Ursula von der Leyen (CDU), seit 2019 Präsidentin der Europäischen Kommission: Mit dem europaweiten privaten Altersvorsorgeprodukt Pepp landete die EU einen Flop © picture alliance/dpa | Philipp von Ditfurth
  • Von Andreas Harms
  • 26.05.2025 um 18:16
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Die EU wollte den europäischen Markt für betriebliche Altersversorgung ausbauen und ein europaweites Produkt für die Altersvorsorge, das Pepp, etablieren. Beides hat sie nicht geschafft, tadelt der Europäische Rechnungshof in einem Bericht. Die Vermittlerverbände Votum und BVK hatten das kommen sehen – und schicken Botschaften in Richtung Politik.

Der Europäische Rechnungshof zeigt sich sicher: Das von der Europäischen Union (EU) eingeführte europaweite private Altersvorsorgeprodukt, die Europarente, ist ein Flop. Und die betriebliche Altersversorgung grenzüberschreitend auszubauen, hat die EU auch nicht geschafft. Zwei Ziele, zweimal versagt. Das stellt der Rechnungshof in seinem Sonderbericht „Ausbau der zusätzlichen Altersvorsorge in der EU“ fest.

Gestartet war die Europarente offiziell mit dem nicht ganz kompakten Namen Pan-European Personal Pension Product, kurz Pepp (Nicht zu verwechseln mit dem Anleihe-Notkaufprogramm der Zentralbank in der Corona-Pandemie, dem Pandemic Emergency Purchase Programme, kurz Pepp).

Laut Europäischer Kommission sollte Pepp:

  • den Sparern größere Auswahl bieten
  • den Pepp-Anbietern ermöglichen, vom Binnenmarkt und von einem erleichterten grenzüberschreitenden Vertrieb zu profitieren
  • dazu beitragen, Ersparnisse in die Kapitalmärkte zu lenken sowie Investitionen und Wachstum in der EU zu fördern

Doch Europa hatte eigentlich zwei Ziele, die der Rechnungshof nun prüfte: Es wollte Pepp am Markt etablieren und andererseits einen einheitlichen, großen Markt für betriebliche Altersversorgung erschaffen. Grundlagen dafür waren die 2016 überarbeitete EbAV-Richtlinie und die Pepp-Verordnung aus dem Jahr 2019. EbAV steht dabei für „Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung“. In Deutschland trat die lokale Version der Pepp-Verordnung im Frühjahr 2022 in Kraft. Es hätte also losgehen können. Hätte.

Doch dem Pepp fehlt der Pep. Es gibt bisher nur ein einziges Produkt. Das kommt aus der Slowakei und deckt zusätzlich noch Tschechien, Polen und Kroatien ab. Verwaltetes Vermögen: 11,5 Millionen Euro von weniger als 5.000 Sparern (im Jahr 2023). Ursprünglich hatte die Europäische Kommission für den Zeitraum bis 2030 auf 700 Milliarden Euro Volumen gehofft. Nun ja, fünf Jahre sind ja noch Zeit.

Ironie mal beiseite – das Urteil des Europäischen Rechnungshofs fällt vernichtend aus. Er schreibt: „Insgesamt kommt der Hof zu dem Schluss, dass die Maßnahmen der Kommission und der Eiopa [der europäischen Versicherungs- und bAV-Aufsicht, Anm. d. Red.] – in Anbetracht der ihnen zugewiesenen Verantwortung – bislang nicht wirksam dazu beigetragen haben, die Rolle der von EbAV bereitgestellten betrieblichen Altersversorgung zu stärken und ein Paneuropäisches Privates Pensionsprodukt am Markt zu etablieren.“

Insbesondere weisen die Prüfer auf einen dicken Fehler hin, den die EU in Hinsicht auf grenzüberschreitende EbAV begangen hat. Sie hat ihnen nämlich zusätzliche Anforderungen aufgebrummt, die für lokale EbAV nicht gelten. Produktanbieter dürfte das nicht wirklich motiviert haben.

Zwei Hauptprobleme bei Pepp

Immerhin habe die Europäische Kommission Voraussetzungen für einen EbAV-Binnenmarkt geschaffen, räumt der Rechnungshof ein. Doch ihn auszubauen und zu vertiefen, das Ziel hat sie verfehlt.

Beim Pepp wiederum hat der Hof zwei Probleme ausgemacht, die das Pepp entscheidend behindern:

  • Die Mitgliedstaaten bieten keine harmonisierten steuerlichen Anreize oder sie bieten bereits steuerliche Anreize für nationale Altersvorsorgeprodukte, die mit dem Pepp konkurrieren.
  • Für Pepp gilt eine jährliche Obergrenze von einem Prozent für Kosten und Gebühren, die für andere Finanzprodukte nicht existiert. Folglich gibt es nur wenige Anreize für Finanzinstitute, ein solches Produkt anzubieten

Die Vermittlerverbände Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa und Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) fühlen sich durch den Bericht in ihrer Meinung bestätigt (beide hatten sich von Anfang an nicht für die beiden EU-Pläne begeistern können).

Von Ersterem heißt es: „Der Votum Verband hatte bereits zur Einführung des Pepp darauf hingewiesen, dass es ein Irrweg ist, wenn der europäische Gesetzgeber mit Unterstützung der Aufsicht meint, der bessere Produktentwickler zu sein und auf diesem Weg die soziale Marktwirtschaft in eine Planwirtschaft zu überführen. Der Versuch ist krachend gescheitert.“

Martin Klein, geschäftsführender Votum-Vorstand, sieht in dem Bericht eine Botschaft an die neue Bundesregierung. Sie solle aus den Fehlern der EU lernen und die Hinweise des Europäischen Rechnungshofs ernst nehmen. Klein wörtlich: „Auch bei den anstehenden Reformen der Betriebsrente und der Riester-Rente müssen daher klare steuerliche Anreize, Abkehr von renditeschädlichen Garantieverpflichtungen sowie umfassende Fördermaßnahmen im Vordergrund stehen.“

„Wirtschaftlich nicht tragfähig“

Und BVK-Präsident Michael H. Heinz erklärt: „Ein Produkt, das mit einer Kostenobergrenze von einem Prozent pro Jahr auskommen muss, ist wirtschaftlich nicht tragfähig – weder für Anbieter noch für Vermittler. Solange diese unrealistische Deckelung besteht, wird es kaum Versicherer geben, die Pepp-Produkte entwickeln, geschweige denn Vermittler, die dazu beraten. Und das bei einem Produkt, das aufgrund eines länderübergreifenden Vertriebs zusätzlichen Beratungsbedarf hat.“

Hinzu kommt, dass so ein einheitliches Standardprodukt kaum den einzelnen Lebenslagen der EU-Bürger und den unterschiedlichen und komplizierten Steuersystemen der Länder gerecht werden kann.

Heißt also: Beim Pepp und der europaweiten betrieblichen Altersversorgung muss die EU nochmal ran und nachbessern.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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