Eingang zum Oberlandesgericht Dresden: Urteil gefällt, ob Makler wirklich unabhängig sind © picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert
  • Von Andreas Harms
  • 18.11.2025 um 17:45
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Makler dürfen sich nicht als unabhängig bezeichnen, wenn sie Provision erhalten. So haben es die Richter in Dresden entschieden. Wie sollten sie nun darauf reagieren? Und worauf achten? Der Branchenverband AfW ordnet ein und gibt Tipps, und Branchenkommentator Stephan von Heymann beruhigt die Pferde.

Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hat entschieden: Wenn ein Versicherungsmakler Provision von Versicherungsunternehmen erhält, darf er nicht mit dem Begriff „unabhängig“ werben. Wettbewerbsrechtlich führe das in die Irre. Das Urteil fiel am 28. Oktober 2025 (Aktenzeichen: 14 U 1740/24).

Das Prekäre daran: Es ist absolut branchenüblich, dass Makler Provision von Versicherern bekommen. Weshalb das Urteil quasi alle betrifft. Es reiht sich in eine Reihe ähnlicher Urteile ein, die das OLG München (2020), das OLG Köln (2024) und das Landgericht Köln (2025) fällten.

In diesem Fall hatte ein Makler aus Chemnitz im Internet mit folgenden Worten geworben: „Dein unabhängiger Versicherungsmakler in Chemnitz … Bei uns erwartet dich transparente und unabhängige Beratung zu allen Versicherungen auf Augenhöhe. Als unabhängiger Versicherungsmakler handeln wir stets in deinem Interesse und nicht im Interesse einer Versicherungsgesellschaft.“

Das und noch einiges mehr missfiel dem Verbraucherzentrale Bundesverband, weshalb er dagegen klagte (das ganze Urteil gibt es hier).

Das LG Leipzig hatte die Klage noch abgewiesen. Der Verband ging jedoch in Dresden in Berufung und hatte damit Erfolg.

Laut Gericht verstehen viele Verbraucher unter „unabhängig“, dass der Makler seine Dienstleistung ohne finanzielle Vorteile durch die Versicherer erbringt. Das Wort schließe die Möglichkeit aus, dass er durch die Provision Eigeninteresse entwickelt. Weshalb allein dieses Wort bei Verbrauchern falsche Vorstellungen erzeuge und ihre geschäftliche Entscheidung beeinflusse.

Wirklich unabhängig seien nur Versicherungsberater. Denn sie dürfen nach Paragraf 34d Absatz 2 der Gewerbeordnung (GewO) keine Provisionen annehmen.

Es wundert nicht wirklich, dass sich die Branche nicht sehr begeistert von dem Urteil zeigt. So erkennt der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung zwar an, wie wichtig der erste Eindruck im Werbekontext ist. Er zweifelt jedoch an, dass Verbraucher genau das erwarten, was das Gericht meint.

Tipps vom AfW

Der Geschäftsführende AfW-Vorstand Norman Wirth bemängelt: „Versicherungsmaklerinnen und -makler sind gesetzlich ausdrücklich als Sachwalter ihrer Kundinnen und Kunden definiert – sie stehen rechtlich auf der Seite der Verbraucher, nicht der Produktgeber. Dass diese gesetzlich verankerte Stellung durch eine rein auf eine vermeintliche Verbrauchererwartung bezogene, wettbewerbsrechtliche Betrachtung unterlaufen wird, ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar.“

Wie sollten Makler auf das Urteil reagieren? Der AfW empfiehlt:

  • Verzichten Sie auf den Begriff „unabhängig“ in Werbung, Online-Präsenz, Broschüren und Anzeigen, wenn Sie Courtagevergütung erhalten.
  • Betonen Sie stattdessen konkret Ihre Leistungen, zum Beispiel: Vermittlung aus breitem Marktangebot oder das Fehlen von vertraglichen Bindungen an Produktgeber.
  • Prüfen Sie Ihre Außenkommunikation sorgfältig – insbesondere Webauftritte, Social Media, Google Ads und Printmaterialien.
  • Stellen Sie sicher, dass die Kundenerstinformation aktuell und leicht auffindbar ist.

Wie Vermittlerkreise das Urteil sehen, ergänzt Wirths Kanzleikollege bei Wirth-Rechtsanwälte, Tobias Strübing: „Viele Makler verstehen unter ‚unabhängig‘ vor allem die freie Anbieterwahl ohne Bindung an einen Versicherer. Dass schon die übliche Courtage den Begriff unzulässig macht, halten viele für überzogen. Dennoch sollten Vermittler dieses Wort nun sicherheitshalber aus ihrer Werbung streichen, um Abmahnungen zu vermeiden.“

Eher pragmatisch zeigt sich Branchenkommentator Stephan von Heymann. Er rät dazu, das Urteil einfach zur Kenntnis zu nehmen und gibt den Richtern sogar ein Stück weit Recht. So schreibt er in seinem Blog: „[…] Versicherer üben – bewusst oder unbewusst – Einfluss aus. Sei es durch finanzielle Anreize, da Provisionssätze nicht immer völlig einheitlich sind, durch Veranstaltungen, Kamingespräche oder andere Formen persönlicher Nähe […]“

Im Übrigen: Wer als Makler gute Arbeit leistet, brauche das Wort auch nicht zwingend als Werbebotschaft, so von Heymann.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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