Senior-Portfoliomanager David Wehner, Do Investment: „Das hätten wir uns vor zwei oder drei Jahren nicht vorstellen können“ © Do Investment
  • Von Andreas Harms
  • 10.01.2023 um 12:18
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Wer hatte 2022 schon einen derartigen Kursrutsch bei Aktien und Anleihen auf dem Zettel? Nicht viele. Auch nicht David Wehner, wie er im Interview einräumt. Der Senior-Portfoliomanager betreut für Do Investment Geld von Privatanlegern, Versicherern und Pensionsfonds. Hier spricht er über das neue Renditehoch, den Unterschied zur Finanzkrise und die zukünftige Inflation.

Pfefferminzia: Herr Wehner, war das Jahr 2022 eher gut, weil die Finanzwelt wieder einigermaßen normal wirkt? Oder war es schlecht, weil es gekracht hat?

David Wehner: Genau diese beiden Herzen schlagen in meiner Brust. Für einen Fondsmanager mit Anleihen war es das schwierigste Jahr seit der Finanzkrise. Die Zentralbanken haben gezeigt, wie schnell sie die Zinsen erhöhen können. Das hat viele auf dem falschen Fuß erwischt.

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Und die Kurse sinken lassen. Seitdem gibt es Renditen über null.

Wehner: Und dabei ist es sogar egal, ob wir über Unternehmensanleihen oder Pfandbriefe sprechen. Wir bekommen für eine einjährige Bundesanleihe wieder 2,7 Prozent und für drei- bis vierjährige Pfandbriefe sogar 3,25 bis 3,75 Prozent. Das hätten wir uns vor zwei oder drei Jahren nicht vorstellen können. Da rentierten Bunds noch mit minus 0,6 Prozent.

Und welche Durchschnittswerte hat Ihr Portfolio zurzeit?

Wehner: Die Duration liegt bei 6,8 Jahren …

… was eher lang sein dürfte.

Wehner: Genau. Das Rating beträgt im Schnitt AA+ und die Rendite 2,25 Prozent.

Die Inflation liegt höher.

Wehner: Selbstverständlich. Aber wir müssen hier erst einmal nominal argumentieren, und dann lautet die Nachricht: Wir müssen für Rendite nicht mehr die wildesten Sachen machen, die wir vielleicht nie machen wollten. Hochzinsanleihen, Schwellenländeranleihen oder ähnliches. Wir können uns wieder auf ganz klassische, hochliquide und hochwertige Anlagen konzentrieren.

„… nur Dinge, die wir verstehen und nachvollziehen können“

Haben Sie denn wilde Sachen gemacht?

Wehner: Nein.

Warum nicht?

Wehner: Unser Konzept bei Do Investment beruht nur auf Dingen, die wir verstehen und nachvollziehen können. Wir investieren in Unternehmen, Staatsanleihen und Pfandbriefe, bei denen man ruhig schlafen kann. Wir sind uns einfach sehr sicher, dass zum Beispiel VW seine Anleihen zurückzahlen kann. Das können wir bei Staatsanleihen aus Südamerika schon rein aus politischen Gründen bei weitem nicht so gut einschätzen.

Aber die eine oder andere Hochzinsanleihe haben Sie trotzdem mal gekauft?

Wehner: Ja, wenn wir das Risiko einschätzen konnten. Zum Beispiel bei herabgestuften Unternehmen, sogenannten Fallen Angels. Wir haben auch bei Anleihen ohne Rating durchaus zugegriffen, wenn wir die Emittenten überprüfen konnten. Das war zum Beispiel bei dem Autovermieter Sixt der Fall, ein absolut valides Unternehmen.

Seite 2: „Diese Krise hatte einen anderen Auslöser als die Finanzkrise“

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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