Kathrin Lohmanns ist Inhaberin einer Allianz-Agentur in Viersen in Nordrhein-Westfalen. © Fotografie Bauer (Nettetal).
  • Von Redaktion
  • 23.03.2021 um 16:36
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„Der nächste, der die Provisionsberatung abschaffen will“, kommentiert Allianz-Vertreterin Kathrin Lohmanns aus Viersen das druckfrische Wahlprogramm der Grünen. Auf ihrer Facebook-Seite hat sie nun erklärt, wie sie arbeitet – und warum ihre Kunden ihr so am Herzen liegen. Pfefferminzia durfte ihren Text als „offenen Brief“ veröffentlichen.

Ich arbeite auf Provisionsbasis. Aus Überzeugung. Warum? Dafür möchte ich euch einen kleinen Einblick in meinen Arbeitsalltag geben.

Zunächst einmal natürlich die Wurzel allen Übels: Ich verdiene mein Geld bei Abschluss einer Versicherung. Bis dahin zu diesem Punkt sind alle meine Leistungen für den Kunden kostenfrei.

Bis dahin bin ich mit meinem potenziellen Kunden seine Ist-Situation durchgegangen, habe seine Ziele und Wünsche besprochen und ihm ein Angebot erstellt. Unter Umständen habe ich mir die Bedingungen seiner jetzigen Versicherungen durchgelesen, Unterschiede herausgearbeitet und habe zwischendurch mit dem Kunden unter Umständen mehrmals telefoniert, per WhatsApp geschrieben oder sonst irgendwie kommuniziert, um Fragen zu beantworten.

Wenn der Kunde sich für eine Versicherung entschieden hat, verdiene ich das erste Mal Geld. Je nach Versicherung deckt das nicht den Zeitaufwand, den ich vorher hatte. Das ist aber mein Problem und nicht das Problem des Kunden, denn ich habe mich dafür entschieden, mir soviel Arbeit zu machen, damit der Kunde weiß, dass er richtig abgesichert ist.

Wenn der Kunde mein Kunde ist, wechsle ich nicht meine Handynummer. Ich bin weiterhin rund um die Uhr für meine Kunden ansprechbar. Versicherungsschäden halten sich nicht an Öffnungszeiten, also ist es für mich selbstverständlich, dass ich es auch nicht tue.

Viele Kunden nutzen das auch. Abends nach Feierabend oder auch am Wochenende. Vielleicht ist es ein Schaden, den sie melden wollen, vielleicht auch einfach nur mal eine Rückfrage. All das ist für den Kunden kostenfrei – weil ich möchte, dass meine Kunden jederzeit gut schlafen können. Weil ich möchte, dass meine Kunden finanziell abgesichert sind und ihre Ziele erreichen. Ich möchte, dass keiner meiner Kunden unter einer Brücke schlafen muss, weil er nicht mehr arbeiten kann oder seine Rente nicht reicht.

Wie sich das rechnet? Meine Arbeit ist für meine Kunden und mich eine „Win-Win“-Situation. Und ich möchte betonen: Das erste „Win“ gehört meinem Kunden. Erst dann, erst wenn der Kunde aus der Beratung seinen Win zieht, freue ich mich über mein Win. Dadurch empfehlen mich meine Kunden gerne weiter. Dadurch kommen auch mal Verträge zu Stande, für die ich mehr Provision bekomme. Es ist am Ende also eine Mischkalkulation.

Verdiene ich an einer Lebensversicherung mehr als an einer Haftpflichtversicherung? Auf jeden Fall! Interessiert es mich, ob mein Kunde Lebensversicherung A oder Lebensversicherung B nimmt? Mich interessiert, dass der Kunde die für ihn beste Absicherung hat. Für mich macht das von der Provision her (so gut wie) keinen Unterschied.

>>> Hier geht es zu den Plänen der Grünen zur Zukunft der Finanzberatung

Hab‘ ich Bock, meine Kunden zu verarschen, um mehr Geld zu verdienen? Auf keinen Fall!! Also zum einen reden wir hier nicht über tausende Euros Unterschied, zum anderen esse ich keine kleinen Kinder und meine Oma hab‘ ich auch nicht für nen 5er verkauft.

Was hätte ich davon, wenn ich meine Kunden verarsche? Vermutlich keine ruhige Nacht mehr, denn auch Versicherungsvertreter haben ein Gewissen 😉 und die ruhige Nacht würde aus zweierlei Gründen ausbleiben:

  1. Ich hätte ständig Angst, dass meinen Kunden was passiert, was nicht versichert ist
  2. Ich hätte ständig Angst, mir mein eigenes Grab geschaufelt zu haben, denn ich hafte zwischen 3 und 8 Jahren für erhaltene Provisionen. Stellst du also nach einem Jahr fest, dass ich dir Mist verkauft habe und kündigst alles, muss ich die Provision anteilsmäßig zurückzahlen. Das wäre Selbstmord. Ich würde immer in Gefahr laufen, mehr zurückzahlen zu müssen, als zu erhalten.

Was hätte eine flächendeckende Honorarberatung also zur Folge?

  • Viele Kunden haben keine Lust und keine Mittel, dem Berater 80 Euro und mehr die Stunde zu zahlen, um dann festzustellen, dass alles beim Alten bleibt. Also ändern sie nichts an ihren Versicherungen und laufen in eine Unterversicherung hinein.
  • Viele Kunden sparen sich das Geld und schließen ihre Versicherungen online ab. Bei einfachen Versicherungen mag das ja noch gehen, aber es gibt bei den meisten Versicherungen so viele existenzbedrohende Unterschiede…. Wäre alles mit drei Klicks im Vergleichsportal erledigt, bräuchten wir keine Ausbildung und müssten nicht jedes Jahr unsere Weiterbildung nachweisen.
  • Der Service ist ein anderer beziehungsweise er kostet auf einmal Geld.

Vielleicht wäre ein Gespräch mit uns Vertretern an der ein oder anderen Stelle mal angebracht. Dann würde man feststellen, dass eine flächendeckende Honorarberatung nicht für jeden was ist. Es würde vielmehr vermutlich sogar die Altersarmut steigern.

Ein paar Beispiele:

  • Eine Wohngebäudeversicherung für ein klassisches Einfamilienhaus: Im Schnitt verdiene ich da vielleicht 250 bis 300 Euro dran. Investierte Zeit: 5 bis 6 Stunden. Ein Honorar müsste also bei um die 500 Euro mindestens liegen, damit sich das rechnet.

Seite 2: „Honorarberatung löst vielleicht ein Problem, schafft dafür aber fünf neue“

kommentare
Sabine Müller
Vor 3 Jahren

Liebe Katrin Lohmann,
ich arbeite nach genau den Kriterien, die Sie aufzählen als Maklerin. Hier steht der Kunde an erster Stelle. Denn ein zufriedener Kunde ist ein langfristiger Kunde, der weiterhin meinen Rat sucht und neben Finanzprodukten auch andere Serviceleistungen nutzt und auch seine Kinder und Freunde zu mir schickt. Vertrauen, Transparenz und Ehrlichkeit sind die Pfeiler auf denen unser Geschäft sicher stehen kann.
Böse Unterstellungen von Seiten der Politik betreffen wie immer nur wenige schwarze Schafe, die auch nicht lange am Markt verbleiben können bzw. sich immer wieder eine neue Masche ausdenken. Aber für diese Fälle sollte es ja eine Aufsicht und die Anwendung des geltenden Rechtes geben und nicht wie gerade in der Corona-Pandemie demonstriert die Sippenhaft, weil die Aufsichtsmechanismen versagen bzw. genügend Schlupflöcher aufweisen.
Und ich stimme Ihnen auch zu, dass sich Honorarberatung gerade meine Kundenklientel nicht leisten kann oder möchte und sie damit in Risiken hinein laufen, die sie nicht überblicken können. Da wir jedoch weit entfernt von einem Staat sind, der sich schlußendlich umfassend allein um seine Bürger kümmert, ist unsere Arbeit auf Provisionsbasis eine sozialpolitische Aufgabe, die immer noch unverzichtbar ist.

Terek Robert
Vor 3 Jahren

toller Bericht :-))

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Sabine Müller
Vor 3 Jahren

Liebe Katrin Lohmann,
ich arbeite nach genau den Kriterien, die Sie aufzählen als Maklerin. Hier steht der Kunde an erster Stelle. Denn ein zufriedener Kunde ist ein langfristiger Kunde, der weiterhin meinen Rat sucht und neben Finanzprodukten auch andere Serviceleistungen nutzt und auch seine Kinder und Freunde zu mir schickt. Vertrauen, Transparenz und Ehrlichkeit sind die Pfeiler auf denen unser Geschäft sicher stehen kann.
Böse Unterstellungen von Seiten der Politik betreffen wie immer nur wenige schwarze Schafe, die auch nicht lange am Markt verbleiben können bzw. sich immer wieder eine neue Masche ausdenken. Aber für diese Fälle sollte es ja eine Aufsicht und die Anwendung des geltenden Rechtes geben und nicht wie gerade in der Corona-Pandemie demonstriert die Sippenhaft, weil die Aufsichtsmechanismen versagen bzw. genügend Schlupflöcher aufweisen.
Und ich stimme Ihnen auch zu, dass sich Honorarberatung gerade meine Kundenklientel nicht leisten kann oder möchte und sie damit in Risiken hinein laufen, die sie nicht überblicken können. Da wir jedoch weit entfernt von einem Staat sind, der sich schlußendlich umfassend allein um seine Bürger kümmert, ist unsere Arbeit auf Provisionsbasis eine sozialpolitische Aufgabe, die immer noch unverzichtbar ist.

Terek Robert
Vor 3 Jahren

toller Bericht :-))

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