Rund 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Politik und Branche kamen zum 19. AfW Hauptstadtgipfel in Berlin zusammen. © AfW
  • Von Lorenz Klein
  • 30.11.2022 um 15:51
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Sag, wie hältst du es mit der Vermittlerregulierung und -vergütung? Führende Finanzpolitikerinnen und -politiker haben sich im Rahmen des 19. AfW-Hauptstadtgipfels positioniert und erklärt, welche Regulierungsschritte sie für sinnvoll halten – und welche nicht.

Die Themen des Hauptstadtgipfels, zu dem der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung traditionell im November einlädt, waren auch beim 19. Aufeinandertreffen breit gefächert, aber nicht überraschend: Aktienrente, Zukunftsfinanzierungsgesetz, Riester-Reform und nicht zuletzt ein mögliches Provisionsverbot aus Brüssel galt es mit den Finanzexperten von FDP, SPD und CDU zu diskutieren. Die Grünen fehlten als einzige Ampelpartei in Berlin.

„Nach dem Provisionsrichtwert ist vor einem möglichen Provisionsverbot“, setzte AfW-Vorstand Frank Rottenbacher den Ton in seiner Begrüßung der rund 60-köpfigen Teilnehmerschar, die sich vor allem aus den Repräsentanten der AfW-Förderkreisunternehmen zusammensetzte. Ein Provisionsverbot sei für die Anlageberatung im Rahmen von Mifid II – also damit indirekt auch für 34f-Vermittlerinnen und -vermittler – „ernsthaft wieder im Gespräch“, sagte Rottenbacher.

„Das Thema galt auf nationaler Ebene als erledigt, doch nun gibt es neue Bestrebungen in Brüssel, EU-weit ein Verbot der Provisionsberatung einzuführen“, führte der AfW-Vorstand aus. Schon im Januar könnte im „worst case“ ein Verordnungsentwurf der EU-Kommission auf dem Tisch liegen, warnt der Vermittlerverband dann auch in einer Mitteilung. Darin hat der AfW die aus seiner Sicht wichtigsten Ereignisse des Abends zusammengefasst. „Die deutsche Haltung zu dem Thema muss klar und eindeutig sein und auch in Brüssel kommuniziert werden“, appellierte Rottenbacher an die geladenen Finanzexperten der Parteien.

FDP wünscht sich mehr Kapitaldeckung

Anja Schulz, Berichterstatterin für Alterssicherung in der FDP-Bundestagsfraktion und von Haus aus selbstständige Finanzberaterin, bekannte laut AfW, dass seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine einige Themen in den Hintergrund gedrängt worden seien – dennoch habe man wichtige finanzpolitische Vorhaben in Angriff genommen.

„Die Aktienrente wird im Haushalt für 2023 verankert, wir werden dazu 10 Milliarden Euro für die Stabilität der Beitragssätze für die gesetzliche Rente aufbringen“, wird die FDP-Politikerin zitiert. Da dies nicht ausreichend sei, könnte man zusätzliche Sacheinlagen wie Bundesbeteiligungen zweckgebunden in die Aktienrente übertragen, so Schulz weiter.

Das Rentenniveau in Höhe von 48 Prozent soll zudem für die laufende Legislatur garantiert werden, der Beitragssatz auf nicht mehr als 20 Prozent steigen. „Wir brauchen mehr Kapitaldeckung in allen Bereichen“, fasste der AfW die Grundhaltung der Liberalen zusammen. Demnach soll das im ersten Halbjahr 2023 anstehende Zukunftsfinanzierungsgesetz den Kapitalstandort Deutschland im internationalen Vergleich stärken. Schulz ging dazu noch weiter ins Detail: „Wir planen einen Freibetrag für Gewinne und Veräußerungen von Aktien beziehungsweise Fondsanteilen zu schaffen und wir wollen die Verlustverrechnung von Aktiengeschäften erleichtern. Die Arbeitnehmersparzulage soll erhöht werden und die Regelung zu Mitarbeiterkapitalerträgen attraktiver gestaltet werden.“ Ziel sei unter anderem die Hemmschwelle der Bevölkerung zu senken, für die Altersvorsorge in den Kapitalmarkt zu investieren.

Liberale sehen großen Beratungsbedarf in der dritten Säule

Schulz‘ FDP-Kollege Florian Toncar, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, führte aus, dass in dieser Legislaturperiode Reformen in allen drei Säulen der Altersvorsorge anstünden. Neben der Aktienrente werde gemeinsam ein Fachdialog von Bundesarbeits- und -finanzministerium für die betriebliche Alterssicherung geführt. „Wir erwägen in der zweiten Säule höhere Renditechancen zuzulassen“, wird der FDP-Politiker zitiert. Zudem werde das Sozialpartnermodell stärker in den Fokus genommen. Dort geht es um ein Finanzierungsmodell, bei dem Arbeitgeber Beiträge zahlen, ohne dauerhaft für die Performance der Anlage einstehen müssten. Ein solches Modell solle zu einer breiteren Akzeptanz für die betriebliche Alterssicherung führen.

„Am meisten Beratungsbedarf besteht derzeit noch in der dritten Säule“, räumte Toncar ein. Die FDP trete dafür ein, dass die drei Säulen der Altersvorsorge nicht vermischt werden und der Staat nicht in Konkurrenz zu privaten Anbietern trete. Eine von der Bundesregierung eingesetzte Fokusgruppe, in der Branchenvertreter, Wissenschaftler, Sozialpartner und Verbraucherschützer vertreten sein werden, soll gemeinsam die aktuellen Regelungen und Produkte auf den Prüfstand stellen (wir berichteten). Bis zum Sommer 2023 sollen Ergebnisse vorliegen, auf deren Basis man Änderungen an den Stellschrauben etwa der geförderten Altersvorsorge diskutieren werde, gibt der AfW die Stellungname Toncars wieder.

SPD: „Wir brauchen eine Art Bundeszentrale für finanzielle Bildung“

Frauke Heiligenstadt, Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion für die private Altersvorsorge und stellvertretende finanzpolitische Sprecherin, machte laut AfW „kein Geheimnis aus der Tatsache, dass ihre Partei vor allem die erste Säule der Altersvorsorge stärken möchte und die dritte Säule eher nachrangig diskutiert werde“. Ein Positionspapier zum Thema private Altersvorsorge der SPD gebe es derzeit daher noch nicht. Daran werde aber mit externen Experten in den nächsten Wochen gearbeitet, hieß es auf dem Hauptstadtgipfel. Dennoch habe sich Heiligenstadt angesichts der niedrigeren Rentabilität klar für eine grundlegende Reform der Riester-Rente und den Abbau bürokratischer Hürden ausgesprochen, wie es weiter hieß. So sei die Garantie häufig als ein großer Hemmschuh für die Rentabilität der Verträge benannt worden. Der Bestand der Riester-Verträge stagniere weitgehend, die Anzahl der Anbieter sei zudem mittlerweile überschaubar.

Seite 2: CDU-Politiker Brodesser kämpft weiter gegen ein Provisionsverbot

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Lorenz

Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

kommentare
stefan hansen
Vor 1 Jahr

Wieso hat der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung nicht die AfD eingeladen? 10-15% der Finanzdienstleister/-Versicherungsmakler wählen AfD, ob es Euch passt oder nicht. Die haben ein Recht darauf, von Ihrer Partei angemessen vertreten zu werden. Ich fordere den Bundesverband daher auf, dies bei den nächsten Einladungen zu berücksichtigen

Eurone
Vor 1 Jahr

Ich vermisse die einzig relevante Partei, die noch in der Lage wäre, dieses geschundene Land und seine wirtschaftliche Entwicklung zu retten – die AfD –
Was soll denn das Geschwurbel der für diesen Wahnsinn seit vielen Jahren verantwortlichen Sauhaufen?

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stefan hansen
Vor 1 Jahr

Wieso hat der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung nicht die AfD eingeladen? 10-15% der Finanzdienstleister/-Versicherungsmakler wählen AfD, ob es Euch passt oder nicht. Die haben ein Recht darauf, von Ihrer Partei angemessen vertreten zu werden. Ich fordere den Bundesverband daher auf, dies bei den nächsten Einladungen zu berücksichtigen

Eurone
Vor 1 Jahr

Ich vermisse die einzig relevante Partei, die noch in der Lage wäre, dieses geschundene Land und seine wirtschaftliche Entwicklung zu retten – die AfD –
Was soll denn das Geschwurbel der für diesen Wahnsinn seit vielen Jahren verantwortlichen Sauhaufen?

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