Zwei Unternehmer diskutieren nachhaltige Anlagestrategien durch aktives Investoren-Engagement. © gpointstudio/ freepik.com
  • Von Jens Lehmann
  • 16.07.2024 um 15:19
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lesedauer Lesedauer: ca. 02:10 Min

Investoren versuchen immer häufiger, aktiv Einfluss auf Unternehmensentscheidungen zu nehmen und sie zu nachhaltigerem Handeln zu bewegen. Dabei setzen sie verstärkt auf so genanntes Engagement. Doch wie funktioniert die nachhaltige Anlagestrategie? Und wie erfolgreich ist sie? Ein Überblick.

In der Finanzwelt wird nachhaltiges Unternehmenshandeln zunehmend zur harten Währung. Einerseits sind große Unternehmen gesetzlich verpflichtet offenzulegen, inwieweit sie Umwelt-, Sozial- und Governance-Anforderungen, also ESG-Kriterien, gerecht werden. Zum anderen beziehen Investoren vermehrt Nachhaltigkeitsaspekte in ihre Anlageentscheidungen ein und fordern Unternehmen aktiv zu nachhaltigerem Handeln auf.

Was ist „Engagement“?

 Institutionelle Anleger wie Fondsgesellschaften setzen dafür zunehmend auf Engagement, eine nachhaltige Anlagestrategie. Ein Baustein dieser Strategie ist es, das Rede- und Stimmrecht auf den Aktionärsversammlungen der investierten Unternehmen zu nutzen, um eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben.

Der Engagement-Ansatz geht jedoch erheblich weiter: Statt nur punktuell durch Stimmrechte Einfluss auf die Unternehmenspolitik zu nehmen, suchen engagierte Investoren zusätzlich den kritischen Dialog mit dem Management. „Er hat zum Ziel, Nachhaltigkeitsthemen aktiv ans Unternehmen heranzutragen, ein stärkeres Bewusstsein für Nachhaltigkeitsaspekte zu schaffen und gezielt Verbesserungen anzustoßen“, erklärt Verena Kienel, Leiterin Nachhaltigkeitsresearch der Ökoworld.

So funktioniert der Engagement-Ansatz

Der Engagement-Prozess läuft üblicherweise in mehreren Stufen ab. Am Anfang steht eine Nachhaltigkeitsanalyse, in der beispielsweise eine Fondsgesellschaft ermittelt, wie Geschäftsmodell und Unternehmensführung mit den ESG-Kriterien konform gehen. Im zweiten Schritt spricht der Investor identifizierte Schwachpunkte im Unternehmen an. Dies geschieht meist per Mail, aber auch persönlich während Unternehmensbesuchen oder Meetings. Die Anfragen sind meist mit konkret formulierten Erwartungen verbunden, um auf eine nachhaltige Entwicklung im Unternehmen hinzuwirken.

Im Idealfall folgt das Unternehmen den Forderungen – und richtet sein künftiges Handeln stärker an sozialen, ethischen oder ökologischen Kriterien aus. Der Investor bewertet das Ergebnis und setzt den Dialog fort, um weiter bestehende Kontroversen zu lösen oder neue Nachhaltigkeitsaspekte mit dem Management zu diskutieren.

Engagement-Themen kommen meistens aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance. Konkret geht es beispielsweise darum, dass Unternehmen den Ausstoß klimaschädlicher Gase reduzieren, den Arbeitsschutz verbessern oder schärfer gegen Korruption vorgehen.

Wirksame Strategie für mehr Nachhaltigkeit

Studien belegen, dass der Engagement-Ansatz längst nicht nur in Einzelfällen dazu führt, dass Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsleistung verbessern. Laut dem 2023er-Marktbericht des „Forum Nachhaltige Geldanlagen“ (FNG) zählt Engagement zu den wirksamsten Strategien, „um zur Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft beizutragen“.

Das zeigen auch zahlreiche Praxisbeispiele. So hat der Vorstand des Energiekonzerns Shell seine Vergütung im Zuge eines Engagement-Prozesses an das Erreichen verbindlicher Klimaziele gekoppelt. Die BASF hat sich im Dialog mit verantwortungsvollen Investoren dazu verpflichtet, bis zum Jahr 2050 CO2-neutral zu werden. In solchen Unternehmen engagiert sich die Ökoworld grundsätzlich nicht, weil sie wegen diverser Verstöße gegen die Ökoworld-Nachhaltigkeitskriterien kein Teil ihres Anlageuniversums sind.

Stattdessen hat die nachhaltige Fondsgesellschaft beispielsweise den Betreiber einer Online-Handelsplattform per Engagement dazu bewegen können, eine umfassendere Nachhaltigkeitsberichterstattung zu leisten. Anfang dieses Jahres hat das türkische Unternehmen bereits einen erste Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Ein deutscher Software-Anbieter hat sich im Dialog mit der Ökoworld unter anderem zur Reduktion von Treibhausgasemissionen verpflichtet.

Ökoworld weitet Engagement stark aus

All diese Beispiele zeigen: Engagement wirkt – und führt häufig dazu, dass Unternehmen im Dialog mit Investoren ihr Verhalten ändern und nachhaltiger agieren. Zu diesem Schluss kommt auch die Ökoworld. Verena Kienel. „Darum haben wir unsere Aktivitäten als aktiver, verantwortungsvoller Investor deutlich ausgeweitet.“ Allein 2023 hat die nachhaltige Fondsgesellschaft mehr als 200 Austausche und Dialoge mit Unternehmen gestartet, um sie zu nachhaltigerem Handeln zu bewegen.

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Jens Lehmann

Jens Lehmann ist diplomierter Publizist und Betriebswirt und arbeitet als freier Journalist und Autor in Hamburg. Er ist thematisch auf Wirtschafts-, Finanz- und Mobilitätsthemen spezialisiert. Seine Beiträge erscheinen in Publikationen großer Zeitungsverlage, Unternehmensveröffentlichungen sowie bei Pfefferminzia.

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