Ruine eines Hauses im Ahrtal: Nur für Häuser in der höchsten Risikostufe fordert der DAV einen Risikodeckel für die Elementarschadenversicherung. © picture alliance/dpa | Thomas Frey
  • Von Barbara Bocks
  • 28.05.2025 um 15:39
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Immer häufiger führen Starkregen und Hochwasser zu schweren Schäden – und die Diskussion um eine verpflichtende Elementarschadenversicherung gewinnt an Fahrt. Warum ein Risikodeckel Quatsch ist und welche Rolle globale Rückversicherer dabei spielen könnten, erklärte Max Happacher von der Ergo International bei der DAV-Jahrespressekonferenz.

Der Ruf nach einer Elementarschadenversicherung als Bestandteil der Wohngebäudepolice ist nicht neu. Und mittlerweile finden so viele Starkregenereignisse statt, dass diese Überlegung es sogar in den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung geschafft hat:

  1. Im Neugeschäft soll es künftig nur noch Wohngebäudeversicherungen mit verpflichtender Elementarschadenversicherung geben. Das war bisher nicht der Fall.
  2. Bei bestehenden Versicherungen, die der Kunde verlängert, soll die Elementarschadenversicherung auch enthalten sein.
  3. Im Gesetzgebungsprozess wird ein Opt-out-Modell geprüft, also die Option für Kunden, diesen Versicherungsbestandteil abzulehnen.

„Ein wichtiges Element, das in der öffentlichen Debatte bislang wenig beachtet wurde, ist die Rolle der Rückversicherer“, sagt Max Happacher, Mitglied des Vorstands der Ergo International, beim Jahrespressegespräch der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV).

Globale Rückversicherer können deutsche Versicherer gut absichern

Die Krux in Deutschland: Es gibt viele regionale Schadenereignisse. Betroffen davon sind vor allem Versicherer, die dort aktiv sind. Happacher geht davon aus, dass die heutigen Rückversicherer diese Risiken gut zeichnen könnten, da sie global agieren. „Schäden aus Deutschland passen auch gut in deren Risikoprofile hinein“, so Happacher. Wegen der globalen Schadenereignisse und des Umstandes, dass sie sich gegenseitig ausgleichen, präferiert der DAV daher eine privatwirtschaftliche Lösung für die Rückversicherung.

Aber worauf muss die Politik aus der Sicht der Aktuare noch achten, wenn die Elementarschadenversicherung zur Pflicht wird?

Wichtig ist aus Sicht von Happacher staatliche Prävention, also dass Kommunen beispielsweise bereits beim Ausweis von Baugebieten auf die Risiken achten. Auch Hochwasserrückhaltebecken und Drainagen in die Kanalisation seien Aufgabe des Staates.

Wie eine gerechte Prämie für die Elementarschadenversicherung aussehen könnte

Eine große Frage ist in diesem Zusammenhang auch, wie eine gerechte Prämie aussehen könnte. „Es gibt ein paar Gebäude, für die kaum ein Versicherungsschutz möglich ist, weil sie in der Zürs-Zone 4 liegen“, sagt Happacher. Diese Zone bezeichnet die höchste Risikokategorie für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen (Zürs).

Allerdings liegen weniger als ein Prozent aller Gebäude in dieser Zone. Für diese Häuser müsste es einen Risikodeckel geben, aber für alle anderen nicht. Den Rest der Prämien sollte die Bundesregierung entsprechend dem Risiko kalkulieren (lassen), um keine Fehlanreize zu setzen. Happacher warnt in diesem Zusammenhang ganz konkret vor einer zu starken staatlichen Regulierung.

Wildfire-Katastrophe als Negativbeispiel

Ein negatives Beispiel ist aus seiner Sicht die Wildfire-Katastrophe in Kalifornien: Dort gab es einen Prämiendeckel für Feuerversicherungen, den Versicherer einhalten mussten. Das Ergebnis: Immer mehr Versicherer zogen sich aus dem Markt zurück, sodass es für Kunden schwieriger wurde, eine solche Versicherung abzuschließen.

Mit einem Mythos räumt Happacher auch noch auf: „Eine Pflicht zur Elementarschadenversicherung macht sie nicht günstiger!“ Einen Mengenrabatt werde es durch die gesetzliche Pflicht nicht geben.

Klimawandel schreitet voran

Dass eine Elementarschadenversicherung ein wichtiges Thema für Versicherer und Hausbesitzer bleiben wird, steht für Happacher außer Frage, da der Klimawandel weiter fortschreiten wird. „Denn durch die Veränderung des Jetstreams, also des Windbands, das Luftmassen um den Globus bewegt, haben sich die klimatischen Verhältnisse geändert“.

Jüngstes Beispiel: „Im Süden hat sich die Luft mit dem warmen Mittelmeerwasser vollgesogen und gegen die Alpen gedrückt. So ist es kürzlich zu den starken Niederschlägen an der Alpensüdseite gekommen“. Diese Ereignisse werden laut Happacher im Zuge des Klimawandels zunehmen.

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Barbara

Barbara Bocks

Barbara Bocks ist seit 2011 als Journalistin im Wirtschafts- und Finanzbereich unterwegs. Seit Juli 2024 ist sie als Redakteurin bei der Pfefferminzia Medien GmbH angestellt.

kommentare
michael.poradny@gmail.com
Vor 6 Stunden

Ich sehe aus beruflicher Sicht eine allgemeine Elementarversicherung für alle als Pflichtversicherung nicht praktikabel und rechtlich als bedenklich anzusehen.
Letztes Jahr war ich im Raum Augsburg und Allgäu unterwegs für verschiedene Versicherer.
Hierbei musste ich feststellen, dass durch die Versicherungsnehmer bauliche Maßnahmen nicht sach- und fachgerecht ausgeführt wurden und sehr oft bestehende behördliche Auflagen nicht ausgeführt oder vorhandene Hochwasserschutzmaßnahmen entfernt wurden.
Weiterhin wurde das Wasser entgegen der allgemeinen baulichen Richtlinien ( Wasser ist vom Gebäude abzuleiten ) durch bauliche Maßnahmen in die Gebäude geleitet.
Bspl.:
– Um eine weitere Etage zu ermöglichen, werden Erdgeschosse unterhalb der Rückstauebene tiefer gelegt und anfallendes Wasser von allen Seiten in das Gebäude eingeleitet.
– Bei Umbaumaßnahmen werden die oberen Umrandungen der alte Kellerabgänge ( mindestens 15cm oberhalb des Geländes ) angeschüttet, Wege gepflastert und mit Gefälle zum Kellerabgang ausgeführt.
– bauamtliche Mindestanforderungen ( Keller als Druckdicht W-2 ) mit WU-Beton, druckdichten Lichtschächten und Kellerfenster aus Kostengründen nicht ausgeführt werden

Es war festzustellen, dass ca. 70% der begutachteten Fälle versicherungstechnisch gar nicht versichert werden konnten, obwohl eine Elementarversicherung vorlag.
Sollte sich eine sogenannte Pflichtversicherung für alle auch auf solche Schäden beziehen, ist die lasche Handhabung von Bau- und bauamtlichen Vorschriften Tor und Tür geöffnet.
Hier sehe ich, dass hier wieder durch Klagewellen wegen Benachteiligung bei den höheren Pflichtbeiträgen eine solche Regelung einkassiert wird.

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michael.poradny@gmail.com
Vor 6 Stunden

Ich sehe aus beruflicher Sicht eine allgemeine Elementarversicherung für alle als Pflichtversicherung nicht praktikabel und rechtlich als bedenklich anzusehen.
Letztes Jahr war ich im Raum Augsburg und Allgäu unterwegs für verschiedene Versicherer.
Hierbei musste ich feststellen, dass durch die Versicherungsnehmer bauliche Maßnahmen nicht sach- und fachgerecht ausgeführt wurden und sehr oft bestehende behördliche Auflagen nicht ausgeführt oder vorhandene Hochwasserschutzmaßnahmen entfernt wurden.
Weiterhin wurde das Wasser entgegen der allgemeinen baulichen Richtlinien ( Wasser ist vom Gebäude abzuleiten ) durch bauliche Maßnahmen in die Gebäude geleitet.
Bspl.:
– Um eine weitere Etage zu ermöglichen, werden Erdgeschosse unterhalb der Rückstauebene tiefer gelegt und anfallendes Wasser von allen Seiten in das Gebäude eingeleitet.
– Bei Umbaumaßnahmen werden die oberen Umrandungen der alte Kellerabgänge ( mindestens 15cm oberhalb des Geländes ) angeschüttet, Wege gepflastert und mit Gefälle zum Kellerabgang ausgeführt.
– bauamtliche Mindestanforderungen ( Keller als Druckdicht W-2 ) mit WU-Beton, druckdichten Lichtschächten und Kellerfenster aus Kostengründen nicht ausgeführt werden

Es war festzustellen, dass ca. 70% der begutachteten Fälle versicherungstechnisch gar nicht versichert werden konnten, obwohl eine Elementarversicherung vorlag.
Sollte sich eine sogenannte Pflichtversicherung für alle auch auf solche Schäden beziehen, ist die lasche Handhabung von Bau- und bauamtlichen Vorschriften Tor und Tür geöffnet.
Hier sehe ich, dass hier wieder durch Klagewellen wegen Benachteiligung bei den höheren Pflichtbeiträgen eine solche Regelung einkassiert wird.

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