Walter Riester: Der Ex-Arbeitsminister und Erfinder der Riester-Rente hält akzeptable Renditen für durchaus machbar ©
  • Von Redaktion
  • 28.08.2014 um 10:53
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Das Handelsblatt und das Institut für Transparenz (ITA) streiten über die Berechnung von Riester-Renditen in einer Studie des ITA. Pfefferminzia hat nun mal den Urheber des Produkts, Ex-Arbeitsminister Walter Riester, nach seiner Meinung zum Streit gefragt.

Die Studie rechne die Riester-Rente schön. Das ist der Vorwurf, den das Handelsblatt dem Institut für Transparenz (ITA) macht. Mark Ortmann vom ITA wehrt sich gegen diesen Vorwurf und entgegnet, in einer Tabelle der Studie seien versehentlich die Berechnungsgrundlagen vertauscht worden. Das Endergebnis sei davon allerdings unberührt.

Die Studie sollte die Kosten von Riester-Produkten untersuchen. Das Bundesfinanzministerium wollte wissen ob sie tatsächlich zu hoch sind, um gegebenenfalls gegenzusteuern. Wir haben den ehemaligen Arbeitsminister Walter Riester gefragt, was er von der ganzen Debatte hält.

Pfefferminzia: Herr Riester, sind die Kosten für die staatlich geförderte Altersvorsorge zu hoch?

Walter Riester: In dieser Kosten-Debatte sollte das Ziel des Gesetzgebers berücksichtigt werden. Denn dieser wollte dem Sparer eine lebenslange ergänzende Zusatzrente sichern. Die Sparer sollen durchhalten und nicht vorzeitig kündigen, damit sie letztendlich auf eine Zusatzrente zurückgreifen können. Die Mechanismen der Riester-Rente sind darauf ausgelegt.

Die Kosten von Versicherungsprodukten können sehr unterschiedlich sein. Leider hat der Gesetzgeber bei der Verteilung der Abschluss- und Vertriebskosten meine ursprüngliche Regelung 2005 verändert und die Kosten auf lediglich fünf Jahre verteilt. Dadurch sind gerade die Anfangsjahre mit hohen Kosten verbunden. Bei jungen Sparern sieht das allerdings schon anders aus. Über die gesamte Laufzeit gesehen sind bei ihnen die Renditen durchaus akzeptabel.

Welche Berechnungsgrundlage für die Renditeermittlung scheint Ihnen angemessen?

Die staatliche Zulage in die Renditeberechnung einzubeziehen, halte ich für falsch. Die Höhe der Zulagen ist viel zu unterschiedlich. Eine alleinerziehende Mutter mit zwei kleinen Kindern, die Teilzeit beschäftigt ist, erhält bei einem jährlichen Sparbetrag von 60 Euro 754 Euro Zulage. Bei einem  Single-Arbeitnehmer mit einem Jahreseinkommen von 40.000 Euro hingegen wird die Zulage mit der Steuerbefreiung des Sparbetrags verrechnet. Er erhält somit, wie die Rentenversicherten auch, sein Sparen nachgelagert besteuert.

Als Berechnungsgrundlage den Gesamtbeitrag, also den Eigenbeitrag des Riester-Sparers plus der Fördersumme zu nehmen, ist irreführend. Grundlage für die Berechnung der Rendite des Sparers kann allein nur die eingezahlte Summe des Sparers, also der Eigenbeitrag, sein.

Was sagen Sie zu der Kritik, die geförderte Rente sei überreguliert?

Die staatlich-geförderte Altersvorsorge sollte nicht irgendein beliebiges Renditesparen sein, sondern dafür sorgen, dass Sparer am Ende auch eine Zusatzrente bekommen.

Deshalb ist der Faktor Sicherheit in diesem Konzept so wichtig. Finanzanbieter müssen für ihre Produkte garantieren, dass mindestens die eingezahlten Beträge und die staatlichen Zusatzleistungen als Mindestkapital zum Rentenbeginn vorhanden sind. Sparer hingegen dürfen die Rente nicht zweckentfremden, sonst müssen sie die Förderung zurück zahlen. Ursprünglich wollte ich das obligatorische Sparen einführen, was allerdings am gesellschaftlichen Widerstand gescheitert ist. Ohne Zweckbindung hätte die geförderte Rente als Vorsorge fürs Alter jedoch ihren Sinn verloren.

Ist die Riester-Rente überfördert?

Zwischen 2003 und 2012 hat die staatliche Rentenversicherung Bundeszuschüsse in Höhe von 793 Milliarden Euro kassiert. Die Riester-Förderung hingegen betrug im gleichen Zeitraum lediglich 14,9 Milliarden Euro. Von den gesamten Steuermitteln, die für die Altersvorsorge zur Verfügung stehen, erhielt die Deutsche Rentenversicherung damit einen Anteil von 98,2 Prozent. Die Riester-Vorsorge kommt gerade mal auf 1,8 Prozent. Ich sehe da keine Überförderung, zumal es weder von Beitrags- noch von Leistungsseite Wirkung gebracht hätte, auch noch diese Mittel in die Rentenversicherung zu geben.

Wo sehen Sie tatsächlichen Reformbedarf?

Ich halte es für richtig, zu überprüfen, ob sich die Ziele des Gesetzgebers zur geförderten Altersvorsorge verwirklichen. Ich denke auch immer noch, dass eine obligatorische Altersvorsorge die richtige und bessere Entscheidung gewesen wäre.

Richtig wäre es auch, nicht nur rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer und Beamte zu fördern, sondern jedem Menschen mit dem Eintritt in die Erwerbsarbeit das geförderte Altersvorsorgesparen zu ermöglichen. Die Arbeitsmarktsituation mit vielen Niedriglöhnern und Minijobbern führt zwangsläufig auch zu Minirenten die häufig unter der Grundsicherung liegen. Wir brauchen also nicht weniger, sondern mehr zusätzlich geförderte Altersvorsorge.

Auch die Abwicklung der Zulagen halte ich für umständlich. Ursprünglich sollten diese Aufgabe die Finanzämter übernehmen. Sie verfügen über alle notwendigen Daten, dies wäre für alle einfacher gewesen. Da haben aber leider die Länder nicht mitgespielt.

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