CDU-Politiker Carsten Brodesser während einer Diskussionsrunde zur Zukunft der Finanzberatung. © Standard Life
  • Von Oliver Lepold
  • 04.10.2019 um 12:30
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Carsten Brodesser, Mitglied des Bundestages und CDU-Finanzexperte, sprach mit Pfefferminzia über den Sachstand der Vermittler-Regulierung und den Konflikt um den geplanten Provisionsdeckel in der Lebens- und Restschuldversicherung.

Pfefferminzia: Bleibt es dabei, dass sich die CDU gegen den Provisionsdeckel in seiner jetzigen Form ausspricht?

Carsten Brodesser: Wir haben derzeit in der großen Koalition einen Dissens. Wir erkennen im Provisionsdeckel keinen Mehrwert. Die durchschnittliche Vergütung der Vermittler liegt bei 3,78 Prozent, es gibt keine Beschwerdequoten. Wir befürchten, dass mit der Einführung eines Provisionsdeckels eine überbordende Bürokratie entsteht, die am Ende der Versicherungsnehmer zu zahlen hat. Wie soll ein Makler/Berater in der Vergütungssäule 2, also dort, wo ich mehr als 2,5 Prozent aber maximal 4 Prozent verdienen kann, anhand von nicht näher beschriebenen Kriterien nachweisen, dass er sich diese 1,5 Prozent hinzuverdienen kann? Da macht sich das Ministerium einen schlanken Fuß.

Was schlagen Sie vor?

Wir haben als CDU/CSU-Fraktion vorgeschlagen, nur minimal einzugreifen. Wir glauben, dass die Vermittler überwiegend sauber arbeiten und einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Aufgabe leisten, Menschen von der Altersvorsorge zu überzeugen. Sie müssen fair bezahlt werden. Und sollte es tatsächlich hier und da ein schwarzes Schaf geben, besteht heute schon das Instrumentarium seitens der Bafin, regulativ einzugreifen.

Wir möchten, dass die Versicherer in einer Tabelle melden, wer wie viel verdient, damit wir die unterschiedliche Fertigungs- und Beratungstiefe berücksichtigen. Nehmen wir etwa die Durchschnittsprovision von 3,78 Prozent und legen 30 Prozent obendrauf. Dann kann ich den Makler, der Mehrleistung erbringt, auch besser verbuchen als den AO-Vermittler. Dann lassen sich auch die wenigen schwarzen Schafe identifizieren, regulieren und scheren.

Es gab viel Kritik daran, dass Bafin und Bundesfinanzministerium Lebensversicherungen und Restschuldversicherungen vermengt haben. Können Sie sich hier einen kleineren Nenner vorstellen?

Ich hatte schon Zweifel, als wir aufgrund einer kleinen Anfrage der FDP in den einzelnen Vermittlergattungen auf einmal Provisionssätze in der Spitze von 9 oder 10 Prozent gesehen haben. Da haben reihenweise Makler bei mir im Büro angerufen und gefragt: ,Herr Brodesser, welcher Versicherer zahlt denn 9 bis 10 Prozent? Für den würden wir auch gerne arbeiten.‘ Wir haben dazu eine Frage an das BMF gestellt, die Antwort steht noch aus. Wir glauben, dass es hier zu einem methodischen Fehler gekommen ist. Wenn dieser Fehler ausgemerzt ist, werden ganz andere Provisionssätze im Raum stehen. Maßgeblich ist doch die Vergütung, die für die Vermittlung eines individuellen kapitalbildenden Tarifs bezahlt wird.

Wie soll die Restschuldversicherung reguliert werden?

Was dort passiert, ist sittenwidrig. Große Banken haben eingeräumt, dass die hohen Provisionssätze von teils über 70 Prozent der Prämie ausschließlich dafür vereinnahmt wurden, um das vermittelte Darlehen optisch im Nominalzins zu reduzieren oder um Zusatzerträge zu generieren – zur Finanzierung der Bankenstruktur. Das kann nicht das Problem des Verbrauchers sein. Daher befürworten wir einen doppelten Deckel, das heißt die 2,5 bis 3 Prozent Provision, die vorgeschlagen sind, dürfen höchstens 50 Prozent der Gesamtprämie ausmachen. Denn sonst könnten die Banken sagen, wenn sie nicht mehr so viel Geld pro Stück erhalten, beraten sie schlechter und vielleicht nur noch zu einem Teilrisiko.

Welche Pläne haben Sie, um die private Altersvorsorge zu fördern?

Es ist die Aufgabe des Staates, alle Menschen abzuholen. Derzeit haben wir bei Riester nur weniger als 50 Prozent der Förderberechtigten erreicht und auch nicht 100 Prozent aller Bürger gefördert. Ich bin für die Gleichbehandlung, dass auch Selbstständige in den Adressatenkreis der Förderung aufgenommen werden. Wir müssen zudem die Komplexität des Produktes reduzieren. Kunden sind mündig, aber nicht alle brauchen eine Beitragsgarantie. Da gibt es einen ganzen Strauß an Verbesserungsmöglichkeiten. Möglichst alle Menschen sollten auch in der zweiten und dritten Säule der Altersvorsorge investieren.

Wie beurteilen Sie den geplanten Wechsel der Aufsichtsbehörde für Finanzanlagevermittler?

In den vergangenen Jahren ist die Branche überbordend belastet worden. Jetzt droht durch die Übertragung der Finanzanlagenvermittler an die Bafin eine weitere Regulierung. Es kann nicht sein, dass hier eine Gesetzgebung aus purem Selbstzweck durchgeführt wird. Ich erkenne keinen Mehrwert darin. Noch reichen Vermittler jährlich ein Testat ein, das die Paragrafen 12 bis 23 der Finanzanlagenvermittlungsverordnung zu erfüllen hat – das soll künftig wohl entfallen. Die Bafin soll dann nur noch selektiv prüfen. Wo liegt dann die Leistung der Bafin gegenüber dem Vermittler, der nicht kontrolliert wird?

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Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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