Rainer Ebenkamp, Leiter Gesundheit Vertriebsunterstützung bei der Gothaer © Gothaer
  • Von René Weihrauch
  • 29.09.2022 um 09:05
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Kaum ein anderes Produkt hat in den vergangenen Jahren ein solches Interesses erzeugt wie die betriebliche Krankenversicherung (bKV). Welche Gründe gibt es dafür? Was genau fragen Kunden nach? Und wie geht es in Zukunft weiter? Antworten gibt Rainer Ebenkamp, Leiter Gesundheit Vertriebsunterstützung bei der Gothaer.

Pfefferminzia: 2021 boten 18.200 Unternehmen ihren Beschäftigten eine betriebliche Krankenversicherung (bKV) an, die Zahl der Versicherten erreichte 1,6 Millionen – neue Höchststände. Lässt sich schon absehen, ob es 2022 weiter aufwärts geht?

 Rainer Ebenkamp: Nach unseren Zahlen und nach allem, was ich vom Markt mitbekomme, läuft es weiter sehr gut. Trotz Corona, trotz großer Unsicherheiten durch die Energiekrise haben wir hohe Wachstumsraten. Für die Gothaer kann ich sagen, dass wir nach dem Rekordjahr 2021 das Neugeschäft bis August 2022 noch einmal um 60 Prozent steigern konnten. Auch von unseren Mitbewerbern höre ich gute Zahlen – alles Indizien dafür, dass es weiter steil aufwärts geht.

Bedeutet das, dass der Zug für Maklerinnen und Makler langsam abgefahren ist – oder lohnt es sich noch aufzuspringen?

 Ich würde sagen, der Zug hat gerade erst den Bahnhof verlassen und bietet noch viel Platz für weitere Fahrgäste. Trotz der eben angesprochenen guten Zahlen haben wir bei Unternehmen mit mindestens zehn Mitarbeitern bisher eine Marktdurchdringung von lediglich 4 Prozent. Bei der Gothaer bieten wir bKV-Verträge bereits für Betriebe ab fünf Mitarbeitern, da ist die Durchdringung noch geringer. Für Makler ist es deshalb sicher eine Überlegung wert, sich dem Thema zu öffnen. Denn der Aspekt Gesundheit ist nicht nur in der Gesellschaft angekommen, sondern auch in den Belegschaften – und wird den Mitarbeitenden immer wichtiger. Die betriebliche Krankenversicherung ist deshalb für Arbeitgeber als Hebel im Recruiting hoch attraktiv. bKV-Leistungen sind unmittelbar und regelmäßig erlebbar. Kaum ein Mittel ist so geeignet, um auf den Arbeitskräftemangel zu reagieren, zumal Beiträge inzwischen ja wieder als Sachzuwendung gelten und damit bis zu einer Höhe von 50 Euro steuerfrei sind.

Besonders erfolgreich sind seit einiger Zeit Budgettarife. Woran liegt das?

 Bei Budgettarifen erleben Versicherte den Nutzen einer bKV mehrmals jährlich, beispielsweise bei der Zahnreinigung, bei Medikamenten oder bei Vorsorgeuntersuchungen. Außerdem erlauben Sie ein hohes Maß an individuellen Nutzungsmöglichkeiten. Ich warne aber davor, sich allein auf Budgettarife mit ihren immer wieder erlebbaren Leistungen zu konzentrieren und dabei die Absicherung von Hochkostenfällen wie Zahnersatz oder stationäre Behandlungen aus dem Blick zu verlieren. Am sinnvollsten ist in meinen Augen eine Kombination aus den beiden Kategorien Erlebbarkeit und Hochkostenabsicherung. Das sehen auch viele Unternehmen inzwischen so. Neben den üblichen Budgettarifen werden zunehmend zusätzliche Hochkostenbausteine nachgefragt. Generell geht die Markttendenz auch bei reinen Budgettarifen zu höherwertigen Angeboten mit mehr Leistungen. Bei der Gothaer haben wir im Premiumsegment zum Beispiel keine Deckelung bei Brillen und Zahnreinigung mehr. Versicherte können – wenn sie wollen – ihr gesamtes Budget dafür verwenden. Dass auch rezeptfreie Medikamente wie Ibuprofen und Aspirin mitversichert sind, ist eine weitere Neuerung.

Für welche Betriebe eignet sich die betriebliche Krankenversicherung nach Ihrer Erfahrung besonders? Mittelständler, große Unternehmen?

 Für alle. Wie gesagt, wir bieten Policen schon für Betriebe mit fünf Mitarbeitern an, haben jetzt aber auch spezielle Budgettarife für Unternehmen mit 500 und mehr Beschäftigten. Bei kleinen und mittleren Betrieben kommt natürlich der Vorteil ins Spiel, dass sie sich mit einer bKV möglicherweise von großen Arbeitgebern in der Region abgrenzen und ihre Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt damit steigern können.

Ein Blick in die Zukunft: Wie wird sich der bKV-Markt Ihrer Ansicht nach weiterentwickeln? Und wie muss sich die betriebliche Krankenversicherung an veränderte Rahmenbedingungen anpassen?

Ich glaube, der Trend zur bKV wird sich künftig noch verstärken. Die Durchdringungsquote wird erheblich steigen, weil immer mehr Unternehmen die Vorteile der bKV erkannt haben. Die betreffen ja nicht nur das Recruiting. Die betriebliche Krankenversicherung kann auch die Fehlzeiten in Betrieben senken, zum Beispiel durch die Kostenübernahme von Vorsorgeuntersuchungen. Hinzu kommt, dass eine wachsende Zahl von Vermittlern die bKV für sich entdecken und sich bei dem riesigen Potenzial ein Stück vom Kuchen sichern wollen. Anpassungsdruck sehe ich vor allem bei digitalen Angeboten. Leistungen in diesem Bereich werden an Bedeutung gewinnen. Das müssen bKV-Tarife in Zukunft noch stärker abbilden.

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René Weihrauch

René Weihrauch arbeitet seit 35 Jahren als Journalist. Einer seiner Schwerpunkte sind Finanz- und Verbraucherthemen. Neben Pfefferminzia schreibt er für mehrere bundesweit erscheinende Zeitschriften und international tätige Medienagenturen.

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