- Von Oliver Lepold
- 08.07.2025 um 11:33
Einen weiteren Grund sieht der BVK in der in Deutschland hohen Versicherungsdichte: „Deshalb findet zwischen den Vermittlern in bestimmten Sparten wie bei der KFZ-Versicherung ein Verdrängungswettbewerb statt. Dies hat Auswirkungen auf die Vermittlereinnahmen, weil Vertragskündigungen auch zu Provisionsstorni führen“, erklärt BVK-Präsident Michael H. Heinz.
Der Bauchladen hemmt
Abschließend besteht eine weitere wichtige Ursache in der Positionierung vieler Vermittler als Bauchladen mit einem breit gefächerten Produktportfolio. „Der fehlende Fokus auf Differenzierung und strategisches Cross-Selling führt zur Beliebigkeit und erschwert es, sich im Wettbewerb klar zu positionieren“, sagt Handan Isik, Geschäftsführerin von Dipay, einer Plattform für alternative Vergütungsmodelle. Die Expertin empfiehlt eine gezielte Spezialisierung – etwa als Ruhestandsplaner, Gewerbe-Experte oder auf bestimmte Berufsgruppen oder Branchen.
Die Gründe für einen zu geringen Gewinn von Vermittlern sind demnach extrem vielfältig und längst nicht nur im vermeintlich zu hoch festgesetzten Unternehmerlohn zu finden. Die Frage ist: Wie können Vermittelnde, die ihr Problem erkannt haben, darauf reagieren? Welche Stellschrauben führen am erfolgversprechendsten zu nachhaltig mehr Ertrag?
Unternehmensberater Schmidt nennt hier drei zentrale Ansätze (Kasten unten), die auch viele Experten erwähnen: mehr laufende Vergütungen, Kosten hinterfragen und Servicevereinbarungen. So empfiehlt auch Netfonds seinen Partnern, die Abhängigkeit von Abschlussprovisionen durch die Umstellung auf ratierliche beziehungsweise laufende Vergütungen zu reduzieren. Denn das erhöht die Planbarkeit von Einkommen und Gewinn. „Insbesondere Einzelvermittler und kleine Vertriebseinheiten können sich besser auf laufende und ratierliche Provisionseinnahmen einstellen als große Unternehmen. Auch Stornierungen von Verträgen hätten auf Vermittlerseite keine oder lediglich geringe Auswirkungen“, so NVS-Vorstand Horn.

Servicegebühren erhöhen Einnahmen
Auch die Einführung von Servicegebühren wird von vielen Vertriebsexperten immer wieder als zentraler Hebel zur Gewinnoptimierung hervorgehoben. „Servicevereinbarungen machen Leistungen und Mehrwert transparent und schaffen eine klare Abgrenzung zwischen kostenfreien Basisleistungen und zusätzlichen Services gegen Gebühr“, erläutert Dipay-Expertin Isik. Kunden seien solche Modelle schließlich aus anderen Bereichen längst gewohnt – von Streaming-Diensten bis hin zu Gamings.
Laut den Erfahrungen von Dipay akzeptieren Stammkunden Servicegebührenmodelle in rund 75 Prozent der Fälle. „Sie honorieren den Zusatznutzen, sei es durch erweiterte Erreichbarkeit, regelmäßige Vertragsanalysen, aktive Betreuung oder dass den Kunden die Arbeit einfach abgenommen wird“, so Isik.
Auch Netfonds erhält insbesondere im Investmentbereich von Vermittlerseite positives Feedback zu Servicegebühren und stellt fest, dass diese auch im Versicherungsbereich eine zunehmend wichtige Einnahmequelle darstellen. „Der Anteil der Makler mit variablen Servicegebühren steigt kontinuierlich, und die Mehrheit derjenigen, die dieses Modell eingeführt haben, berichtet von wirtschaftlichem Erfolg und höherer Kundenzufriedenheit“, bestätigt NVS-Vorstand Horn.
Ein weiterer Ansatz ist es, den Kunden mehr Auswahl, zum Beispiel in der Art der Vergütungsmethode, zu geben. So können Nettoprodukte eine weitere Möglichkeit zur nachhaltigen Gewinnsteigerung bieten. Eine aktuelle Studie der FH Dortmund („Wert unabhängiger Versicherungsberatung“) der Professoren Matthias Beenken und Lukas Linnenbrink hat ergeben, dass die Abschlussquote von Vermittlern steigt, wenn sie Kunden Brutto- und Nettotarife gleichermaßen anbieten.

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