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  • Von Redaktion
  • 09.01.2014 um 10:16
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Bei der Altersvorsorge werden jüngere Beitragszahler systematisch benachteiligt, glaubt Friedemann Lucius, Vorstand der Heubeck AG. Wie sich das äußert und welche Folgen das hat, erklärt er in seinem Gastbeitrag.

Von Friedemann Lucius

Wo man auch hinschaut, jüngere Beitragszahler werden bei der Altersvorsorge heute praktisch überall benachteiligt. Ungerechtigkeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung, extrem niedrige Zinsen und eine Gesetzgebung, die einseitig Besitzstände sichert, stellen jungen Menschen immer größere Hürden in den Weg. Diese müssen heute weitaus mehr für ihre Altersvorsorge aufwenden, um einen auskömmlichen Ruhestand zu erreichen, oder aber Abstriche im Alter hinnehmen. Die Alterssicherung in Deutschland entfernt sich damit immer weiter weg von einem gerechten Ausgleich der Interessen zwischen den Generationen.

Rückfall mit Folgen

Aktueller Sündenfall sind die Rentenversprechen der großen Koalition. Mütterrente, Rente mit 63 für langjährig Versicherte und Mindestrente für Geringverdiener verursachen neue Beitragslasten in Milliardenhöhe. Diese Kosten werden auf die aktuellen und künftigen Beitragszahler abgewälzt, ohne die geringste Aussicht, dass diese später einmal selbst mit einem vergleichbaren Rentenniveau rechnen dürfen.

Dabei war man mit den vergangenen Rentenreformen, insbesondere mit der Anhebung des Rentenalters von 65 auf 67, bereits auf gutem Wege, die Lasten zwischen den Generationen fairer zu verteilen. Die Pläne der neuen Regierung sind dagegen ein Rückfall in längst überwunden geglaubte Zeiten. Sie gefährden den bisher erreichten Reformfortschritt und setzen die Glaubwürdigkeit der Rentenpolitik aufs Spiel.

Schieflage auch bei privaten Versicherungen

Von der Öffentlichkeit weitaus weniger beachtet, findet eine Benachteiligung der jüngeren Jahrgänge auch bei der privaten und betrieblichen Altersversorgung statt. So profitieren von der Pflicht der Lebensversicherer, einen Teil ihrer stillen Reserven an die Kunden auszuschütten, in der Regel nur ältere Versicherte mit auslaufenden Verträgen. Im schlimmsten Fall werden die Versicherer zur Kündigung hochverzinslicher Anleihen gezwungen, die für die Erwirtschaftung der laufenden Mindestverzinsung dringend benötigt werden. Damit verschlechtert sich die Überschuss-Situation  für jüngere Bestands- und für Neukunden noch zusätzlich.

Bei der betrieblichen Altersversorgung (bAV) stehen Gesetzgebung und Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den Interessen der jüngeren Arbeitnehmer entgegen. Deutlich wird dies am Beispiel der gesetzlichen Anpassungspflicht für Betriebsrenten. Danach ist der Arbeitgeber gehalten, alle drei Jahre eine Anpassung der Betriebsrente an die gestiegenen Lebenshaltungskosten zu prüfen und diese im Regelfall auch vorzunehmen.

BAV: Vorteil Rentner

Zwar können die Arbeitgeber die Anpassung ablehnen, wenn das Unternehmen dadurch übermäßig belastet wird. Doch in diesem Fall hat das Bundesarbeitsgericht extrem hohe Beweislasten auferlegt. Der Arbeitgeber muss dann nämlich den Versorgungsempfängern im Detail darlegen, warum er sich wirtschaftlich nicht in der Lage sieht, die Betriebsrente anzupassen. Die Erklärung zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens muss so ausführlich und zugleich verständlich sein, dass sie von jedermann leicht nachvollzogen werden kann.

Diese strengen Anforderungen wirken abschreckend. Die Unternehmen haben damit praktisch keinen Spielraum, um über die Verteilung ihrer Mittel zwischen den aktiven Beschäftigen und den Betriebsrentnern zu entscheiden. Eine Folge davon: Die Leistungen der Rentner werden angehoben, während die aktiven Arbeitnehmer immer weitere Einschnitte bei ihrer Betriebsrente hinnehmen müssen oder am Ende sogar ganz leer ausgehen.

Rechtsprechung und Gesetzgebung schützen damit faktisch einseitig die Interessen von Betriebsrentnern, jüngere Anwärter kommen dagegen zu kurz. Sinnvoll wäre, wenn die Arbeitgeber die Rentenanpassungen für bestehende Zusagen nachträglich auf 1 Prozent begrenzen könnten, wenn sie die dadurch erzielten Einsparungen im Gegenzug in die Betriebsrenten der Jüngeren stecken.

Doppelt so viel zahlen für die gleiche Rente

Die niedrigen Zinsen tun ein Übriges. So müsste ein heute 25-jähriger für die Betriebsrente, die sein Kollege im Ruhestand jetzt bezieht, bei der Entgeltumwandlung über eine Direktversicherung ungefähr den doppelten Beitrag aufbringen oder sich bei gleichem Beitrag mit der Hälfte zufrieden geben.

Unterm Strich ziehen die jüngeren Beitragszahler bei der Altersvorsorge heute überall den Kürzeren. Die Konsequenzen dieser Schieflage zeichnen sich bereits ab: Wer kann, verabschiedet sich aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, bei der privaten Altersvorsorge wachsen die Resignation und die Zahl der Verweigerer, wodurch die Versorgungslücke immer bedrohlicher aufreißt.

Ohne eine faire Rentenpolitik und gerechte Rahmenbedingungen für die Versicherten droht diese verhängnisvolle Entwicklung ungebremst weiterzulaufen. Es ist daher im Interesse aller, die Verhältnisse in der Altersversorgung wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

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