Auch dieses Restaurant in Nürnberg muss aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen bleiben. © picture alliance/Daniel Karmann/dpa
  • Von Lorenz Klein
  • 06.04.2020 um 10:22
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Im Konflikt über die Regulierung von Schäden durch Betriebsschließungen stehen die Zeichen auf Entspannung: Laut einer am Freitag in Bayern erzielten Kompromiss-Lösung haben sich einige Versicherer dazu bereit erklärt, einen Teil der Schäden zu übernehmen. Die bayerische Landesregierung hofft, dass sich weitere Versicherer der Initiative anschließen. Was die Einigung im Detail vorsieht, erfahren Sie hier.

Der öffentliche und brancheninterne Druck, vor allem durch Makler, auf die Versicherer ist offenbar zu groß geworden: Am Freitag einigten sich in München das bayerische Wirtschaftsministerium, der Hotel- und Gaststättenverband Bayern sowie die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft mit den Versicherern Allianz, Versicherungskammer Bayern, Haftpflichtkasse und Zurich auf ein gemeinsames Vorgehen, wie mit den Schäden aus Betriebsschließungen verfahren werden soll.

Der Kompromiss regelt nun, in welcher Höhe Betriebe, wie Hotels und Gaststätten, die aufgrund der Corona-Pandemie schließen mussten, entschädigt werden. Dabei sollen die verabredeten Regeln nach Möglichkeit nicht nur für Bayern gelten, sondern für ganz Deutschland. Die Nürnberger, die die Initiative ebenfalls mitträgt,  geht laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ von einem Schaden „im zweistelligen Millionenbereich“ aus. Weitere Gesellschaften dürften dem Beispiel folgen, mutmaßt die Zeitung.

Was genau sieht der Kompromiss nun vor?

Die Versicherer stellen gemeinsam einen dreistelligen Millionenbetrag zur Verfügung. Mit dieser Summe sollen 10 bis 15 Prozent der in den Betriebsschließungspolicen vereinbarten Tagessätze für maximal 30 Tage gezahlt werden, wie es heißt.

Konkret sieht die Rechnung nach Angaben des Versicherers Zurich so aus: „Staatliche Unterstützungsmaßnahmen, wie etwa Kurzarbeitergeld und Corona-Soforthilfen der Länder, fangen im Schnitt 70 Prozent des Schadens auf. Auf den verbleibenden durchschnittlichen wirtschaftlichen Schaden des Kunden von rund 30 Prozent wird Zurich eine Zahlung in Höhe der Hälfte, also 15 Prozent der vereinbarten Tagesentschädigung für die Dauer der versicherten Schließungszeit, maximal aber 30 Tage, zahlen.

Die Generali Deutschland hat wiederum einen separaten Nothilfefonds über 30 Millionen Euro aufgelegt, „um Kunden, Geschäftspartner und andere Stakeholder zu unterstützen“, zitiert die „Süddeutsche Zeitung“ den Versicherer. „Die Generali zählt neben Axa, R+V und Württembergischen zu den Versicherern, die für Betriebsschließungen nicht zahlen wollten“, schreibt die Zeitung weiter (hier geht es zum Ablehnungsschreiben der Württembergischen).

Zurich verteidigt Rechtsposition

Unabhängig von der nun gefundenen Lösung betont die Zurich, dass flächendeckende Betriebsschließungen aufgrund der Corona-Pandemie „nicht Gegenstand des Versicherungsschutzes“ seien.

Und weiter: Eine abgeschlossene Betriebsschließungsversicherung sei „nur auf jene Fälle ausgelegt, in denen die Schließung auf Grund eines im Betrieb vorliegenden konkreten Infektionsfalles angeordnet wurde. Die aktuellen Allgemeinverfügungen beziehungsweise Rechtsverordnungen der Länder betreffen dagegen überwiegend solche Betriebe, in denen selber gar kein Infektionsfall vorliegt. Eine flächendeckende, ja sogar landesweite Schließung hingegen ist nicht Gegenstand des Versicherungsschutzes. Zudem ist das neuartige Coronavirus in der Regel nicht in der Liste der mitversicherten Krankheiten enthalten. Somit kann hier regelmäßig keine Deckung gewährt werden.“

„Um hier dennoch eine Lösung für unsere Kunden zu erzielen, und um unserer gesellschaftlichen Verantwortung als Ihr Versicherer gerecht zu werden“, habe sich Zurich allerdings dafür ausgesprochen, sich an dem Kompromiss zu beteiligen. 

+++Update+++

Am Montagnachmittag, 6. April, teilte die Gothaer Versicherung mit, dass sie die für Bayern verabredeten Regelungen bundesweit umsetzen und für alle Branchen öffnen wolle. „Mit dieser guten Lösung zur Betriebsschließung und durch viele ergänzende Maßnahmen suchen wir faire Lösungen, die den betroffenen Betrieben schnell Liquidität zukommen lässt“, sagte Christopher Lohmann, Vorstandsvorsitzender der Gothaer Allgemeine Versicherung.

Am Dienstag zog die Axa im Sinne einer bundesweiten Lösung nach:

„Axa macht nun ihren BSV (Betriebsschließungsversicherung)-Kunden, die von einer Betriebsschließung betroffen sind, das folgende Angebot: Auch ohne Leistungsverpflichtung wird die Hälfte des verbleibenden Schadens und damit 15 Prozent der vereinbarten Tagesentschädigung für die Dauer der versicherten Schließungszeit übernommen (in der Regel 30 Tage). Diese Regelung gilt deutschlandweit und branchenunabhängig“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Am Mittwoch, 8. April, erklärte auch die R+V Versicherung, dass sie sich der Vereinbarung anschließt. In einer Pressemitteilung heißt es hierzu:

„Obwohl kein Versicherungsschutz besteht, bekommen Firmenkunden, die eine Betriebsschließungsversicherung bei der R+V haben, bis zu 15 Prozent der vereinbarten Entschädigung. Diese Regelung gilt für die Dauer der versicherten Schließungszeit – maximal für 30 Tage. Diese Summe lehnt sich an die Lösung an, die verschiedene Versicherer für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Bayern gefunden haben. Die Regelung der R+V gilt bundesweit und für alle Unternehmen mit einer Betriebsschließungsversicherung, die durch Corona in Not geraten sind.

„Wir rechnen damit, einen hohen zweistelligen Millionenbetrag auszuzahlen. Aber es ist uns wichtig, unseren Versicherten in dieser Krise zu helfen“, wird R+V-Chef Norbert Rollinger zitiert.

Indirekte Kollegenschelte von HDI-Vertriebsvorstand Hanssmann

Wie das Portal „Versicherungsmonitor“ am Mittwoch berichtete, sei nun auch die Württembergische mit im Boot.

Und weiter: „Der HDI, der ohnehin bei Corona-Schäden zahlen will, bietet seinen Kunden ebenfalls die Bayern-Lösung an, wenn sie – wie viele Hotels – nicht aufgrund behördlicher Anordnungen geschlossen wurden.“

Der „Versicherungsmonitor“ zitiert in diesem Zusammenhang Wolfgang Hanssmann, Vertriebsvorstand der HDI Versicherung, der laut dem Portal „indirekt heftige Kritik an der Weigerung von Wettbewerbern, bei Betriebsschließungen wegen Corona zu zahlen“, äußerte:

„Kunden von HDI, die den Baustein Betriebsschließung abgeschlossen haben, durften darauf vertrauen, dass bei behördlich angeordneten Betriebsschließungen auch neuartige Krankheiten und Erreger mitversichert sind.“

Wie Rechtsanwalt Mark Wilhelm die bayerische Lösung beurteilt, erfahren Sie in seinem Gastbeitrag Bayerische Lösung verschärft Situation der versicherten Betriebe.

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Lorenz

Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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