Kapitalmarktstratege Harald Preißler, Bantleon: „180-Grad-Wende der deutschen Finanzpolitik“ © Bantleon
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  • 02.09.2025 um 14:19
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Für Anleiheinvestoren mag das erstmal eine schlechte Nachricht sein, doch für Versicherer ist das früher oder später gut: Die Rendite von Bundesanleihen wird steigen. Harald Preißler, Kapitalmarktstratege beim Investmenthaus Bantleon, erklärt in seinem Gastbeitrag, warum das so ist und wohin die Renditereise geht.

Deutsche Bundesanleihen haben eine zentrale Bedeutung für institutionelle Investoren (insbesondere Versicherer) und die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Sie bieten hohe Liquidität und sind in der Eurozone ein bevorzugtes Sicherungsinstrument im Interbankenmarkt.

Außerdem gelten Bunds dank der im internationalen Vergleich niedrigen Verschuldungsquote der Bundesrepublik Deutschland (Ende 2024: 62,5 Prozent) als einer der weltweit wichtigsten sicheren Häfen.

Der über Generationen hinweg aufgebaute Ruf als hochwertiges Anlageinstrument hat indes zuletzt erhebliche Risse bekommen. Die Lockerung der Schuldenbremse zur Finanzierung von Verteidigungsausgaben in faktisch unbegrenzter Höhe und die Investitionen in Infrastruktur im Umfang von 500 Milliarden Euro stellen nicht weniger als eine 180-Grad-Wende der deutschen Finanzpolitik dar.

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Es steht zu befürchten, dass die demografische Schieflage der Sozialversicherung und der irgendwann nötige Wiederaufbau der Ukraine zur Ausgliederung weiterer „Sondervermögen“ führen werden. Die Schuldenquote dürfte bis Mitte des nächsten Jahrzehnts auf über 80 Prozent gestiegen sein.

An den Anleihenmärkten hinterlässt all das Spuren. Vor allem am langen und ultralangen Ende sind die Renditen seit dem Frühjahr deutlich gestiegen, gleichzeitig hat sich die Zinskurve spürbar versteilert. Es stellt sich daher die Frage, wie die Perspektiven deutscher Bundesanleihen auf mittlere bis längere Sicht zu bewerten sind und welche Faktoren die weitere Entwicklung der Bund-Renditen bestimmen.

Wachstumstrend der Wirtschaftsleistung

In einem großen Wirtschaftsraum, wie den USA oder der Eurozone, bemisst sich die Höhe der Benchmark-Rendite am Wachstumstrend der nominellen Wirtschaftsleistung, definiert als Summe aus realem Wachstum und der Inflationsrate.

Auf europäischer Ebene hat sich die korrespondierende Trendrate in den letzten zehn Jahren von rund 2,0 Prozent auf 4,2 Prozent verdoppelt, was der starken Makroperformance der südeuropäischen Staaten zu verdanken ist.

Unter Berücksichtigung des traditionellen Renditeabschlags Deutschlands gegenüber dem Mittel der übrigen Mitgliedsstaaten von etwa 60 Basispunkten ergibt sich ein ‚fairer‘ Renditewert von ungefähr 3,6 Prozent.

Da aber sowohl die Inflationsrate als auch das reale Wachstum wegen der massiven fiskalpolitischen Stimuli über den Durchschnittswerten der vergangenen Jahre liegen werden, ist dies eher als konservative Schätzung anzusehen. Gleichzeitig könnte sich der deutsche Zinsabschlag aufgrund der oben erwähnten fiskalpolitischen Risiken verringern.

Gleichgewichtszins kräftig gestiegen

Ein alternativer Weg, um eine faire Bewertung zu bestimmen, ergibt sich aus der Schätzung des realen geldpolitischen Gleichgewichtszinses, des sogenannten r*. Nach aktuellen Berechnungen ist dieser Wert von deutlich unter null auf rund plus 0,6 Prozent gestiegen.

Rechnet man das Inflationsziel der EZB von 2 Prozent hinzu, so ergibt sich ein langfristig neutraler nominaler Leitzins von etwa 2,6 Prozent. Im historischen Mittel lag die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen etwa einen Prozentpunkt über dem Leitzins, was ebenfalls zu einem fairen Niveau von rund 3,6 Prozent führt. Auch dieser Wert dürfte im Licht steigender Inflationsrisiken und einer tendenziell steileren Zinsstrukturkurve als untere Grenze betrachtet werden.

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