Kosten und nach Steuern Jahr für Jahr komplett informieren, damit der Kunde weiß, was auf ihn zukommt. Das geht auf maximal 3 Seiten inklusive Chancen- und Risikohinweisen, wird aber vom Bundestag und von der Lobby permanent negiert. Prof. Heinrich Bockholt, Koblenz
herzlichen Dank an Herrn Harms für seinen Artikel

Wilfried Strassnig Versicherungsmakler
Vor 9 Monaten

Wenn Über Fokus Garantien wegfallen dürfen und Bürokratie reduziert werden kann, ist ja auch für bestehende BAV-, Riester-diverse Gruppenverträge, Versorgungswerke möglich. Auf einen Schlag sind Verlustverträge in der Gewinnzone. Förderungen und lebenslange Renten sollten identisch sein. Auch die Chance auf Vererbung im Todesfall. Alles ist schon vorhanden und eingespielt.
Was angeblich nur in NEUEN Produkten möglich ist, hat man ja von der Politik bewusst geblockt. Mit dem Zwang über Staatsanleihen (Garantien die 100%ig Rendite im Keim erstickte) immer mehr Staat zu finanzieren hat man die Bürger unisono in Armut transferiert. Alles ist da. Idiotenregeln beseitigen, zack -fertig, los!

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