- Von Oliver Lepold
- 30.07.2025 um 08:56
Pfefferminzia: Wie sprechen Sie Ihre Kundinnen auf die Ruhestandsplanung an?
Regina Vossen: Bestandskundinnen, die ich schon einige Jahre berate, spreche ich direkt an und frage, ob wir nicht mal auf die Versorgung im Alter schauen wollen. Bei neuen Kontakten geht die Initiative meistens von den Kundinnen aus. Viele kommen im Alter 50plus. Idealerweise berate ich die Kundinnen mit 40 bis 45 Jahren, denn dann kann noch einiges bewegt werden. In diesem Alter sind die Frauen meistens aus der Kinderphase raus und haben über ihre Finanzen einen klaren Überblick.
Welchen Vorsorgebedarf stellen Sie bei 50plus-Kundinnen fest?
Vossen: Ich spreche mit der Kundin und erfahre ihre Einstellungen und Ziele. Dann analysiere ich, was sie bereits an Vorsorgelösungen hat. In den vergangenen Jahren hat sich der Wissensstand verbessert. Viele Kundinnen um die 50 wissen heute sehr gut, dass sie eine Rentenlücke haben. Sie wissen aber nicht, wie groß sie ist. Deshalb stellen sie sich dem Thema. Das gab es vor zehn Jahren noch nicht. Das liegt sicher auch an den Medien, die immer wieder den Finger in die Wunde legen. Ich finde das sehr hilfreich.
Inwieweit ist die Teilzeitfalle ein Thema bei der Beratung von Frauen?
Vossen: Die Teilzeitfalle ist überwiegend ein Thema bei jüngeren Kundinnen, die in der Situation sind mit Kindern nur eingeschränkt arbeiten zu können. Das ist ein großes Problem. Die meisten wissen das auch. Sie wissen aber nicht, wie sie da herauskommen. Viele haben dazu noch Steuerklasse 5 und verstehen nicht, dass hier eine Abschlagszahlung für die gesamte Steuer erfolgt und dass sie zu viel bezahlen, nur damit monatlich mehr im Portemonnaie des Paares bleibt. Hier muss ich wirklich wachrütteln, damit sich die Kundin mit ihrem Partner auseinandersetzt und ein Ausgleich stattfindet. Viele Frauen tun sich damit schwer.
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Der Partner könnte als Ausgleich etwa eine Basisrente für die Frau mit dem durch das Ehegattensplitting gesparten Geld finanzieren.
Vossen: Das finde ich eigentlich so gut wie nie vor. Viele junge Ehemänner sind aber bereit, darüber zu sprechen. Das habe ich teilweise auch in der Beratung, dass die Frauen dann mit ihren Männern kommen. Aktuell habe ich einen Fall, da hat der Mann es verstanden und gibt der Frau auch gerne etwas ab von seinem Vertrag, falls das Geld nicht für das Aufstocken bei der Vorsorge seiner Frau reicht. Er sieht das völlig nüchtern und selbstverständlich. Aber das passiert leider nicht immer.
Falls eine Kundin erst mit 60 zu Ihnen kommt, was können Sie da noch erreichen?
Vossen: Einen solchen Fall habe ich tatsächlich schon öfter gehabt. Da kann die Frau natürlich noch versuchen, etwas auf die Seite zu legen, aber der Wirkungsgrad ist einfach zu gering, als dass sich da noch viel bewegt. Die Frage ist dann, kann die Frau noch länger arbeiten? Das ist ein zusätzlicher Baustein, der die Situation vielleicht etwas erleichtert. Aber wo kein Geld da ist, um noch etwas zurückzulegen oder wo eventuell die Arbeitskraft aufgebraucht ist, stehe ich manchmal vor der Situation, dass ich sagen muss, leider gibt es keine Lösung, die diese Lücke schließt.
Inwieweit spielt es eine Rolle für den Beratungserfolg, dass Frauen von Frauen beraten werden?
Vossen: Das ist sehr wichtig. Ich habe so viele Kundinnen, die gezielt nach einer Beraterin suchen. Ich bin auch Vorstandsmitglied bei den Finanzfachfrauen. Das ist eine Vereinigung von ungebundenen Beraterinnen. Viele Kundinnen kommen gezielt zu mir, weil sie sich bei der Bank von ihren männlichen Beratern nicht mehr ernst genommen fühlen. Sie trauen sich dort nicht nachzufragen und fühlen sich von oben herab behandelt. Ich sage meinen Kundinnen immer von Anfang an, dass sie bitte nachfragen, wenn sie etwas nicht verstehen. Ich erkläre Dinge gern auch mehrfach. Die Kundin muss verstehen, warum sie etwas entscheidet. Nur dann kann sie dabeibleiben. Ansonsten hat sie stets das Gefühl, ihr wurde etwas aufgedrängt.
Haben Sie Empfehlungen für Frauen, die noch viel Zeit haben bis zum Ruhestand?
Vossen: Suchen Sie eine Beratung, die über die verschiedenen Möglichkeiten der Altersvorsorge in den unterschiedlichen Lebensphasen aufklärt. Neutrale Informationen, keine Verkaufsveranstaltung! Vertrauen Sie nicht den einfachen Lösungen von Finfluencern. Ein ETF auf den MSCI World allein ist zum Beispiel keine planvolle Anlage – und auch keine Vorsorgestrategie. Leider mögen Menschen gerne einfache Formeln. Dann müssen sie nicht weiter nachdenken. Das ist aus meiner Sicht brandgefährlich. Sie müssen Verständnis aufbauen und sich bewusst entscheiden. Dabei sind mehrere Standbeine, wie die gesetzliche, geförderte und die private Altersvorsorge sinnvoll.

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