Behandlung beim Arzt: Mit Wahltarifen können Versicherte auch nützliche Zusatzleistungen in der GKV erhalten. © Getty Images
  • Von Oliver Lepold
  • 18.06.2018 um 08:54
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Gesetzlich Versicherte können in Wahltarife wechseln, um Zusatzleistungen oder Prämienzahlungen zu erhalten. Doch nicht für alle lohnt sich dieser Weg. Pfefferminzia klärt auf.

Wahltarife sind „in“ – und viele gesetzliche Kassen stellen ihre Zusatzleistungen entsprechend heraus, beispielsweise wie man beim Arzt quasi zum Privatpatienten aufsteigen kann. Die Voraussetzung: der Versicherte wechselt in einen Tarif mit Kostenerstattung und trägt die zusätzlichen Kosten selbst. Der Wahltarif deckt dann einen Teil der zusätzlichen Kosten ab und hält das finanzielle Risiko überschaubar. Die rechtlichen Grundlagen für Wahltarife sind im Sozialgesetzbuch V in Paragraf 53 geregelt. Dort steht, welche Wahltarife angeboten werden müssen und welche die Krankenkassen zusätzlich anbieten können.

Zu den Pflichtangeboten gehören die Hausarztversorgung, bei der sich Versicherte verpflichten, bei Beschwerden stets als erstes den Hausarzt aufzusuchen und nicht ohne Überweisung Fachärzte zu konsultieren. Auch Tarife mit Krankengeld für Selbstständige, die integrierte Versorgung mit der Koordination von Ärzten, Klinken und Reha-Zentren zum Beispiel bei Herz- oder Krebserkrankungen sowie strukturierte Behandlungsprogramme für chronisch Kranke gehören dazu.

Cash-back-Tarife sind besonders beliebt

Zu den freiwilligen, individuell ausfallenden Angeboten der Kassen gehören Wahltarife mit Beitragsrückerstattung, Kostenerstattung oder mit Selbstbehalt. Bei letzterem zahlen Versicherte im Falle einer Behandlung einen Teil der Kosten selbst, dafür erhalten sie eine Geldprämie von maximal 600 Euro pro Jahr. „Solche Cash-back-Tarife sind besonders beliebt. Man zahlt keinen Mehrbeitrag, hat aber die Chance auf eine Erstattung. Sollte man doch Leistungen beanspruchen müssen, ist man regulär versichert und hat keine Nachteile, bis auf die Bindungsfrist von einem Jahr“, erklärt Christoph Lampe, unabhängiger Krankenversicherungsexperte und Geschäftsführer von KV-Coach. Vorsorgeleistungen sowie sämtliche Leistungen für familienversicherte Minderjährige sind nicht betroffen.

Vorsicht ist hingegen bei Wahltarifen gemäß Paragraf 53 (7) SGB V geboten, da sie im Gegenzug für eine kleine Prämie bestimmte Leistungen von der Versorgung ausschließen. Dies sollten Makler bei der Beratung unbedingt berücksichtigen. Zudem sind manche Wahltarife mit dreijährigen Bindungsfristen an die Kasse gekoppelt, etwa bei Krankengeldtarifen. „Die finanziellen Risiken umfassen dabei die Mehrkosten sowie die Leistungseinschränkungen eines Krankengeldtarifs im Vergleich zum Krankentagegeld der PKV sowie ein möglicherweise die Beitragsersparnis übersteigender Selbstbehalt“, schildert Lampe.

Gerne vergessen wird zudem, dass die Kassen sämtliche Vorteile dem Finanzamt melden müssen und somit der steuerliche Abzug gemindert wird. „Faktisch bleibt also bei hoher Steuerprogression im schlechtesten Fall nur knapp die Hälfte der Ersparnis. Während etwa eine Selbstbeteiligung steuerlich gar nicht geltend gemacht werden kann, sofern sie die zumutbare Belastung gemäß Steuerrecht nicht überschreitet“, führt der Experte aus.

Chancen und Risiken angemessen bewerten

Bei der Wahl einer gesetzlichen Kasse oder einem möglichen Wechsel sollten daher Zusatzleistungen und Wahltarife angemessen bewertet werden. Alle kassenindividuellen Zusatzleistungen, die ausschließlich in der Satzung geregelt sind, können schließlich jederzeit gestrichen werden. Dann muss die Kasse womöglich erneut gewechselt werden.

„Keinesfalls wechseln sollten Versicherte, die aufgrund sehr spezifischer Diagnosen oder anstehender Behandlungen bereits umfangreiche Absprachen mit ihrer bisherigen Kasse getroffen haben. Ebenso sollten alle Leistungen gegenübergestellt werden“, rät Lampe. Wer zum Beispiel auf eine Geschäftsstelle vor Ort nicht verzichten möchte, habe in der Regel nur die Auswahl unter sehr großen oder aus seiner Region stammenden Kassen.

Mit einem breiten Angebot an Wahltarifen bieten einzelne Krankenkassen Spielräume, die GKV individuell und flexibler zu gestalten – je nach Lebensphase und Situation. So können Versicherte auch mehrere Wahltarife gleichzeitig wählen. Ihr maximaler Vorteil liegt gesetzlich festgelegt bei 900 Euro pro Jahr. Davon dürfen maximal 600 Euro aus Cash-Back-Tarifen stammen. Experten bestätigen, dass gesunde Kunden von einer Prämienzahlung erheblich mehr profitieren können als von einem niedrigeren Zusatzbeitrag, das ebenfalls ein wichtiges Auswahlkriterium ist. Dies gilt umso mehr, wenn ab 2019 der Zusatzbeitrag wieder paritätisch finanziert wird.

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Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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